Wikipedia-Eintrag zu Josef Vallaster:
Josef Vallaster (* 5. Februar 1910 in Silbertal, Vorarlberg; † 14. Oktober 1943 in Sobibór) war ein österreichischer Nationalsozialist, Mitglied der SS und ab 1940 an den Verbrechen des Holocaust beteiligt. Er war von 1940 bis 1942 sogenannter Oberbrenner in der NS-Tötungsanstalt Hartheim und von 1942 bis 1943 Aufseher im Vernichtungslager Sobibór.
Leben und Wirken
Kindheit und Bergbauer in Silbertal
Vallaster verlor im Alter von sechs Jahren seinen Vater, der 1916 als Soldat im Ersten Weltkrieg in russischer Gefangenschaft starb. Nach der Volksschule arbeitete er als Bergbauer auf dem Hof seines Stiefvaters in Silbertal. Der 23jährige Vallaster beantragte 1933 seine Aufnahme in die NSDAP und trat gleichzeitig dem SA-Sturm Montafon bei. Dort war er unter anderem an einer Aktion beteiligt, bei der die SA eine Hakenkreuzfahne an einem Kirchturm anbrachte.
Flucht aus Österreich
Nach dem gescheiterten nationalsozialistischen Putschversuch in Österreich im Juli 1934 (Juliputsch) flüchtete Vallaster ins Deutsche Reich, wo der 25jährige im August 1935 eingebürgert wurde. Dort war er als Arbeiter beim Bau der Reichsautobahnen tätig. Er betätigte sich weiterhin politisch und wurde Mitglied der paramilitärischen österreichischen Legion. Nach der militärischen Besetzung Österreichs (Unternehmen Otto) im März 1938 und dem Anschluss an das Reich erfolgte eine Wiederaufnahme seines Eintrittsverfahrens in die NSDAP, das aufgrund des fehlgeschlagenen Putsches unterbrochen worden war. Zum 1. Mai 1938 wurde er in die Partei aufgenommen. Vallaster kehrte in das nunmehr in Ostmark umbenannte Österreich zurück.
Oberbrenner in der Tötungsanstalt Hartheim
Ab April 1940 wurde er im Rahmen der Aktion T4 in der NS-Tötungsanstalt Hartheim in Oberösterreich (damals Reichsgau Oberdonau genannt) zunächst als Arbeiter für Umbauarbeiten, wie Einbau eines Verbrennungsofens und eines Vergasungsraumes eingesetzt. Ab Mai 1940 war er in der Tötungsanstalt an der Vergasung und Verbrennung von behinderten Menschen beteiligt. Zu seiner Arbeit gehörte auch das Ausbrechen von Goldzähnen.
Er wurde zum Oberbrenner ernannt; die Entlohnung war überdurchschnittlich: Je Monat 170 Reichsmark (RM) Nettolohn, dazu 50 RM Trennungszulage bei freier Unterkunft und Verpflegung, 35 RM Erschwernis-Zulage als Heizer und 35 RM Zulage als Schweigeprämie. Zusätzlich gab es eine tägliche Schnapsration von einem Viertel Liter. Als im Juli 1940 nach einer Vergasungsaktion noch einige Menschen lebten, gab es einen Konflikt mit Vallaster als Oberbrenner. In Abwesenheit des Euthanasiearztes Georg Renno hatte er den Gashahn zu kurz geöffnet und die Todeswirkung des Gases nicht vor Öffnen des Vergasungsraumes (mittels eines Guckloches) überprüft. Die technische Anlage wurde danach geändert; ein Zähler maß nun die notwendige Menge des eingesetzten Giftgases Kohlenmonoxid.
Vallaster heiratete eine Krankenpflegerin des Tötungspersonals, welche laut Bericht an ihren Sohn hauptsächlich mit der Transportbegleitung der Opfer und dem Ausziehen der Opfer vor der Vergasung beschäftigt war. Die Tötungsanstalt hatte ein eigenes Standesamt und die Trauung fand unter Ausschluss sämtlicher Verwandter statt. Trauzeugen waren Franz Stangl und Christian Wirth. Mit der Schwangerschaft konnte die Krankenpflegerin ihren Einsatz in Hartheim beenden. 1942 wurde der Sohn geboren.
Aufseher und Tod im Vernichtungslager Sobibór
Vallaster wurde Mitglied der SS, wobei über sein Eintrittsdatum, seinen anfänglichen Dienstgrad und über die SS-Einheit(en), der bzw. denen er angehörte, nichts bekannt ist. Es ist jedoch belegt, dass er ab 1942 als SS-Unterscharführer im Rahmen der Aktion Reinhardt im Generalgouvernement (Polen) eingesetzt wurde.
Zunächst hat er dort für kurze Zeit im Vernichtungslager Belzec an dessen baulicher Errichtung mitgewirkt. Danach war er im Vernichtungslager Sobibór als Aufseher an dem Massenmord von hauptsächlich jüdischen Menschen aus ganz Europa beteiligt. Im Lager III beaufsichtigte er die Vergasung und die Verbrennung, wobei dort Arbeitshäftlinge diese Arbeiten verrichten mussten. Aus Geheimhaltungsgründen war das Lager III von den anderen Lagerbereichen strikt getrennt und nur über eine Lorenbahn mit dem Lager I verbunden. Vallaster bediente unter anderem auch als „Maschinist“ eine Schmalspurbahn-Lokomotive und war für diejenigen Loren-Transporte zuständig, mit denen sofort nach Ankunft der Transportzüge im Lager die Toten sowie Gebrechliche und Alte zu den Verbrennungsöfen transportiert wurden.
Am 14. Oktober 1943 fand im Vernichtungslager eine Revolte und Massenflucht von hauptsächlich Kriegsgefangenen jüdischer Herkunft aus Weißrussland statt. Vallaster wurde unter einem Vorwand von der Lorenbahn weggelockt; angeblich sollte er in der Schusterwerkstatt neue Stiefel anprobieren. Dort wurde er dann von revoltierenden Häftlingen mit einer Axt erschlagen.
Von der SS wurden nahezu alle verbliebenen Häftlinge ermordet und das Lager wurde in Folge der Massenflucht bis Ende 1943 aufgegeben. Vallaster wurde auf dem Soldatenfriedhof in Chełm mit militärischen Ehren beerdigt.
Nachkriegszeit
Lange Zeit blieb es öffentlich unbekannt, dass Vallaster ein Kriegsverbrecher war. In seinem Geburtsort Silbertal wurde er auf dem örtlichen Kriegerdenkmal als Gefallener des 2. Weltkrieges geehrt (Namenseintrag unter der Überschrift: Die Gemeinde Silbertal den Opfern aller Kriege). Dies entsprach dem mehrheitlichen Nachkriegsbedürfnis, „Österreich nur als erstes Opfer des Weltkrieges zu sehen“.
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