12. Dezember 2007

Hemingway im Montafon

Nach der aufgeregten Diskussion um ein Hemingway-Denkmal im September/Oktober haben sich rechtzeitig zu Winterbeginn die Gemüter etwas abgekühlt. Mittlerweile ist zu vernehmen, dass ein Monument für den berühmtesten Gast des Tales in Schruns auf Privatgrund errichtet werden soll.
Dazu passt wohl auch die Bilanz über die Umfrage auf diesem Blog zu diesem Thema: Die Beteiligung war zwar deutlich geringer als bei der ersten Umfrage bzgl. Silvretta Arena, das Ergebnis mit 19 pro- und 13 contra-Stimmen ist jedenfalls aber ausgeglichener. Mit der Errichtung in privaten Gefilden scheinen also die meisten leben zu können (und wohl auch zu müssen).
Eigenartig ist in Bezug auf diese Diskussion nur, dass noch niemandem aufgefallen ist wie wenig Hemingway mit dem Montafon in Verbindung gebracht wird. Hier bei uns ist das zwar ein Thema, überall anders auf der Welt sieht das aber niemand so...

15. November 2007

Kardinal König – Mann der Kirche für das 21. Jahrhundert

Vortrag von Dr. Annemarie Fenzl im Montafoner Heimatmuseum Schruns am Freitag, 16. November 2007, 19.30 Uhr:

"Ich bin keinem hochbetagten Menschen begegnet, der so sehr wie Kardinal König im Heute, im Jetzt lebte. Er hätte wahrhaft viel aus seiner langen Lebensgeschichte erzählen können und er tat es, wenn er über die Vergangenheit befragt wurde, ohne sich lange dabei aufzuhalten. Sein Interesse galt dem Heute und dem Morgen."
(Kardinal Christoph Schönborn anlässlich des Requiems am 27. März 2004)


Manchen älteren Schrunserinnen und Schrunsern wird er wohl noch in Erinnerung sein, jener ältere Herr, der im Verlauf der Siebzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, im zünftigen Bergsteigerlook, nach und nach fast alle Gipfel der Umgebung bezwungen hatte, vor allem auch zweimal die Zimba, worauf er Zeit seines Lebens sehr stolz war: Kardinal Franz König, der am 13. März 2004 im 99. Lebensjahr verstorbene Alterzbischof von Wien. Alljährlich hatte er seinen Urlaub im Montafon verbracht – zuerst in Maria Rast in Schruns-Gauenstein, später in
Gargellen. Mit Vorarlberg war er, für einen Niederösterreicher eher untypisch, sehr verbunden.


Als er am 13. März 2004 im 99. Lebensjahr im wahrsten Sinn des Wortes „selig im Herrn“ entschlafen ist, wurden seine Verdienste für die Kirche des Landes und weit darüber hinaus gewürdigt: Kardinal König, der Mann des Dialoges – mit den verschiedenen Weltreligionen, mit der Wissenschaft, der Mann der Versöhnung der festgefahrenen politischen Fronten, der Konzilsvater, der Brückenbauer, ...

30. Oktober 2007

Neue Kulturtafel an A 14 und S 16


Das Montafon verweist auf Barockkirche Bartholomäberg und Maisäßlandschaften

Der Anspruch des Heimatschutzvereins Montafon ist klar: Das Montafon verfügt über eine kulturgeschichtlich bedeutende Landschaft, die ihresgleichen in den Alpen sucht. Zum einen ist das Tal mit seinen zehn Gemeinden weder zu klein noch zu groß und deshalb gut überschaubar, und zum anderen reichen die kulturgeschichtlichen Themen von der Ur- und Frühgeschichte über das Mittelalter, die Barockzeit bis hin in das 19. und frühe 20. Jahrhunderts. Kaum ein Tal in den Alpen kann nebeneinander Reste einer bronzezeitlicher Burganlage, von mittelalterlichen Ruinen, von spätmittelalterlichen und barocken Kirchen, von Zeugnissen der reichen Bergbauvergangenheit sowie der Siedlungsgeschichte im Allgemeinen (Maisäße), als auch von technischen Denkmälern der jüngeren Vergangenheit als Symbolbild des Aufschwungs im 20. Jahrhundert (Kraftwerksbauten an der Litz und der Illwerke) präsentieren. Neben diesen Zeugen existieren auch Themen von hoher kulturgeschichtlicher Relevanz, die sich gerade im Montafon in spannender Form abhandeln lassen, denken wir nur an die saisonale Wanderung der MontafonerInnen oder die Anfänge des Alpinismus und Skisports.

Seit wenigen Tagen machen nun zwei Kulturtafeln an der A 14 (auf Höhe Abfahrt Bludenz-Bürs) und der S 16 (auf Höhe Bings) auf diesen kulturgeschichtlichen Kompetenzanspruch des Tales aufmerksam: Der Hinweis erfolgt auf die Barockkirche Bartholomäberg, die als schönste Dorfkirche und gleichzeitig als bemerkenswertestes Barockensemble des Landes Vorarlberg gelten darf. Ein zweiter Hinweis bezieht sich auf die Maisäßlandschaften des Tales, die etwa in den Beispielen Valschaviel, Ganeu, Tafamunt (Gaschurn), Montiel, Netza, Gweil, Röbi und Rongg (St. Gallenkirch, Gargellen) oder Plazadels und Wachters Dieja (Tschagguns-Gauertal) herausragende Vertreter einer harmonisch in die Landschaft eingebetteten Architektur aus dem 17. bis 19. Jahrhundert besitzt, die auch im internationalen Vergleich einzigartig ist.

Die Initiative zu dieser Tafel ist von den Montafoner Museen ausgegangen und wurde gemeinsam mit dem Stand Montafon, Montafon Tourismus und Vorarlberg Tourismus im Rahmen des Projekts „Zukunft Montafon“ umgesetzt.

HiMAT - 2. Milestone Meeting

Von 2.-5. Novemer 2007 findet in Schwaz das 2. Milestone Meeting (Symposium) des Sonderforschungsbereiches (SFB) HiMAT statt.
Am Sonntag (4.11.) wird u.a. über die neuesten Forschungsergebnisse aus dem Montafon berichtet:

  • R. Krause: Neue Befunde zum Bergbau und zur bronzezeitlichen Besiedlung des Montafons.
  • A.S. Schwarz: Makrofossil‐ und Holzkohlenanalysen von Feuergruben aus der Grabung Bodaweg, Gemeinde Bartholomäberg/Montafon
Mehr Informationen zum SFB auf http://www.uibk.ac.at/himat/.

Aus Anlass seines 300. Geburtstages: Der Barockbildhauer Johann Ladner

Aus Anlass seines 300. Geburtstages: Der Barockbildhauer Johann Ladner (Ausstellungseröffnung)

Johann Ladner wurde 1707 in Kappl (Paznaun) geboren. Er erhielt in der Kappler Zunft der Maurer, Steinmetze, Steinhauer und Zimmerleute eine Ausbildung als Steinmetz und Steinbildhauer, die ihn auch nach Süddeutschland führte. Nach seiner Rückkehr lebte Johann Ladner bis zu seinem Tod am 11. Juni 1779 in Kappl-Diasbach. Heute erinnern an den Kappler Bildhauer fast 270 Skulpturen vorwiegend im Paznaun und im südlichen Vorarlberg. Manche Werke haben den Charakter von Wahrzeichen bekommen, wie zum Beispiel der hl. Johannes von Nepomuk am Bludenzer Stadtbrunnen oder die hier befindlichen Kappler Juden.

Johann Ladners Bedeutung liegt nicht in der Qualität seiner Arbeiten begründet. Es gab zweifellos bessere als ihn, aber es gab keinen, der einen Landstrich wie jenen von Landeck über das Paznaun und das Montafon bis nach Bludenz so flächendeckend mit Werken versorgt hatte. Und es gab keinen barocken Künstler in der näheren oder weiteren Umgebung, der seine Werke so häufig signierte wie Ladner, findet sich doch bei 35 Skulpturen auf der Rückseite der Schriftzug I.L.B. mit beigefügter Jahreszahl! Stilistisch sind seine Werke dem volkstümlich orientierten Spätbarock zuzuordnen, wie ihn in der Region auch die Mitglieder der Imster Künstlerfamilie Witwer vertraten.

Do 29.11.07 Heimatmuseum Schruns 19:30

Heimat Montafon – ein Nachlesebuch aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Heimatschutzvereins Montafon

Heimat Montafon – ein Nachlesebuch aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Heimatschutzvereins Montafon (Buchpräsentation)

Vor einem Jahr haben aus Anlass des 100. Geburtstages des Heimatschutzvereins Montafon neun Referentinnen und Referenten das Thema von verschiedenen Seiten beleuchtet. Nun liegt der Band mit den gesammelten Vorträgen vor. Die Beiträge stammen von Peter Bußjäger, Franz Valandro, Peter Strasser, Renate Huber, Edith Hessenberger und Michael Kasper, Bruno Winkler, Andreas Rudigier, Jürg Ragettli, Bernhard Tschofen sowie Franz Rüdisser, der die 100-jährige Mundartreise Revue passieren lässt.


Mo, 10.12.07 Heimatmuseum Schruns 19:30

Frauenrollen in Vorarlberg

„Durchglüht vom Geiste mädchenhafter Reinheit und mütterlichen Frauentums“ – Frauenrollen in Vorarlberg (Vortrag mit Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wanner)

Der Vortragende berichtet kritisch über die Geschichte der vielfältigen Frauenrollen in Vorarlberg zwischen dem Ersten Weltkrieg und der sozialistischen Regierung Kreisky. Fast völlig aus Politik, höherer Bildung und ‚Hochkultur’ ausgeschlossen, waren Frauen jedoch die tragende Säule der Vorarlberger Industrie und kleinbäuerlichen Wirtschaft. Beherrscht von rigorosen konservativen Ideologien, welche von den Frauen meist nicht hinterfragt verinnerlicht wurden, vermochten diese nur zaghaft eine eigene Identität zu entwickeln. Sie waren geprägt vom ideologischen Leitbild ihrer gottgewollten beziehungsweise natürlichen Bestimmung und damit meist Mittel männlicher Macht und Herrschaft.

Mo, 26.11.07 Heimatmuseum Schruns 19:30

Montafon - Das Recht auf den eigenen Namen!



Montafon - Das Recht auf den eigenen Namen! (Buchpräsentation mit Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger)

Die „Montavon-Affäre“ schlug in den Jahren 1956/57 in Vorarlberg hohe Wogen. Ein Erlass der Landesregierung vom 18. Mai 1956 hatte die Landesdienststellen angeordnet, in Hinkunft, das Wort „Montafon“ mit „v“ zu schreiben. Die Montafoner, die vor Erlass der Anordnung nicht gehört worden waren, waren nicht nur verärgert, sondern betrachteten den Erlass als Angriff auf ihre eigene Identität. Erst am 14. November 1957 fand die Affäre durch die Rücknahme des Erlasses ihr Ende. Lange hatte sich Landeshauptmann Ulrich Ilg gegen diese Maßnahme gesträubt, da er einen schweren Autoritätsverlust befürchtete.

Peter Bußjäger, der zu diesem Thema im Mai vergangenen Jahres im Heimatmuseum einen Vortrag gehalten hatte, hat nunmehr aus den vorhandenen Quellen zur „Montavon-Affäre“ eine Publikation erfasst, die als Band 20 der Montafoner Schriftenreihe vorgestellt wird. Der Autor wird in seinem Vortrag vor allem auf die Rolle der maßgebenden Akteure, Landeshauptmann Ulrich Ilg, Landesamtsdirektor Elmar Grabherr und sein Montafoner Gegenspieler Richard Beitl eingehen, die durch neu hervorgekommene Quellen erhellt wurden.

Do, 22.11.07 Heimatmuseum Schruns 19:30

23. Oktober 2007

Professur Ur- und Frühgeschichte an der Uni Innsbruck

Für die Professur "Ur- und Frühgeschichte" an der Universität Innsbruck bewirbt sich auch Univ.-Prof. Dr. Rüdiger Krause, der unter anderem die archäologischen Ausgrabungen im Montafon leitet. Sein Thema beim Hearing am 29.10.07 (11:15-12:15) lautet: Interaktionsräume und Kulturwandel in der Bronzezeit Europas.
Für das Montafon und die weitere dortige Forschung zur Frühgeschichte wäre die Berufung Rüdiger Krauses auf die Professur in Innsbruck bestimmt von großem Vorteil...

18. Oktober 2007

Silvretta Arena

Der Standard berichtet:

"Die im Montafon auf 2.000 Meter Seehöhe geplante Silvretta-Arena wird nicht gebaut. Der Stand Montafon beschloss am Dienstag mehrheitlich, das Projekt nicht weiter zu betreiben. Man stelle alle Aktivitäten in Bezug auf die Silvretta-Arena ein und stehe für dieses Projekt nicht mehr als Bauträger und Betreiber zur Verfügung, teilte der Stand Montafon in einer Aussendung mit.
Dabei fiel die Entscheidung zur Aufgabe des umstrittenen Vorhabens knapp: Die Abstimmung der zehn Bürgermeister des Montafons erbrachte das Resultat von sechs zu vier Stimmen. Anfang des Monats hatte bereits Landeshauptmann Herbert Sausgruber (V) im Rahmen einer Landtagssitzung empfohlen, das Projekt Silvretta-Arena nicht weiter zu betreiben.
Die Absicht zum Bau der Silvretta-Arena war erst Ende Juli publik geworden und hatte in der Bevölkerung der Talschaft und auch politisch für heftige Diskussionen gesorgt. Geplant war bei Kosten von 4,35 Mio. Euro eine Freiluftarena in 2.000 Meter Seehöhe. Im August 2008 hätte in der Arena bereits das "Festival Zyklus Montafon" mit Herbert Willis "Zyklus Montafon" als Kern stattfinden sollen. (APA)"


Somit ist das Thema offensichtlich erledigt. Hoffentlich hält diese Spaltung der Bürgermeister in zwei Lager (pro: vermutlich Bahl, Netzer, Salzmann, Wachter) aber nicht allzu lange an, denn - wenn auch demokratiepolitisch bedenklich - eine Einrichtung wie der Stand Montafon bietet viele Chancen und gerade in kultureller Hinsicht passiert im Montafon v.a. in Zusammenarbeit mit der Institution "Stand" und dessen engagierten Kulturbeauftragten Dr. Andreas Rudigier enorm viel!

Zur Abstimmung über die Arena hier im Blog: 200 ja- gegenüber 73 nein- bzw. 7 ja, woanders-Stimmen ist ein sehr eindeutiges Ergebnis. Da aber innerhalb kürzester Zeit ca. 150 ja-Stimmen eingegeben wurden, hege ich einen gewissen Verdacht bzgl. Manipulation... Wie dem auch immer sei, das Thema ist vom Tisch und die Volksabstimmung somit obsolet.

16. Oktober 2007

Ein Dorf mit Erinnerungskultur

Ganz prominent im "Standard" vertreten, wirklich lobenswert...:

Während einige der größten Verbrecher der NS-Zeit immer noch auf der Flucht sind (siehe Artikel oben), zeigt ein kleines Dorf im Montafon vor, was es heißt, sich mit seiner Geschichte auseinanderzusetzen. Die Geschichtswerkstatt Silbertal versucht, die Motive des KZ-Aufsehers Josef Vallaster zu ergründen, seinen Weg vom Montafoner Bauernhof in die Tötungsanstalt Schloss Hartheim und die Vernichtungslager Belzec und Sobibór nachzuzeichnen.
Sieben Dorfbewohner arbeiten in der "Werkstatt" mit. Bürgermeister Willi Säly (ÖVP) will zeigen, "dass unsere Gemeinde Erinnerungskultur hat und sich auch unangenehmen Fragen der eigenen Geschichte stellen kann, ohne dabei Porzellan zu zerschlagen". Säly, der nicht nur als Bürgermeister in der Werkstatt mitarbeitet, sondern auch als einer "mit mehr oder weniger belasteten familiären Erinnerungen", sieht es als "wohl schwierigsten Teil der Arbeit" an, jene zu überzeugen, die meinen, man müsse "endlich einen Schlussstrich unter die NS-Geschichte ziehen".
Erster Zeitzeuge in der Geschichtswerkstatt war der Wiener Eucharistinerpater Leo Kuchar. Seine Einschätzung: "Diese Menschen haben ehrliches Interesse, die Vergangenheit restlos aufzuklären." Der 80-Jährige, selbst KZ-Überlebender, stieß bei den Recherchen über den Tod seiner jüdischen Mutter auf Vallasters Namen. "Jetzt hab ich diesen Namen auf dem Kriegerdenkmal wiedergefunden." Eines der Themen in der Geschichtswerkstatt ist, wie man künftig mit dem "Stein des Anstoßes" (Säly) umgehen wird.
Vergangenen Samstag stellte sich die Werkstatt erstmals einer öffentlichen Diskussion. Florian Schwanninger, Leiter der Dokumentationsstelle Schloss Hartheim, referierte über das NS-Euthanasieprogramm. Mindestens zehn Menschen aus dem Montafon wurden in Hartheim als "lebensunwert" ermordet. Josef Vallaster war dort als "Oberbrenner" mitverantwortlich für die Vergasungsmaschinerie.
Nächster Gast in der Geschichtswerkstatt wird Klaus Vallaster sein, der 1942 geborene Sohn des SS-Mannes. Der Berliner Pensionist wird für eine Woche nach Silbertal kommen und mit Leo Kuchar in Hartheim zusammentreffen. Kuchar: "Ich will ihn ermutigen, sich weiter mit seinem Schicksal als Sohn eines Täters auseinanderzusetzen."
Klaus Vallaster hat seinen Vater nie gesehen. 1942, als er geboren wurde, zog der Silbertaler mit dem Vernichtungstross in die Lager Belzec und Sobibór. Dort wurde er am 14. Oktober 1943 beim Lageraufstand erschlagen. (Jutta Berger, DER STANDARD; Printausgabe, 15.10.2007)

3. Oktober 2007

Das Montafon in einem spöttischen Gedicht (1670)

Auszug aus dem Manuskript von Manfred Tschaikner: Ein spöttisches Gedicht über die Gemeinden des Vorarlberger Oberlandes von Rankweil bis Gaschurn aus dem Jahr 1670.

"Daraufhin kündigt der Verfasser an: „Jetzt komme ich ins Montafon hinein." Dort tranken seiner Meinung alle Leute nur gern welschen, also italienischen Wein. Der einheimische war ihnen wohl zu schlecht.
Als man im Montafon ein Nonnenkloster errichten wollte, sei dies auf Grund des Mangels an Jungfrauen nicht möglich gewesen. Die Bewohner des Tals galten nämlich als sexuell sehr freizügig. Bei Frau und Mann gehe es dort sehr ge­schwind zur Sache. Deshalb erzeugten sie auch „manches Nebenkind".
Damit nicht genug, sollen die Montafoner auch auf wirtschaftlichem Gebiet alles eher als träge gewesen sein. Sogar wenn sie sechs Kühe über den Winter zu brin­gen vermochten, genüge ihnen das nicht: Der Mann verdiene sich noch ein Zubrot mit Geigen oder Hackbrettspielen und schicke Frau sowie Kinder zum Betteln von Abfallstoffen aus dem Hanf- oder Flachsanbau.

Von den beiden Nachbargemeinden Galtür und Gaschurn schildert der Ver­fasser eine seiner Meinung nach charak­teristische Begebenheit ausführlicher. So hätten die Tiroler einmal einen Kreuzgang nach Gaschurn unternommen. Andächtig betend und singend seien Männer und Frauen nebeneinander mit den Kreuzen ihres Weges geschritten. Allerdings hätte dabei jeder Zweite sein Paternoster, seine Gebetsschnur, verloren. Als die Geschworenen von Gaschurn vom Vor­haben der Galtürer erfuhren, wollten sie nach altem Brauch ebenfalls ein gutes Werk tun und gingen deshalb mit den Kreuzen auf Galtür zu, und zwar in großer Demut. Jeder Zweite von ihnen soll dabei einen grauen Hut getragen haben. Schließlich begegneten die beiden Züge einander unter einer Tanne im Ganifer, einem Maisäss am Weg von Partenen zum Zeinisjoch. Kaum hätten sie sich er­blickt, hätten sie schon angefangen, über die Gemeindegrenzen zu streiten. Da wollten sie gleich alles in ein Büchlein schreiben.
Eine hochbetagte Frau schlichtete aber den Streit, indem sie erklärte: „Was die Gaschurner als alten Brauch pflegen, das tun die Galtürer auch. Als altes Weib rate ich euch beiden Gemeinden, setzt euch zuerst nieder und esst eine Jause. Dann tut, was ich euch sage: Schlagt euch brav herum, und wer den Kampf gewinnt, der soll in allen Dingen Recht haben." Gleich darauf fielen Gaschurner und Galtürer übereinander her und klopften einander ordentlich die „Häßläuse" - also die Läuse im Gewand - aus. Da aber keine Gruppe die andere besiegen konnte, kam schließlich beiden die gleiche Ehre zu.
Selbst die Geistlichen hielten in dieser Auseinandersetzung erzürnt mit, krümm­ten sich grausam übereinander und bäumten sich gegeneinander auf wie zwei Hähne im „Hennenhaus". Voller Zorn warfen sie sich gegenseitig die Bücher an den „Grind" (derber Ausdruck für Kopf), drohten auch zuzuschlagen, zerrissen einander Hosen und Kutten, so dass schließlich die Bauern die Streithälse auseinander halten mussten, sonst hätten sie nur mehr zerrupfte geistliche Herren gehabt. Am Schluss einigten sich die beiden Parteien darauf, den Streit nicht weiter zu treiben. Auch sollte man über den Vorfall nicht viel Aufhebens machen, denn es müsste sonst wohl jedermann lachen. Dann knieten sie nieder und beteten eine Litanei, damit ihnen der Kreuzgang weder Nutzen noch Schaden bringe. Schließlich gingen beide Parteien auf ihren Wegen in die Kirche beten und legten sich schlafen.

Gleich anschließend an diese Geschichte führt der Autor ein weiteres Ereignis aus Gaschurn an: Erst vor kurzem, am Ge­orgstag, dem 23. April, habe es sich be­geben, dass eine Frau niederkam. (Die damit verbundenen Ereignisse seien „gewisslich" geschehen, obwohl sie der Verfasser des Gedichts nicht selbst mit­erlebt habe. In den Gaschurner Matriken sind jedoch erwartungsgemäß vom 22. April bis 17. Mai 1670 keine Taufen ver­merkt.) Mit viel „Geläuf" und „Weiberwesen" habe die Hebamme das Kind empfangen. Da habe sich große Freude verbreitet. Alle Frauen hätten das Neugeborene auf dem „Sitzte", also auf dem Hinterteilchen, ge­kost. Wenn es ein Knäblein gewesen wäre, hätte es bekanntlich dort in der Nähe ein „Spitzle" gehabt. Darauf achte­ten die Leute aber nicht. Schnell lief die Hebamme in den Speicher, um dem Vater die frohe Botschaft zu verkünden, dass ihm ein Knäblein geboren worden sei. Dafür erhielt sie traditionellerweise auch ein „Mettenbrot" als Belohnung. Die Hebamme schlug dem Vater vor, er solle das Kind nach dem Tagesheiligen Jöri (Jörg) taufen lassen. Kaum hatte der Vater die Botschaft vernommen, rannte er sogar barfuß wie der Wind das Tal hinaus, um das Ereignis dem Pfarrer zu melden. Dann bestellte er die Taufpaten. Schon eilte man zur Taufe, lobte Gott und nannte dem Herrn Pfarrer den Namen, den man sich für das Kind wünschte; Dem Tagesheiligen entsprechend sollte es Jöri heißen. Dann begab man sich nach Hause und verspeiste, nachdem jeder ganz feierlich Platz genommen hatte, das Taufmahl. Irgendwann war es dann an der Zeit, dass die Pflegerin das kleine „Jörili" wickelte. Dazu nahm sie zwei Schmalztücher - also nicht gerade kleine Tücher, in denen man die Alpbutter ins Tal transportierte. Dabei betrachtete die Pflegerin das kleine „Gestältlein" näher und stellte fest, dass der Jöri ein „Maidle-Spältle" hatte. Sofort sprang das anwesende Volk vom Tisch auf und erstarrte: Tatsächlich, das Kind war statt einem Knäblein ein Mädchen! Sofort liefen zehn Männer und zwanzig Weiber, fünf Hackbrettler und vier Geiger wie das Wütende Heer dem Pfarrhof zu. Das Wütende Heer galt als eine mythi­sche Erscheinung, die zu gewissen Zeiten an bestimmten Orten mit Getöse und als große Gefahr für jene, die ihm zufällig begegneten, gesehen worden sein soll. Dem entsprechend erschrak auch der Gaschurner Pfarrer zutiefst. Ihm trat schon der kalte Schweiß aus den Poren, denn er meinte, man wolle ihn fangen.
Dass auch die Leute im Inneren Montafon mit den Pfarrherren nicht immer zimper­lich umgegangen sind, ist vielfach be­legt. Als der Geistliche aber erfuhr, worum es ging, wusste er schnell Rat. Damit man den bereits vergebenen Tauf­namen weiterhin verwenden konnte, nannte er das Kind nun einfach „Jerina". Zum Schluss der Geschichte meinte der Autor: „Ich will darüber nicht mehr viel Wesens machen, denn ihr habt jetzt ge­nug von diesen Weibsbildern."

Anschließend kommt der Verfasser noch einmal auf das Montafon allgemein zu sprechen. Dabei betont er, dass im gan­zen Tal von St. Anton bis Gaschurn „manche schlechte Schuld verloren" gehe, denn es gebe dort große Gauner und arge Witzvögel. In Bludenz lernten sie, entsprechende Beute zu angeln. Dorthin zitierten sie einander nämlich stets vor Gericht, um ihre Schattenfechtereien durchzuführen. Dieser Hang zur Streitsucht wird von Ludwig Vallaster noch 1980 als das „Nationallaster" der Montafoner bezeichnet.
Des Weiteren erwähnt der Schlinser Au­tor, dass die Montafoner viel Schmalz ins Tirol führten, das dort als Mangelware galt. Dabei gehe es den Talbewohnern gut: „Hoho, da singen die Vögel wohl!" Außerdem verfügten sie über viel wel­schen Wein und Böller. Unter diesen Umständen - schreibt der Verfasser des Gedichts - wolle er lieber Richter zu Blu­denz sein als Müller."

Das Montafon im Mittelalter - Burg/Schloss

Auszug aus dem Manuskript von Alois Niederstätter: Neues aus dem "finsteren" Mittelalter.

"Ein Beispiel mag solcherlei erläutern: Im Rahmen der Neubearbeitung der Montafoner Talschaftsgeschichte hatte ich mich mit den dortigen Burgen zu beschäftigen. Die Situation ist schwierig. Durch Baureste angedeutet werden nur zwei Anlagen, die freilich in ihrer Funktion als Burg nicht völlig eindeutig sind: das so genannten „Lorünser Schlössle“ oder „Diebsschlössle“ in kühner Lage auf dem Schlosskopf oberhalb von Lorüns bzw. Stallehr und die noch exponiertere Ruine Valcastiel am Ende der Mustergielschlucht. Des Weiteren hat die vorgebliche Existenz eines Edelgeschlechts „von Zalanz“ dazu angeregt, eine abgegangene Burg in Zalanz (St. Anton im Montafon) zu vermuten. Urkundlich unmittelbar nachweisbar ist keine davon; andererseits kennt die Literatur seit langem ein 1391 genanntes „Schloss Montafon“, das sie allerdings nicht sicher lokalisieren kann.
Am Anfang stehen Friedrich W. Lorinsers „Gedenkblätter“ aus dem Jahr 1868. Lorinser setzte das „Schloss Montafon“ mit dem „Diebsschlössle“ gleich. Ihm folgte 1897 Hermann Sander: „[...] im Zalum erhebt sich der Schlosskopf, auf dem die spärlichen Reste des „Diebsschlössles“ zu sehen sind, vermuthlich die Überbleibsel des Schlosses Montafon, das bekanntlich urkundlich genannt wird. Gütige Mittheilung des Herrn Bezirksschulinspectors E. Fleisch in Bludenz.“
Ausführlicher mit dem Thema befasste sich Andreas Ulmer in seiner 1925 erschienenen Arbeit „Die Burgen und Edelsitze Vorarlbergs und Liechtensteins“. Die Existenz eines „Schlosses Montafon“ stand für ihn bereits außer Zweifel, „indem es, wenn auch nur in einer einzigen Urkunde, allerdings bei einem sehr wichtigen Anlasse, erwähnt wird.“ Im Gegensatz zu Lorinser und Sander hielt Ulmer es für die rätselhafte Anlage Valcastiel, die im Zusammenhang mit dem Montafoner Silberbergbau als Sitz des Bergrichters errichtet worden sei. Dabei folgt er freilich – über weite Strecken wörtlich – einer zwei Jahre älteren Darstellung Josef Zösmairs. Kurz zuvor hatte Stefan Müller die Burg im Klostertal bei Wald am Arlberg gesucht.
Auch in Benedikt Bilgeris Landesgeschichte (1974) fehlt das „Schloss Montafon“ nicht. Im Jahr 1405, während der Appenzellerkriege, hätten die Eschnerberger die Burg Schellenberg Graf Albrechts von Bludenz, die „Montafoner wahrscheinlich dessen Burg Montafun im Schlosstobel von Vandans“ zerstört. In der Anmerkung fügte Bilgeri hinzu, das Schloss Montafon sei 1391 „letztmalig“ erwähnt worden. In diesem Sinn äußerten sich 1985 das DEHIO Handbuch der Kunstdenkmäler Vorarlbergs („Burgruine, im Valcastieltobel, in einzigartiger Lage auf einer inmitten des engen Taleinschnittes senkrecht aufsteigenden, gegen SW gratig gestreckten und an der Spitze nur wenige Meter breiten Felsklippe. Wahrsch. identisch mit der 1391 im Besitz der Grafen von Werdenberg- Heiligenberg genannten und vielleicht 1405 während des Appenzeller Krieges zerstörten Burg Montafon.“) sowie im selben Jahr Franz Josef Huber in seinem „Kleinen Vorarlberger Burgenbuch“.
Angesichts einer dergestalt schwergewichtigen Literaturpräsenz des „Schlosses Montafon“ scheint sich eine Diskussion zu erübrigen. Da aber sowohl am Lorünser Schloßkopf wie auf Valcastiel archäologische Untersuchungen stattfanden bzw. stattfinden, erschien eine neuerliche
Sichtung der Quellen angebracht. Jene Urkunde, in der das „Schloss Montafon“ aufscheinen soll, ist für die hiesige Landesgeschichte von großer Bedeutung: Als so genannte „Vorarlberger Eidgenossenschaft“ gilt sie als Gründungsakt der Vorarlberger Landstände. Am 18. August 1391 schlossen Graf Albrecht III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz, der Landesherr der Herrschaft Bludenz-Montafon, und die damals bereits habsburgische Stadt und Herrschaft Feldkirch ein auf 40 Jahre befristetes Bündnis, das beide Seiten zur Waffenhilfe im Falle der Landesverteidigung verpflichtete und darüber hinaus gerichtliche Zuständigkeiten regelte. Zwei Ausfertigungen sind erhalten, eine im Vorarlberger Landesarchiv in Bregenz, eine Zweite im Stadtarchiv Bludenz. Ein erster Blick auf den Text scheint die tradierten Vorstellungen zu bestätigen: Tatsächlich ist von zwain schlossen Bludentz und Montafun die Rede. Andreas Ulmer hätte also zurecht dem „Schloss Montafon“ „besondere Bedeutung“ zugebilligt, das „mit der Hauptburg der Herrschaft Bludenz, der Residenz der Grafen und Vögte, nämlich dem Schloß Bludenz, [...] in gleicher Linie aufgeführt wird“.
Allerdings – hier regen sich erste Zweifel: Eine zentrale Dynastenburg, vergleichbar mit dem Bregenzer Schloss, der alten Montfort oder der Feldkircher Schattenburg soll nur ein einziges Mal erwähnt und zudem nicht sicher lokalisierbar sein? Da die Überlieferungslage zur Geschichte der Grafen von Werdenberg im südlichen Vorarlberg verhältnismäßig gut ist, können weitere Herrschaftsverträge zur Überprüfung herangezogen werden. Am 5. August 1382, gerade neun Jahre vor Abschluss der Vorarlberger Eidgenossenschaft, hatten die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg ihren Besitz geteilt, wobei Albrecht III. Bludenz und das Montafon durch Losentscheid zugefallen waren. In der darüber ausgefertigten Urkunde heißt es: Und ist mir dem vorgenanten graf Albreht dem Elttern mit dem louz ze tail worden und gefallen Bludentz, die stat, Montafphun das tal die vesti ze Bürs, die vesti ze Schellenberg, die vesti zuom Eglolfz [...].Ein „Schloss Montafon“ scheint nicht auf.
Am 5. April 1394 verkaufte Graf Albrecht III. seinen Besitz an die Herzoge von Österreich: Von erst Bludentz, burg und stat, item die veste Purs, item den hof zu Sand Peter und das tale zu Muntafun mit sampt allen den leuten, nutzen, zinsen stewrn, zo(e)llen, gerichten, velllen, manscheften und lehenschaften, geistlichen und weltlichen, holtz, veld, wasser und wayd, wildbennen und vyschweiden und mit allen den nutzen, eren, rechten und wirden.
Wieder – nur knapp drei Jahre nach der „Eidgenossenschaft“ – fehlt das „Schloss Montafon“. Gerade in einer Verkaufsurkunde, die den zu übertragenden Besitz genau spezifiziert, würde eine Dynastenburg aber kaum unerwähnt bleiben. Aufgrund dieser Indizien ist eine neuerliche,
genauere Analyse des Urkundentextes von 1391 angebracht. Es heißt dort:
Wir Graf Albrecht von Werdenberg vom Hailigenberg der elter herr ze Bludentz und wir dis nachbenempten sin lüt all gemainlich rich und arm edel und unedel des ersten der vogt der rát und die burger all gemainlich rich und arm der statt ze Bludentz darnach die lút gemainlich in dem tal genant Montafun und alle die lút die in den hof ze sant Peter by Bludentz geho(e)rent darzu(o) das tal und gericht in dem Silberberg und alle die lut die in dem selben tal und gericht sesshafft und wonhafft sint es sigint silbrer wallser frygen vogtlút ald aigen lút der burgherr uff der vesti Búrs und alle die lut die darzu(o) geho(e)rent und mit namen alle die lut die wir vorgenanter Graf Albrecht vor den zwain schlossen Bludentz und Montafun in Walgo(e) habint wa die in dem tal sesshaft alder wonhafft sint darnach die burgherren baid auf der alten und der nuwen burg Schellenberg die gelegen sint an dem Eschnerberg und alle die lút die zu(o) den selben zwain vestinen geho(e)rent wa die auch sesshafft alder wonhafft sint und darzu(o) der keller ze Wolffurt und alle die lut die darzu(o) und darin geho(e)rint und och mit namen alle die lút die wir vorgenanter graf Albrecht ob der Bregentz heruffwert im land habint wa die och sesshafft oder wonhafft sint [...]; sowie in weiterer Folge: [...] graf Albrecht der elter vor den zwain schlossen Bludentz und Montafun sitzzent hat in Walgo(e) [...].
Der fragliche Texabschnitt bezeichnet alle jene Menschen, die „vor“ den zwain schlossen Bludentz und Montafun im Walgau – wo auch immer in diesem Tal – leben und der Herrschaft Albrechts unterstanden, also die werdenbergischen Untertanen in den Herrschaften Sonnenberg, Blumenegg und Jagdberg. Es handelt sich also unzweifelhaft um eine Raumbestimmung, die aber kaum mit der Nennung zweier Punkte in Einklang zu bringen ist.
Könnte „Schloss“ nicht noch eine andere Bedeutung als „Burg“ besessen haben? Tatsächlich lehrt bereits ein Blick in das „Schwäbische Wörterbuch“, dass „Schloss“ in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts auch räumlich verwendet wurde und dann ein Herrschaftsgebiet bezeichnete. Wenn nun die zwain schlossen Bludentz und Montafun in diesem Sinn verstanden werden, ist das Rätsel gelöst: Die Urkunde von 1391 nennt jene Leute des Grafen, die im Walgau „vor“ – also außerhalb - der beiden, übrigens räumlich getrennten, Herrschaften Bludenz und Montafon lebten.
Angesichts dieser Ergebnisse – fehlende Nennung in zentralen herrschaftlichen Urkunden, Wortlaut der Urkunde von 1391 sowie Nachweis der Möglichkeit, das Wort „Schloss“ für „Herrschaftsgebiet“ zu verwenden – kann das „Schloss Montafon“ getrost dorthin verwiesen werden, wo es hingehört: ins Reich der historischen Fiktion! Beeindruckend bleiben freilich die
Rezeptionsketten sowie die Schlüsse, die aus einer singulären Nennung gezogen wurden.
Archäologische bzw. bauanalytische Befunde weisen beim so genannten „Diebsschlössle“ im Übrigen darauf hin, dass es sich zwar um eine mittelalterliche Anlage handelte, die aber offenkundig nicht fertig gestellt worden ist. Auch die Reste eines etwa 3,5 m x 3,5 m großen
turmartigen Baues von Valcastiel sind ins Mittelalter zu datieren, und zwar bereits in das 12. Jahrhundert. Ihre Funktion in völlig abgeschiedener, äußerst exponierter und nur über einen Klettersteig zugänglicher Lage gilt es jedoch noch zu erforschen."

Heute Abend, 3.10.07 um 19:30 im Montafoner Heimatmuseum: Alois Niederstätter, Landesarchivar und Professor für Mittelaltergeschichte, hat sich im Rahmen des zweiten Bandes zur Montafoner Geschichte (die Publikation erfolgt demnächst) mit der Periode des Mittelalters in unserer Talschaft auseinandergesetzt und wird an diesem Abend Auszüge daraus referieren.

Markterhebung von Schruns

Manuskript von Ulrich Nachbaur zum Vortrag: Die Markterhebung von Schruns - eine schwierige Geburt

vgl. auch:

Die Markterhebung von Schruns - Marktgemeinden in Vorarlberg (= Montafoner Schriftenreihe 13)

Nachbaur/Strasser, 2004

Buch Kurzinfo
Autoren: Ulrich Nachbaur, Peter Strasser
Titel: Die Markterhebung von Schruns, Marktgemeinden in Vorarlberg
Untertitel: Montafoner Schriftenreihe 13
Erscheinungsjahr: 2004
Seiten: 228
ISBN. 3-902225-13-0

Der 1. Juli 1928 war kein gewöhnlicher Tag in der Geschichte von Schruns: An diesem Sonntag feierten nämlich die Montafoner die Erhebung von Schruns zu Marktgemeinde. Das Recht, diesen Titel tragen zu dürfen, hatte der Vorarlberger Landtag der Gemeinde bereits am 21. Oktober 1927 verliehen. Es bedurfte in der Folge einer längeren Vorlaufzeit, dieses Ereignis auch gebührend zu feiern. Vor allem der prächtige Festumzug, organisiert von Schulleiter und Museumsdirektor Johann Wiederin und geplant vom Kunstmaler Hans Bertle, ist von der damaligen Veranstaltung durch zahlreiches Fotomaterial in Erinnerung geblieben.

50 Jahre später erinnerten sich die Schrunser des Titels „Marktgemeinde“: Das Jubiläum der Markterhebung (eigentlich der Feierlichkeiten) wurde im Juli 1978 mit einer großen Veranstaltung (Landestrachtenfest) und einer Ausstellung im wieder eröffneten Heimatmuseum gefeiert.

Geschichte der Marktgemeinde Schruns

Der Name ist rätoromanisch und soll sich von "Äscherun" ableiten, was etwa Riesenahorn bedeuten würde. 1209 ist der Ort zum erstenmal als "Scrunis" erwähnt. Später stößt man auf die Form "Scharuns".

1433 nennt man die Kirche St. Josen zu Schruns. Ab 1579 ist Schruns eine eigene Pfarrei, das ganze Gebiet der Außerlitz blieb aber noch länger bei Bartholomäberg.

Im Jahre 1622 wurde Schruns von Truppen geplündert. Die Pest raffte viele Menschenleben im Jahre 1629 dahin und im schweren Lawinenwinter 1689 gab es vier Tote auf dem Stiefen. 1682 brannte die Pfarrkirche ab. Da das mitten am Tage geschah, konnten die umliegenden Häuser gerettet werden.

1696 wurde in Schruns die Handwerkerzunft des Tales gegründet und als erster Zunftmeister Ulrich Marent bestellt. Im Jahre 1754 zählte Schruns bereits 1230 Einwohner. 1762 verwü­steten die Flüsse Ill und Litz bei einer großen Überschwemmung die Felder des Ortes. 20 Häuser fielen den Fluten zum Opfer. Nach langen Bemühungen erhielt Schruns im Jahre 1775 ein eigenes Gericht und gleichzeitig das Recht, Märkte zu halten.

Zwischen 1796 und 1799 herrschte in Schruns Kriegsnot. Einheimische Schützen unter Land­amann Batlogg nahmen an Kämpfen gegen Napoleons Truppen bei Feldkirch und am Schlap­pinerjoch teil. 1800 wurde der Ort besetzt. In den Jahren 1805 bis 1814 gehörte das Montafon zu Bayern. Zu dieser Zeit wurde die Talstraße durch Schruns gebaut. 1867 wird die derzeitige, eben erbaute Kirche bezogen. Die heimische Künstlerfamilie Bertle arbeitet noch später an der Ausschmückung des Gottes­hauses.

Um 1870 kamen die ersten Feriengäste nach Schruns und damit begann seine Ent­wicklung als Fremdenverkehrsort. Allmählich wurden die ersten Hotels erbaut und 1905 die Montafonerbahn eröffnet, die von dem zuvor erstellten Elektrizitätswerk an der Litz betrie­ben wird. Bis 1900 hatte Schruns bereits rund 350 bewohnte Häuser, bis zum ersten Welt­kriege erhöhte sich diese Zahl bedeutend. 1910 erreichte Schruns die Zahl von rund 1600 Einwoh­nern, die es um 1850 schon einmal aufgewiesen hatte. Im Jahre 1928 wurde Schruns offiziell zur Marktgemeinde erhoben.

Seit dem zweiten Weltkriege erlebte Schruns ein gewaltiges Anwachsen der Wirtschaft und des Fremdenverkehrs. Die Einwohnerzahl nähert sich 3800.

Die Übernachtungsziffern steigen von Jahr zu Jahr und Schruns bemüht sich, durch moderne Fremdenverkehrseinrichtungen, komfortable Hotels, gemütliche Cafés und Restaurants, gut geführte Fachgeschäfte und vieles andere mehr, den Gästen den Aufenthalt angenehm zu ge­stalten. So ist es verständlich, dass ein großer Teil der Urlauber auch in den folgenden Jahren wiederkommt.

Anno 1972

Das Montafon und seine Geschichte

Der Name Montafon entwickelte sich aus rätoromanischen Sprachwurzeln. Erklärungsversuche wurden viele unternommen. Die sprachkundliche Forschung deutete ihn einmal als Grubenberg oder durchlöcherten Berg, womit sie offensichtlich auf die Tradition des Tales im Bereich des Bergbaus Rücksicht nahm. Ein andermal sprach die heimatkundliche Forschung vom Bergbrunn oder vom Stillalpenberg; wieder andere Deutungsversuche sahen in der Bezeichnung Montafon gar die Verdopplung des Begriffs Berg.
Das Montafon liegt im Süden Vorarlbergs und am südwestlichen Ende Österreichs. Es wird gleich von drei mächtigen Gebirgszügen eingekesselt: Im Nordwesten sind es die markanten Kalkfelsen des Rätikons, im Süden begegnen wir dem kristallinen zentralalpinen Gestein der teilweise vergletscherten Silvretta und im Nordosten dem Verwall. Die einzelnen Gipfel tragen klingende Namen wie Schesaplana, Zimba, Drei Türme, Sulzfluh, Madrisa, Litzner, Piz Buin – er ist mit 3312 m der höchste von allen – Vallüla, Patteriol oder Maderer.
Das Klima wird im Wesentlichen durch die alpine Höhenlage und die Stauwirkung der Gebirge bestimmt: Die meist vom Atlantik kommenden Wolkenfelder stauen sich an den hohen Bergen und bringen dem Tal reichlich Niederschläge; die alpine Höhenlage mit einer Mindesthöhe von 600 Metern über dem Meeresspiegel bedingt in der Folge lange Winter.
Die Berge sind es letztlich auch, die den Verlauf der Geschichte dieses Tales ganz entscheidend beeinlusst haben: Die alpine Lage prägte die Menschen und ihre Kultur. Sowohl die großen historischen Ereignisse und Entwicklungen als auch beinahe jede kleine Randnotiz der Geschichte wurden und werden noch immer von der Besonderheit der Topografie bestimmt. Wie neueste Forschungen belegen, war das Montafon zumindest im Bereich des heutigen Bartholomäberg bereits in vorchristlicher Zeit dauernd besiedelt. Zusammenhänge mit einem möglichen Bergbau in jener Zeit sind naheliegend, wenn auch noch nicht nachgewiesen. Bronze- und eisenzeitliche Funde im Gebiet um Gargellen, in Partenen, Bartholomäberg sowie bei der Tschaggunser Mittagsspitze legen auch Zeugnis menschlichen Daseins im Montafon im zweiten und ersten vorchristlichen Jahrtausend ab. Verkehrswege über das Zeinisjoch und das Schlappiner Joch dürften vor mehr als 2000 Jahren eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben.
Im Laufe des Mittelalters nahm die Bedeutung des Montafons als saisonale und als Dauersiedlung stetig zu. Zu Beginn ist von einer zumeist sommerlichen Nutzung als Viehweidegebiet von Walgauer und Engadiner Bauern auszugehen, ehe im Hochmittelalter erste rätoromanische Dauersiedlungen entstanden sein dürften. Den Zuzug der ersten Siedler förderte im besonderen der seit dem Hochmittelalter deutlich nachweisbare Bergbau. Im Gebiet von Silbertal-Kristberg-Bartholomäberg wurde vor allem Silber und Kupfer abgebaut. Hier ließen sich die ersten Siedler auf
Dauer nieder, Bartholomäberg gilt heute als die älteste Ortschaft des Montafons. Neben den Bergknappen sorgten auch die vorwiegend im 14. Jahrhundert aus dem Schweizer Kanton Wallis eingewanderten Walser für die Bewirtschaftung hochgelegener Gebiete und die Überlagerung des bis dahin vorherrschenden rätoromanischen Elements.
In nachmittelalterlicher Zeit kam der Bergbau zwar schnell zum Erliegen, die neuzeitliche Erschließung der hochalpinen Zonen für die Alpwirtschaft und Verkehrswege, welche den zunehmenden Handel (Saumhandel) mit den südlich gelegenen Nachbarn förderten, wurde weitergeführt. Gerade die Bewirtschaftung der Alpen, die wohl erst im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt erleben sollte, bildete eine wichtige Grundlage für die funktionierende Landwirtschaft und die damit verbundene Viehzucht und somit letztlich für das Überleben der Bevölkerung. Die Trennung der zu bewirtschaftenden Güter in Heimgüter, Maisäße und Alpen zeigt wie eng sich die Bauern am Verlauf der Jahreszeiten orientierten: Je wärmer die Jahreszeit sich präsentierte, desto höher stiegen sie mit ihrem Vieh, um auch in den entlegensten Winkeln nach Weidegütern zu suchen.
Andrerseits schränkte die alpine Lage des Tales und die damit verbundene Kargheit des Bodens sowie die rechtlichen Vorschriften der Realteilung die wirtschaftlichen Möglichkeiten derart ein, dass viele Bewohner vor allem im 18. und 19. Jahrhundert ihren Lebensunterhalt außerhalb des Tales suchen mussten. Als Maurer, Verputzer, Stukkateure und Gipser, als Sensenhändler, Krauthobler, Hausierer, Störhandwerker, Ährenleserinnen und Kornschneiderinnen arbeiteten die Montafonerinnen und Montafoner während der Sommermonate in Deutschland, in der Schweiz und in Frankreich. Auch den Kindern blieb dieses Schicksal nicht erspart, wie das traurige Kapitel der „Schwabenkinder“ zeigt.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts rückten die Berge verstärkt in den Mittelpunkt wirtschaftlicher Überlegungen der Einheimischen. Waren sie bislang eher hinderlich im Hinblick auf die Schaffung geeigneter Möglichkeiten für den Lebensunterhalt, so eröffnete sich nunmehr eine ungeahnte Chance: Die Berge, die über Jahrhunderte auf Grund ihrer Beschaffenheit (Gletscher, Felsen, rauhes Klima) und zum Teil auch abergläubischer Motive wegen gemieden worden waren, wandelten sich nunmehr zu einem wichtigen Instrument des wirtschaftlichen Überlebens für die Talbewohner. Die in erster Linie als Folge der Industriellen Revolution sich entwickelnde Rückbesinnung auf die Natur, die gerade in den städtischen Ballungszentren festgestellt werden konnte, ließ die Alpenwelt zu einem markanten Anziehungspunkt einer durch die Industrie reich gewordenen aber auch vermehrt nach der natürlichen Unberührtheit strebenden Bevölkerungsschicht werden. Der Großteil der markanten Gipfel wurde in dieser Zeit erstbestiegen. So standen etwa 1848 und 1865 erstmals Menschen auf der Zimba beziehungsweise auf dem Piz Buin. Der Fremdenverkehr nahm seinen Anfang und entwickelte sich schließlich durch die Bildung großer Alpenvereine und lokaler „Verschönerungsvereine“ in organisierter Form. Die Bergwelt des Montafons und ihre Ressourcen sollten aber im 20. Jahrhundert noch mehr als je zuvor die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Tales beeinflussen: Ende des 19. Jahrhunderts erkannten die ersten Schifahrer, dass die Berge auch im Winter ihren Reiz auszuüben vermögen. In der Zwischenkriegszeit entstanden die ersten Schischulen, die Touristen nützten die Möglichkeit, Schikurse zu belegen. Die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg konnten den ansetzenden Höhenflug des Wintertourismus zwar noch verzögern, nicht jedoch verhindern. Großzügig ausgebaute Schiarenen bestimmen deshalb am Ende des Jahrtausends das Bild des Montafons und seiner Berglandschaft.
Das veränderte Niveau des allgemeinen Wohlstands im Montafon begründete neben der Ausbildung des Winter- und Sommerfremdenverkehrs noch ein weiterer Umstand: Das in den Bergen reichlich vorhandene Wasser und die hohen Gefälle ermöglichten die Schaffung von Wasserkraft für die Stromgewinnung, die um die Jahrhundertwende völlig neue Perspektiven für die Wirtschaft, den Fremdenverkehr sowie für die allgemeine Lebenssituation der Einheimischen eröffnete. Eine nachhaltige Veränderung der sozialen Verhältnisse im Montafon brachte vor allem die Gründung der Vorarlberger Illwerke in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Zahlreiche neue Arbeitsplätze wurden geschaffen; die einzelnen Kraftwerke und im besonderen die Stauseen sowie die notwendigen Verkehrsverbindungen wie etwa die Silvretta-Hochalpenstraße bewirkten zusätzliche Impulse für den Tourismus.
Heute leben etwa 18.000 Menschen im Montafon. Der Dienstleistungssektor hat jenen der Land und Forstwirtschaft längst weit überflügelt und bestimmt nunmehr das Tätigkeitsfeld von fast zwei Dritteln der Bevölkerung.

28. September 2007

Montafoner Bergwelt

Im Süden Vorarlbergs – am südwestlichen Ende von Österreich – liegt eingekesselt von den drei mächtigen Gebirgszügen Rätikon, Silvretta und Verwall das Montafon. Die markanten Gipfel tragen klingende Namen wie Schesaplana, Zimba, Drei Türme, Sulzfluh, Madrisa, Litzner, Vallüla, Patteriol, Maderer oder Piz Buin – mit 3.312 m der höchste der Region. Das 39 km lange Alpental mit seinen elf Orten – St. Anton i.M., Vandans, Bartholomäberg, Schruns, Tschagguns, Silbertal, St. Gallenkirch, Gargellen, Gortipohl, Gaschurn und Partenen – ist eine beliebte und abwechslungsreiche Ferienregion, die rund ums Jahr zahlreiche Erholungsmöglichkeiten bietet. Insgesamt 18.000 Gästebetten in Beherbungsbetrieben aller Kategorien – von rustikalen Pensionen bis zu Häusern für anspruchsvolle Gäste – stehen zur Verfügung. Die Berge prägen nicht nur die Landschaft, sie beeinflussten auch den Verlauf der Geschichte dieses Tales ganz entscheidend. Im 19. Jahrhundert rückten sie verstärkt in den Mittelpunkt wirtschaftlicher Überlegungen. Über Jahrhunderte wurden sie aufgrund ihrer Beschaffenheit (Gletscher, Felsen, raues Klima) und zum Teil auch aus abergläubischen Motiven gemieden, nun wandelten sie sich zu einem wichtigen Instrument des wirtschaftlichen Überlebens. Als Folge der Industriellen Revolution kam es in den städtischen Ballungszentren zu einer Rückbesinnung auf die Natur. Die Alpenwelt wurde zu einem markanten Anziehungspunkt einer durch die Industrie reich gewordenen, aber auch vermehrt nach der natürlichen Unberührtheit strebenden Bevölkerungsschicht.

In dieser Zeit erfolgten auch die Erstbesteigungen der markanten Gipfel. So standen etwa 1848 und 1865 erstmals Menschen auf der Zimba und dem Piz Buin. Der Tourismus nahm seinen Anfang und entwickelte sich schließlich durch die Bildung großer Alpenvereine und lokaler „Verschönerungsvereine“ in organisierter Form. Die Bergwelt des Montafons und ihre Ressourcen sollten aber im 20. Jahrhundert noch mehr als je zuvor die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Tales beeinflussen: Ende des 19. Jahrhunderts erkannten die ersten Skifahrer, dass die Berge auch im Winter ihren Reiz auszuüben vermögen. In der Zwischenkriegszeit entstanden die ersten Skischulen. Die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg konnten den ansetzenden Höhenflug des Wintertourismus zwar noch verzögern, nicht jedoch verhindern.

Heute präsentiert sich das Montafon als großzügig ausgebaute Skiarena mit perfekter Infrastruktur. 62 Anlagen – vier Kabinenbahnen, 10 Einseilumlaufbahnen, ein Achtersesselbahn, fünf Sechsersesselbahnen, sechs Vierersesselbahnen, zwei Dreiersesselbahnen, zehn Doppelsesselbahnen, ein Einersessellift, 23 Schlepp-, Kinder- und Tellerlifte, zwei Skitunnel (37 m bzw. 470 m) und und Tunnelbus (Vermunt – Bielerhöhe) sorgen für den Transport von 16.000 Wintersportfreunden pro Stunde zu den 222 km Skiisten. Die zehn Skischulen im Montafon bieten im Winter 2007/2008 eine Vielfalt neuer Aktivitäten an. Drei Naturrodelbahnen, 20 Langlaufloipen, acht Skikindergärten, eine überdachte Eishalle sowie der Intersport Nova Park – der größte Funpark mit Boardercrossstrecke, Halfpipe und vielen weiteren Attraktionen – komplettieren das breit gefächerte sportliche Freizeit-Angebot im Winter. Die Wintersportausstellung „Einst und jetzt“ in Tschagguns gibt Einblicke in die fast 100-jährige Geschichte des Wintersports im Montafon.

Noch mehr zu Josef Vallaster

An overview of the German and Austrian SS and Police Staff

"VALLASTER, Josef SS-Scharführer
05/02/1910 - 14/10/1943

BACKGROUND:
Born in Silbertal (Austria). Served at Hartheim as "chief burner". He was allowed to open the gas tap.

SERVICE AT BELZEC:
Only for in Belzec for a short time. Helped to construct the camp.

SERVICE AT SOBIBOR:
One of the leaders in Camp III. There he supervised the gassing, burying and cremating. He often drove the narrow gauge locomotive which transported infirm and old people to Camp III. Frenzel called him cruel.

FATE:
Killed during the Sobibor revolt. In 1988 in Silbertal the German Historian Peter Witte discovered a monument with the inscription "Die Gemeinde Silbertal den Opfern der Kriege" (The community of Silbertal to the victims of the wars), on which Vallasta's name was inscribed." (

27. September 2007

Josef Vallaster aus dem Silbertal - Massenmörder in Hartheim und Sobibor

Beiträge in den "VN" zu jenem Mann aus dem Silbertal, der zum Kern der NS-Mörder gehörte: zuerst tötete er in Schloss Hartheim im Rahmen des NS-Krankenmord-Pogramms, dann mordete er im Rahmen der "Aktion Reinhard" in Sobibor, wo er beim Häftlingsaufstand erschlagen wurde.

Seff Dünser über Josef Vallaster, "Vorarlberger Nachrichten", 14. Juni 2007 - lesen

Interview mit Klaus Vallaster, dem Sohn von Josef Vallaster, Vorarlberger Nachrichten, 23./24. Juni 2007 - lesen

In einem Leserbrief wird die Faktizität des Holocaust angezweifelt - unter Berufung auf einen in der "Wiener Zeitung" erschienen Artikel von Herbert Schaller, Vorarlberger Nachrichten, 19. Juni 2007 - lesen

Harald Walser in einem Kommentar zur Debatte um Josef Vallaster, Vorarlberger Nachrichten, 25. Juni 2007 - lesen

Bruno Winkler wird NS-Vergangenheit des Silbertals in einer Arbeigruppe aufarbeiten, Vorarlberger Nachrichten, 4. Juli 2007 - lesen

Artikel über Leo Kuchar, dessen Mutter in Sobibor ermordet wurde, Vorarlberger Nachrichten, 26. Juli 2007 - lesen

Rechtsprechung vor 500 Jahren

Bludenzer Obrigkeiten bestimmten über Montafoner Streitigkeiten

Nicole Ohneberg hielt eingangs fest: Die Märzengerichtsprotokolle enthalten keine Gruselgeschichten von grauenvollen Strafen, welchen die Montafonerinnen und Montafoner im ausgehenden Mittelalter ausgesetzt worden sind. Die Historikerin aus Hard weiß wovon sie spricht. Sie hat in einem sechsjährigen Forschungsprojekt die Märzengerichtsprotokolle untersucht und damit eine wesentliche Quelle für die Landesgeschichte erschlossen. Es mag für viele Montafonerinnen und Montafoner in einem hohen Maße frustrierend gewesen sein, aber über ihre zivilgerichtlichen Verfahren hat über Jahrhunderte das Märzengericht auf der Platte (beim Kloster St. Peter in Bludenz) entschieden, das in zuweilen langwierigen und kostspieligen Verfahren über Wege-, Wasser- oder Weidestreitigkeiten aber auch Erbrechtsregelungen im Montafon geurteilt hat.

Die Protokolle sind seit dem Beginn der Schriftlichkeit der Prozesse im Jahr 1490 bis 1599 in einem Buch zusammengefasst und geben einen bemerkenswerten Einblick in die Rechtsprechung und die Konfliktbewältigung im Montafon für die Periode des ausgehenden Mittelalters. Unzählige Montafonerinnen und Montafoner werden in diesen Protokollen genannt und ermöglichen auch einen interessanten Einblick für die Ahnenforschung.

Die Märzengerichtsprotokolle sind derzeit auch als Gegenstand in der Ausstellung des Montafoner Heimatmuseums „Das Ende des Mittelalters“ zu sehen (noch bis 26. Oktober) – das Buch zu den Protokollen umfasst 344 Seiten und ist als Band 19 der Montafoner Schriftenreihe in den Montafoner Museen erhältlich.

Nicole Ohneberg und Andreas Brugger

Sagen aus dem Montafon I - Rote Beinhöslein und grüne Pantoffel

Auf der Website sagen.at finden sich 202 Sagen aus dem Montafon, u.a.:

Der Anton Netzer in Gortipohl hat als Büble einmal im Bärawald im Neza an einem rauhen Tag die Geißen gehütet. Auf einmal kam aus dem Nebel herunter ein Weiblein in roten „Beehösli" und gab der ganzen Herde zu lecken. Des ändern Morgens hatten alle Ziegen die Sucht. Da fand er auf einem Grat im Neza einen grünen Pantoffel und ein Meerrohr und nahm beides mit heim. Das sah der Pfarrer und fragte ihn: „Woher hast du das? Das brauchst du nicht!" und behielt es. Nun machte der Bub mit einem ändern Geißler aus, es sei gewiß eine Hexe dahinter, die wollen sie erschießen. Sie wußten den alten Rat, daß man mit einer Kugel, die unter der Messe auf dem Altar liege, jede Hexe sicher treffe. Sie taten also eine in ein Salzbüchslein und versteckten sie auf dem Altar. Da kam aber der Pfarrer bei der Wandlung nicht mehr vorwärts; er suchte lang und fand endlich die Kugel. Die warf er so wild hinaus ins Vorzeichen (kleine Eingangshalle), daß sie ein Stück weit wieder in die Kirche zurückschnellte. So konnten die Buben die Hexe halt nimmer erschießen.

Von Schmugglern und Tanzschuhen

Wie der Zahn einer riesenhaften Hexe ragt der Schijenzahn aus dem hellen Fels hervor - drohend, ein bisschen lose, so als wolle er hinunterspringen auf den Wanderweg, der von St. Antönien-Rüti an Bachrunsen, Lawinenfuhren, Maiensäss und weidenden Kühen vorbei durch das Partnunertal hinauf zum Weiler Partnunstafel führt. Der kleine, nur im Sommer bewohnte Ort klebt auf 1769 Metern über Meer am Hang unter der Schijenfluh, einem mächtigen Berg an der Grenze zu Österreich. Ein paar alte Holzhäuschen, eine schmale Strasse, einige Wanderwege, ein Brunnen und zwei Berggasthöfe - dies ist die kleine Welt, die heute abgeschieden und still erscheint, im vergangenen Jahrhundert aber Schauplatz von regem Schmuggel und von grenzüberschreitenden Liebschaften und Scherereien war.

Schiessereien und Liebeleien

Entlang schmaler Gräte, über Karrenfelder und hohe Berggipfel verläuft hinter Partnun die Grenze zwischen der Schweiz und Österreich. Zwischen 1900 und 1950 überquerten viele Schmuggler die verschiedenen Pässe, die hier die beiden Talschaften Prättigau und Montafon miteinander verbinden. Meist waren es einfache Hirten, die sich mit dem Transport von Tabak, Butter, Fleisch und grünen Kaffeebohnen einen Zustupf verdienten. Auch Saccharin oder Kinderschnuller steckten in ihren Leinensäcken, die sie im Sommer, bei Nacht und Nebel, auf dem Rücken über die steilen Wege trugen. Für die Zöllner, die mit List und Waffengewalt für Recht und Ordnung kämpften, waren sie in der Dunkelheit nicht gut zu erkennen. Und selbst nach einer wilden Schiesserei in der Tilisunahütte, deren Keller als Schmuggeldepot gedient hatte, vermochten sie dem regen illegalen Handel nicht Einhalt zu bieten, denn fortan versteckten die Schmuggler ihr Gut in einer der vielen Höhlen im kalkigen Fels. Erst das allgemeine Aufkommen des Automobils brachte den Schmuggel in Partnun zum Erliegen.

Nicht nur Waren fanden den Weg vom einen Land ins andere, auch die Liebe überwand die karstigen Berge. Volksmusiker aus dem Montafon spielten in den fünfziger Jahren im Berghaus Sulzfluh in Partnun oft zum Tanz auf und bescherten, so jedenfalls erzählen es ältere Einheimische, manch mitgereistem Österreicher eine Liebschaft mit einer Prättigauerin. Die Bergbauern von dies- und jenseits der Bergpässe forderten die in einem abgetrennten Bereich sitzenden jungen Frauen zum Tanz auf. Die Prättigauerinnen sollen dabei immer wieder die Österreicher vorgezogen haben, weil sie in ihren feinen Tanzschuhen, die sie im Rucksack über den Berg getragen hatten, besser tanzen konnten als die Schweizer in ihren klobigen Bergschuhen. So kam es zu grenzüberschreitenden Liebeleien und zu manch einer Schlägerei zwischen einem Erhörten aus dem Ausland und seinem einheimischen Neider.

Das Berggasthaus Sulzfluh, das erhaben über dem Partnunertal thront und in die Ferne zu den Flanken des Prättigaus blickt, begleitet seit seinem Baujahr 1875 das amouröse Grenztreiben in Partnun. Heute öffnet es im Sommer seine alten Holzzimmer jenen Gästen, die seine Altersschönheit mögen: Die Betten sind aus Arvenholz, auf der Kommode stehen Krug und Waschschüssel, zum Lesen leuchten Kerzen statt Glühbirnen, und nachts knarren die alten Dielen. In der Gaststube, die in kühlen Nächten von einem Holzofen gewärmt wird, brennen Petroleumlampen, und zur währschaften Prättigauer Kost mit Härdöpfelribel, Chäsgetschäder und Prättigauer Knödli gibt es eine grosse Portion heimeliger Bergromantik.

Grenzwanderung

Partnun ist Ausgangspunkt für verschiedene Rundwanderungen. Eine davon ist der naturkundliche Alpenrundweg, der erfahrene und trittsichere Wandernde in fünfeinhalb Wanderstunden nicht nur an manchem Schmugglerloch und Zollhäuschen vorbei nach Österreich und wieder zurück in die Schweiz führt, sondern ihnen auch eine besonders grosse Vielfalt an Berglandschaften und darin heimischer Fauna erschliesst. Alpensalamander leben an den Bachläufen, Birkhühner, Steinböcke, Rothirsche, Gemsen und Alpenmurmeltiere verstecken sich in den karstigen Schrunden, Schneehühner brüten auf 2000 Metern über Meer, und in der Luft kreisen Turmfalken und Steinadler.

Der Rundwanderweg führt vom Berghaus Sulzfluh am Berghaus Alpenrösli vorbei nordwärts zum zauberhaften Partnunsee, auf dem ein kleines Boot zu einer Ausfahrt einlädt - und in dessen Wasser sich die rundherum aufragenden Berge mit ihren Türmen, Zähnen, Spitzen und Wänden aus hellem Rätikonkalk spiegeln. Weit oben in der steilen Felswand der Sulzfluh sind mehrere dunkle Höhleneingänge zu einem weitverzweigten Höhlensystem zu erkennen, in dem bis vor rund 10 000 Jahren Höhlenbären lebten. Vom Partnunsee geht es nordwärts weiter zu den Gruoben, einem hellgrauen, körnig-zerfurchten Kessel, und von dort über den Gruobenpass nach Österreich, wo sich der Blick über eine weite, weich gewölbte Hochebene in die Österreicher Alpen öffnet. Der Weg führt südwärts an kleinen Seen vorbei über eine breite Karstlandschaft mit auffälligen Karrenfeldern zum Plaseggenpass auf 2354 Metern über Meer und über die Grenze wieder zurück in die Schweiz. Über ein von kleinen Bächlein und Furten durchzogenes Plateau geht es nun hinunter zur Engi, einer plötzlichen Verengung in der grossflächigen Felslandschaft. Ein steiler, kurzer Abstieg führt an der Weberlisch Höli vorbei und am sprudelnden Tällibach entlang zurück nach Partnun.

Manche Wanderer gehen geradewegs weiter durch das Partnunertal hinunter nach St. Antönien und besuchen dort eines der schönen Gasthäuser, das Ortsmuseum oder die Kirche. Andere ruhen sich auf der Terrasse eines der beiden Berggasthäuser aus, lassen sich alte Geschichten erzählen und blicken noch einmal hoch zur mächtigen Schijenfluh, aus deren silbern glänzendem Kalk der Schijenzahn ragt, wie ein wackliger Zahn aus einem lachenden Mund.

Prättigauer Höhenweg

Spiegelglatt liegt der Partnunsee im Morgenlicht. Gestochen scharf reflektiert er Himmel, Wolken, Wiesen, Geröllhalden, Felsbrocken und zwei gewaltige Kalkberge - Sulzfluh und Schijenflue -, die links und rechts Hunderte von Metern aufschiessen und das Bergseelein in die Zange nehmen. Die Stimmung ist zauberhaft. Dass der örtliche Verkehrsverein die Region phantasievoll als «Gleich hinter dem Mond, links» definiert, leuchtet ein. Schön, dass sie gleichwohl auf der Welt und erst noch gut erreichbar ist.

Wilde Steinlandschaft

Ab Küblis im Prättigau schlängelt sich das Postauto nach St. Antönien hinauf. Wer von hier die leicht ansteigende Wanderung zum Berghaus Sulzfluh im Weiler Partnunstafel scheut, dem steht immer noch das Ortstaxi mit dem auskunftsfreudigen Chauffeur zur Verfügung. Zum erwähnten See auf 1869 Metern über Meer tragen einen die Füsse dann in einer kurzen halben Stunde. Der liebliche Ort muss nicht Endstation sein. Der Weg führt weiter hinauf, hinein in eine Karstlandschaft, in einen weiten, mit Fallgruben und wilden Steingebilden durchsetzten Kessel. Man wandert vorbei an Elefantenrücken und bizarren Tierköpfen, in einer Felswand gähnt schwarz eine Höhle, und am Horizont ergiesst sich ein Gletscher aus Stein. So urzeitlich ist die Stimmung, man wäre nicht erstaunt, würde am Horizont ein Mammut auftauchen.

Gruoben heisst die Landschaft und ist Grenzgebiet. Über die Ränder im Osten und Norden, über den Gruobenpass, das Grüen Fürggli und das Tilisunafürggli, gelangt man leicht ins österreichische Montafon, so wie einst die Prättigauer Schmuggler, die Zigaretten und Schokolade über die grüne Grenze trugen. Einer ihrer Umschlagplätze war die Tilisuna-Hütte, wo auch wir einkehren und uns auf der Aussichtsterrasse mit Gerstensuppe, Apfelstrudel mit Schlagobers, Tee und Radler für den zweistündigen Rückweg stärken.

Zwar liesse sich von hier aus dem Vernehmen nach problemlos auf die Sulzfluh wandern, auf den 2800 Meter hohen Felszahn, der von Schweizer Seite aus so gefährlich steil wirkt. Uns aber zieht's zurück an den See, wo zwei kleine Ruderboote auf sportliche Touristen warten, und vor allem ins Berghaus Sulzfluh, wo das Wirtepaar Käthi Meier und Ernst Flütsch der Region entsprechend kocht. - Die gemütlichen Zimmer sind bezogen. Im 130-jährigen Schindelhaus spenden nach dem Eindunkeln Petroleumlampen und Kerzen Licht. Nicht selten erklingt des Abends Musik. Heute spielt in der prallvollen Gaststube ein Akkordeonist auf, vom ersten Ton an so virtuos, dass die Gespräche an den Tischen sogleich verstummen. Eine Musette nach der anderen erklingt. Früher sollen sogar Montafoner den langen Bergweg nicht gescheut und in der «Sulzfluh» das Tanzbein geschwungen haben. «Chäsgätschäder» heisst die Spezialität, die Ernst Flütschs Team an diesem Tag auf die Tische trägt, ein regionales Käsegericht von rezentem und feinem Geschmack. Greyerzer, Appenzeller und Alpkäse, Weissbrot sowie Milch bilden die Basis. Zudem braucht's Butter, Zwiebel, Knoblauch, Muskat, Salz, Pfeffer, etwas Weisswein, Rahm und Cognac, damit die Masse richtig sämig wird. Das Gericht erinnert an Raclette, sein Geschmack ist aber origineller und nachhaltiger. Nach dem Schmaus braucht man Bewegung. Zum Glück ist der Himmel klar, und wir erleben in der Dunkelheit wenige Schritte vom Haus entfernt ein glitzerndes Firmament, wie man es im Unterland selten sieht.

Eindrückliche Grenzwanderung

Beim Berghaus Sulzfluh kommt man auch vorbei, wenn man den Prättigauer Höhenweg unter die Füsse nimmt. Er führt von der Saaser Alp ob Klosters über die Mässplatte, das Fürggli und die Aschariner Alp nach St. Antönien, von hier hoch zur Carschina-Hütte, weiter zur Schesaplana- Hütte und endet schliesslich in Malans in der Bündner Herrschaft. Für die ganze Tour braucht man - je nach Tempo - drei bis fünf Tage. Für uns ist am nächsten Morgen die Carschina-Hütte das erste Ziel. Zu überwinden sind knapp 500 Höhenmeter. Oben auf der Terrasse gibt's eine schöne Rundsicht und einen ausgezeichneten, selbst gebackenen Kuchen. Diese Stärkung können wir gut gebrauchen, denn der Weg zur nächsten Übernachtung ist weit, weiter, als der Wegweiser verspricht. Die Angabe - 5½ Stunden bis zur Schesaplana-Hütte - ist nach Auskunft der Hüttenwartin nur mit Siebenmeilenstiefeln zu schaffen. Recht hat sie: Wir benötigen, ohne zu bummeln, 2 Stunden mehr.

Die eindrückliche Höhenwanderung beginnt auf der Carschinafurgga (2221 m). Lange Zeit führt der gut markierte Weg entlang den imposanten, bis 500 Meter hohen Kalkwänden der Drusenfluh. Sie bilden die Landesgrenze, für Wanderschuhe sind sie unbezwingbar. Nur an wenigen Stellen gestatten sie den Übergang nach Vorarlberg, Drusator heisst einer, ein anderer Schweizertor. Unfreundlich steil und felsig, verlangen sie einen sicheren, schwindelfreien Tritt. Wir lassen beide Scharten rechts liegen und kommen auch so an die Grenze: Vom windigen Cavalljoch blicken wir weite österreichische Wiesenhänge hinunter zum grossflächigen Lünersee. Im Westen, immer noch 10 Kilometer entfernt, erhebt sich der fast 3000 Meter hohe Schesaplana, zu dessen Füssen die Hütte liegt, bei der wir uns für die Nacht angemeldet haben. Zum Glück, denn als wir gegen Abend eintreffen, ist sie bereits zum Bersten voll.

Jassen mit Aussicht

Unser Ziel am folgenden Tag ist die Älplibahn. Mehrere Wege führen dorthin. Wir wandern durch den Alpnovawald, dann hinauf zur Fläscher Alp und erreichen nach 5½ Stunden die Bergstation, wo auf der Terrasse der Gastwirtschaft ältere Semester den Nachmittag mit Jassen verbringen.

Dass das luftige Happening stattfinden kann, ist einer Schar von Enthusiasten zu verdanken, dem Älplibahn-Verein, der die Bahn seit gut 20 Jahren auf privater Basis betreibt und mit jeder Fahrt acht Leute von Malans 1200 Höhenmeter hinaufbefördert. Gebaut wurde die Bahn im Zweiten Weltkrieg, um die Truppen auf der Malanser Alp mit Nachschub zu versorgen. 1980 drohte die Schliessung, weil Material und Technik veraltet waren. Dagegen sträubte sich der Verein. Er nahm die Renovierungsarbeiten an die Hand und sorgt seither mit viel Engagement und Gratisarbeit dafür, dass der schöne Aussichtsplatz auf 1800 Metern erreichbar bleibt.

Alpentreppe und Menschenfeind

Irgendwo hat ein Menschenfreund oder vielleicht ein kleiner Sadist die Zahl 1500 in den Beton geritzt. Wenn das jetzt die Seehöhe wäre, dann hättest du bereits 500 der insgesamt 700 Höhenmeter hinter dir. Es ist aber nicht die Seehöhe, sondern die Zahl der zurückgelegten Stufen, und das bedeutet, dass noch 2500 zu bewältigen sind.

4000 Stufen - so ganz genau hat sie bisher niemand gezählt - ist diese höchste, gerade Treppe Europas lang, mit einer Steigung bis zu 86 Prozent. Das ist dann so steil, dass man besser nicht zu oft nach oben blickt, nicht nur wegen der Gefahr eines steifen Genicks, sondern mehr noch wegen des leichten Schwindelgefühls, das sich da einstellt.

Letzteres gilt auch für den Blick nach unten, wo tief im Tal der Ort Partenen liegt, und so schaut man am besten schräg nach vorne auf die nächsten Stufen. Die können aus gemauertem Stein, Beton oder Rasterprofil-Eisen bestehen, sie sind zwischen 20 und 40 Zentimeter hoch und werden meistens, aber eben nicht immer, von Stahlseilen oder Eisengeländern begleitet, nach denen man dankbar greift, erstens wegen des Gefühls der Sicherheit und zweitens, um die Beinarbeit durch Armzug zu unterstützen.

Zwar gibt es, wie die Touristiker im Vorarlberger Bergtal Montafon betonen, entlang der Treppe immer wieder "Bänkle", die zu einem "Hock" einladen, aber das ist der Sinn der Sache nicht. Erstens ist man schon aus nervlichen Gründen froh, das Ganze möglichst in einem Zug hinter sich zu bringen, und zweitens geht's ja um Leistung. Neben der ersten Stufe steht eine Stechuhr, und eine solche wartet auch neben der letzten.

Wie so vieles, was im Montafon in den vergangenen 80 Jahren gebaut wurde, verdankt auch die 4000-Stufen-Treppe (zum Vergleich: Auf den Donauturm führen gerade einmal 776 Stufen) ihre Existenz der Kraft des Wassers. Seit 1924 schufen die Vorarlberger Illwerke, benannt nach dem in der Silvretta entspringenden und das Montafon entwässernden Fluss Ill, ein imposantes Netz von Speicherkraftwerken, die bis weit nach Deutschland Spitzenstrom liefern.

Die Bauten der Illwerke - riesige Staudämme, Erschließungswege, wie die 1954 fertig gestellte "Silvretta-Hochalpenstraße", Schrägaufzüge, Tunnels, Verbindungsstollen und Rohrleitungen vom Tiroler Paznauntal ins Montafon hinüber - bedeuteten einen gewaltigen Eingriff in die hochalpine Landschaft, zeugen von kühnen Ingenieurleistungen, aber auch von politischer Gewalt: In der NS-Zeit schufteten auf Baustellen der Illwerke Zwangsarbeiter in großer Zahl.

In ihrer Monumentalität haben die Bauten eine unbestreitbare ästhetische Qualität. Dieser zollte der Vorarlberger Konzeptkünstler Gottfried Bechtold Tribut, als er vor zwei Jahren die Betonmauer des Silvrettastausees mit seiner Signatur in den Rang eines Kunstwerks erhob.

Die lange Treppe wurde 1952 als Versorgungs- und Wartungsstrecke eines Schrägaufzugs von Partenen (1030 Meter) zur Bergstation Trominier (1730 Meter) gebaut. Der Aufzug begleitete die Druckrohre, die das Wasser des Vermuntstausees auf die Turbinen im Tal stürzen ließen. Als vor zehn Jahren die Druckrohrleitung von Trominier nach Partenen unter die Erde verlegt wurde, war auch der begleitende Schrägaufzug überflüssig geworden. Er wurde durch eine Seilbahn ersetzt.

Die durch gewaltige Lawinenverbauungen gesicherte Treppe wollte man, zunächst nur als kurioses Relikt aus der heroischen Zeit der technischen Entwicklung, erhalten. Bald aber entdeckten, zunächst lokale, später auch internationale Sportler dieses "größte Fitnessgerät der Welt" (so der vollmundige Slogan des Tourismus-Verbands Gaschurn-Partenen) für ein effektives Kraft-, Ausdauer- und Koordinationstraining. In den vergangenen Jahren trainierten hier u. a. die österreichische Frauenmannschaft im alpinen Skilauf, die Fußballvereine VFB Stuttgart, Lazio Rom und Hertha BSC und der Formel 1-Autorennfahrer Nelson Piquet. Sie alle laufen ausschließlich hinauf (und fahren mit der Seilbahn wieder herunter), denn bergab wäre der Run muskel- und sehnenschädigend, und außerdem ist er wegen der Absturzgefahr gesperrt.

Seit zwei Jahren zählt der 700-Höhenmeter-Treppenlauf übrigens, zusammen mit einem 10-Kilometer-Mountainbike-Hillclimb (Höhendifferenz 1250 Meter) in St. Gallenkirch, zu einem "Montafon-Silvretta-Man-and Woman-Cup", der jährlich Ende Juli / Anfang August stattfindet. Zwölf Uhr und 14 Minuten hat die Stechuhr beim Start ausgedruckt. Beim Ausstieg - nach ein paar Fotostopps und einem Kurzbesuch in dem an der Strecke gelegenen Kraftwerksmuseum - zeigt sie 13 Uhr und 53 Minuten. Das ergibt die schöne Zeit von 99 Minuten. Leider verzählt sich die freundliche Angestellte im Tourismusbüro Partenen, die für vier Euro Urkunde und Abzeichen aushändigt. 109 Minuten stehen auf dem Papier. Aber was soll's. Der Rekord für die 4000 Steps steht bei 22 Minuten und 49 Sekunden. (Der Standard/rondo/8/10/2004)

Hemingway kein Kriegsverbrecher

"Der Vorwurf, Ernest Hemingway sei ein Kriegsverbrecher gewesen, ist völlig unhaltbar“, nimmt die Kultursprecherin der Voralberger Grünen, LAbg. Karin Fritz, zu der ihrer Ansicht nach "reichlich schrägen" Debatte um das geplante und dann wieder vertagte Hemingway-Denkmal in Schruns Stellung. "Dieser Vorwurf basiert auf einem Wikipedia-Eintrag bzw. einem Artikel des geschichtsrevisionistischen 'Großen Wendig', der in keiner Weise dem Stand der Forschung entspricht."

„Hemingway ist bekannt als Aufschneider und Wichtigtuer, der sich gerne mit Taten gebrüstet hat, die er nicht begangen hat. Von uns eingeholte Stellungnahmen zweier Amerikanisten und Hemingway-Experten von den Universitäten Hamburg und Jena zeigen dies klar auf“, beruft sich Karin Fritz auf den Stand der universitären Forschung. "Das ist auch von der US-Armee - die derartige Übergriffe bekanntlich mit aller Härte geahndet hat - in einem Verfahren bestätigt worden."

"Der vom Schrunser Bürgermeister verhängte Stopp für das Aufstellen des Denkmals kann vom 'rechten Eck' leicht als Zurückweichen interpretiert werden", so Fritz. "Ich hätte mir erwartet, dass der Schrunser Bürgermeister vor einer derartigen Stimmungsmache nicht zurückweicht. Denn ein Kriegsberichterstatter und ein NS-Massenmörder dürfen nicht auf dasselbe Niveau gestellt werden. Derartige geschichtsverfälschende Darstellungen müssen Politiker klar und deutlich zurückweisen."

Die Abgeordnete erinnert an in der Vorarlberger Presse kommentarlos publizierte Aussagen eines Montafoners, der die Fälle Hemingway und Vallaster gleichgesetzt und sinngemäß gemeint hatte, dass man dem einen kein Denkmal setzen dürfe, wenn man den anderen aus dem Silbertaler Kriegerdenkmal streiche.

"Das alles zeigt, wie notwendig eine breite öffentliche Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit ist", so die grüne Kultursprecherin. "Die Heimatmuseen leisten seit längerem durch diesbezügliche Veranstaltungen und Vorträge einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Da dieses Thema lokale und regionale Aspekte hat, muss es sowohl vor Ort als auch landesweit weiterhin verstärkt bearbeitet werden. Der demnächst vorliegende 4. Band der Landesgeschichte würde eine Gelegenheit bieten.“

"Deshalb fordere ich ein weiteres Mal, die Darstellung der Geschichte der NS-Opfer und Täter des Landes im neuen Landesmuseum ein und eine intensive Zusammenarbeit des Vorarlberger Landesmuseums mit den Museen in den Regionen zur lokalen Aufarbeitung", verweist die Abgeordnete auf ihren mehrfach vorgebrachten Vorschlag.

"Die Frage, ob ein Hemingway-Denkmal in Schruns grundsätzlich sinnvoll und notwendig ist, ist eine ganz andere, daher möchte ich sie aus dieser Diskussion ausklammern“, so Fritz abschließend.


Anhang: Stellungnahmen von Prof. Rodenberg und Prof. Müller; Zitat aus: Der große Wendig.

sehr geehrter herr muther,
ich weiß von diesem vorwurf, der damals erhoben wurde. tatsächlich hat es oktober 1944 in nancy/frankreich aufgrund dieser gerüchte eine offiziuelle befragung durch die u.s. army gegeben, da hemingway dann seinen status als kriegsberichterstatter verloren hätte. er ist jedoch eindeutig von den vorwürfen freigesprochen worden.

belegt ist allerdings, dass er oft waffen bei sich hatte und im spanischen bürgerkrieg auch schießübungen mit soldaten durchgeführt hat.

was die selbstbezichtigung angeht, diese entsprach eher der prahlerei hemingways, die besonders in seinen späteren jahren zunahm. allein die zahl 122 ist ja nebenbei schon absurd. viele seiner anekdoten entpuppen sich bei genauerer nachforschung als erfunden.

ich hoffe ihnen weitergeholfen zu haben.
mit freundlichen grüßen
p. rodenberg
Prof. Dr. Hans-Peter Rodenberg
Universität Hamburg
Institut für Anglistik und Amerikanistik
Institut für Medien und Kommunikation
rodenberg@uni-hamburg.de

Sehr geehrter Herr Muther,
von Hemingway ist bekannt, daß er sich gegenüber Freunden und Bekannten gerne mit sogenannten tall tales - Übertreibungsgeschichten - gebrüstet hat. Dies halte ich auch im Falle des Wikipedia-Zitats (das ich quellenmäßig nicht überprüft habe) für denkbar. Die Wikipedia ist allerdings als Quelle prinzipiell höchst fragwürdig, das die Einträge (wie ja zuletzt in der Presse zu lesen war), von interesseiter Seite manipuliert werden können. Diesen Eindruck habe ich auch in diesem Falle.

Ich will mir kein absolutes Wissen über die Biographie Hemingway anmaßen (da mein Interesse stärker auf der literarischen Seite liegt). Soweit ich es aber übersehe, spielt die These vom "Kriegsverbrecher" Heminway in der seriösen biographischen Forschung keine Rolle.

Mit freundlichen Grüßen
Kurt Müller
__________________________
Prof. Dr. Kurt Müller
Institut für Anglistik/Amerikanistik
Lehrstuhl für Amerikanistik
Friedrich-Schiller-Universität Jena

Zitat aus: Der Große Wendig, S. 13

"Gewidmet

den zu Unrecht verleumdeten
deutschen Kriegsgenerationen des 20. Jahrunderts
Zur Ehrenrettung,

Den umerzogenen Nachkriegsgenerationen
Zum nachträglichen Verständnis
Ihrer Zeit deutscher Fremdbestimmung,

Der nachwachsenden deutschen Jugend
Zur verantwortlichen Gestaltung ihrer Zukunft
Und für die Erhaltung ihres Volkes."

... und was lernen wir daraus? Wikipedia bitte nicht alles glauben und bitte nicht alle Leserbriefe von Revisionisten abdrucken bzw. zu genau nehmen...

UND: Hört, hört - "Die Heimatmuseen leisten seit längerem durch diesbezügliche Veranstaltungen und Vorträge einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Da dieses Thema lokale und regionale Aspekte hat, muss es sowohl vor Ort als auch landesweit weiterhin verstärkt bearbeitet werden." - das klingt ja schon ganz anders als noch im Sommer, als der Obmann des Heimatschutzvereins Montafon Andreas Rudigier fragte: "Wo waren die zitierten Personen [Seff Dünser, Harald Walser, Walter Fink oder Jutta Berger oder Herbert Sausgruber oder Karin Fritz, Anm. d. Red.], als im vergangenen Oktober der Historiker Michael Kasper im Museum in Gaschurn zu den Schicksalen vor den Nazis flüchtender Mitbürgerinnen und Mitbürger in die Schweiz referierte? Wo waren Sie, als ebenfalls im vergangenen Oktober der Politikwissenschaftler Franz Valandro im Rahmen der 100-Jahr-Feier im Heimatmuseum in Schruns zum Thema Heimatschutz und Nationalsozialismus referierte? Wo waren Sie, als am 9. Mai diesen Jahres Dozent Wolfgang Weber im Heimatmuseum in Schruns zum Nationalsozialismus im Montafon referierte und mit dem Filmemacher Tone Bechter einen vergleichenden Blick in den Bregenzerwald warf?" Drei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit – der Heimatschutzverein Montafon und der Stand Montafon sind längst bemüht, die Zeit des Nationalsozialismus im Montafon zu erfassen. Die genannten Historiker Wolfgang Weber und Michael Kasper (gemeinsam mit Edith Hessenberger) arbeiten derzeit an Projekten zum Nationalsozialismus, die Teil eines groß angelegten Geschichtsprojekts des Standes Montafon sind.

26. September 2007

Josef Vallaster

Wikipedia-Eintrag zu Josef Vallaster:

Josef Vallaster (* 5. Februar 1910 in Silbertal, Vorarlberg; † 14. Oktober 1943 in Sobibór) war ein österreichischer Nationalsozialist, Mitglied der SS und ab 1940 an den Verbrechen des Holocaust beteiligt. Er war von 1940 bis 1942 sogenannter Oberbrenner in der NS-Tötungsanstalt Hartheim und von 1942 bis 1943 Aufseher im Vernichtungslager Sobibór.

Gemeindeamt in Silbertal
Gemeindeamt in Silbertal

Leben und Wirken

Kindheit und Bergbauer in Silbertal

Vallaster verlor im Alter von sechs Jahren seinen Vater, der 1916 als Soldat im Ersten Weltkrieg in russischer Gefangenschaft starb. Nach der Volksschule arbeitete er als Bergbauer auf dem Hof seines Stiefvaters in Silbertal. Der 23jährige Vallaster beantragte 1933 seine Aufnahme in die NSDAP und trat gleichzeitig dem SA-Sturm Montafon bei. Dort war er unter anderem an einer Aktion beteiligt, bei der die SA eine Hakenkreuzfahne an einem Kirchturm anbrachte.

Flucht aus Österreich

Nach dem gescheiterten nationalsozialistischen Putschversuch in Österreich im Juli 1934 (Juliputsch) flüchtete Vallaster ins Deutsche Reich, wo der 25jährige im August 1935 eingebürgert wurde. Dort war er als Arbeiter beim Bau der Reichsautobahnen tätig. Er betätigte sich weiterhin politisch und wurde Mitglied der paramilitärischen österreichischen Legion. Nach der militärischen Besetzung Österreichs (Unternehmen Otto) im März 1938 und dem Anschluss an das Reich erfolgte eine Wiederaufnahme seines Eintrittsverfahrens in die NSDAP, das aufgrund des fehlgeschlagenen Putsches unterbrochen worden war. Zum 1. Mai 1938 wurde er in die Partei aufgenommen. Vallaster kehrte in das nunmehr in Ostmark umbenannte Österreich zurück.

Schloss Hartheim 2005
Schloss Hartheim 2005

Oberbrenner in der Tötungsanstalt Hartheim

Ab April 1940 wurde er im Rahmen der Aktion T4 in der NS-Tötungsanstalt Hartheim in Oberösterreich (damals Reichsgau Oberdonau genannt) zunächst als Arbeiter für Umbauarbeiten, wie Einbau eines Verbrennungsofens und eines Vergasungsraumes eingesetzt. Ab Mai 1940 war er in der Tötungsanstalt an der Vergasung und Verbrennung von behinderten Menschen beteiligt. Zu seiner Arbeit gehörte auch das Ausbrechen von Goldzähnen.

Er wurde zum Oberbrenner ernannt; die Entlohnung war überdurchschnittlich: Je Monat 170 Reichsmark (RM) Nettolohn, dazu 50 RM Trennungszulage bei freier Unterkunft und Verpflegung, 35 RM Erschwernis-Zulage als Heizer und 35 RM Zulage als Schweigeprämie. Zusätzlich gab es eine tägliche Schnapsration von einem Viertel Liter. Als im Juli 1940 nach einer Vergasungsaktion noch einige Menschen lebten, gab es einen Konflikt mit Vallaster als Oberbrenner. In Abwesenheit des Euthanasiearztes Georg Renno hatte er den Gashahn zu kurz geöffnet und die Todeswirkung des Gases nicht vor Öffnen des Vergasungsraumes (mittels eines Guckloches) überprüft. Die technische Anlage wurde danach geändert; ein Zähler maß nun die notwendige Menge des eingesetzten Giftgases Kohlenmonoxid.

Vallaster heiratete eine Krankenpflegerin des Tötungspersonals, welche laut Bericht an ihren Sohn hauptsächlich mit der Transportbegleitung der Opfer und dem Ausziehen der Opfer vor der Vergasung beschäftigt war. Die Tötungsanstalt hatte ein eigenes Standesamt und die Trauung fand unter Ausschluss sämtlicher Verwandter statt. Trauzeugen waren Franz Stangl und Christian Wirth. Mit der Schwangerschaft konnte die Krankenpflegerin ihren Einsatz in Hartheim beenden. 1942 wurde der Sohn geboren.

Mausoleum an der Gedenkstätte Sobibor
Mausoleum an der Gedenkstätte Sobibor

Aufseher und Tod im Vernichtungslager Sobibór

Vallaster wurde Mitglied der SS, wobei über sein Eintrittsdatum, seinen anfänglichen Dienstgrad und über die SS-Einheit(en), der bzw. denen er angehörte, nichts bekannt ist. Es ist jedoch belegt, dass er ab 1942 als SS-Unterscharführer im Rahmen der Aktion Reinhardt im Generalgouvernement (Polen) eingesetzt wurde.

Zunächst hat er dort für kurze Zeit im Vernichtungslager Belzec an dessen baulicher Errichtung mitgewirkt. Danach war er im Vernichtungslager Sobibór als Aufseher an dem Massenmord von hauptsächlich jüdischen Menschen aus ganz Europa beteiligt. Im Lager III beaufsichtigte er die Vergasung und die Verbrennung, wobei dort Arbeitshäftlinge diese Arbeiten verrichten mussten. Aus Geheimhaltungsgründen war das Lager III von den anderen Lagerbereichen strikt getrennt und nur über eine Lorenbahn mit dem Lager I verbunden. Vallaster bediente unter anderem auch als „Maschinist“ eine Schmalspurbahn-Lokomotive und war für diejenigen Loren-Transporte zuständig, mit denen sofort nach Ankunft der Transportzüge im Lager die Toten sowie Gebrechliche und Alte zu den Verbrennungsöfen transportiert wurden.

Am 14. Oktober 1943 fand im Vernichtungslager eine Revolte und Massenflucht von hauptsächlich Kriegsgefangenen jüdischer Herkunft aus Weißrussland statt. Vallaster wurde unter einem Vorwand von der Lorenbahn weggelockt; angeblich sollte er in der Schusterwerkstatt neue Stiefel anprobieren. Dort wurde er dann von revoltierenden Häftlingen mit einer Axt erschlagen.

Von der SS wurden nahezu alle verbliebenen Häftlinge ermordet und das Lager wurde in Folge der Massenflucht bis Ende 1943 aufgegeben. Vallaster wurde auf dem Soldatenfriedhof in Chełm mit militärischen Ehren beerdigt.

Nachkriegszeit

Lange Zeit blieb es öffentlich unbekannt, dass Vallaster ein Kriegsverbrecher war. In seinem Geburtsort Silbertal wurde er auf dem örtlichen Kriegerdenkmal als Gefallener des 2. Weltkrieges geehrt (Namenseintrag unter der Überschrift: Die Gemeinde Silbertal den Opfern aller Kriege). Dies entsprach dem mehrheitlichen Nachkriegsbedürfnis, „Österreich nur als erstes Opfer des Weltkrieges zu sehen“.

Erst 1986 im Zuge der Waldheim-Affäre wurde die Schweigespirale zur Vergangenheit durchbrochen, und es begann eine Auseinandersetzung mit den Opfer- und Täterrollen von Österreichern während der NS-Zeit. In diesem Kontext ist es auch zu sehen, dass mittlerweile einige Einzelheiten über die Beteiligung von Vallaster am Holocaust aufgedeckt wurden, wobei vieles noch unbekannt ist. Eine zusammenfassende historische Bearbeitung dieses Kapitels österreichischer Geschichte steht noch aus.