30. Oktober 2007

Neue Kulturtafel an A 14 und S 16


Das Montafon verweist auf Barockkirche Bartholomäberg und Maisäßlandschaften

Der Anspruch des Heimatschutzvereins Montafon ist klar: Das Montafon verfügt über eine kulturgeschichtlich bedeutende Landschaft, die ihresgleichen in den Alpen sucht. Zum einen ist das Tal mit seinen zehn Gemeinden weder zu klein noch zu groß und deshalb gut überschaubar, und zum anderen reichen die kulturgeschichtlichen Themen von der Ur- und Frühgeschichte über das Mittelalter, die Barockzeit bis hin in das 19. und frühe 20. Jahrhunderts. Kaum ein Tal in den Alpen kann nebeneinander Reste einer bronzezeitlicher Burganlage, von mittelalterlichen Ruinen, von spätmittelalterlichen und barocken Kirchen, von Zeugnissen der reichen Bergbauvergangenheit sowie der Siedlungsgeschichte im Allgemeinen (Maisäße), als auch von technischen Denkmälern der jüngeren Vergangenheit als Symbolbild des Aufschwungs im 20. Jahrhundert (Kraftwerksbauten an der Litz und der Illwerke) präsentieren. Neben diesen Zeugen existieren auch Themen von hoher kulturgeschichtlicher Relevanz, die sich gerade im Montafon in spannender Form abhandeln lassen, denken wir nur an die saisonale Wanderung der MontafonerInnen oder die Anfänge des Alpinismus und Skisports.

Seit wenigen Tagen machen nun zwei Kulturtafeln an der A 14 (auf Höhe Abfahrt Bludenz-Bürs) und der S 16 (auf Höhe Bings) auf diesen kulturgeschichtlichen Kompetenzanspruch des Tales aufmerksam: Der Hinweis erfolgt auf die Barockkirche Bartholomäberg, die als schönste Dorfkirche und gleichzeitig als bemerkenswertestes Barockensemble des Landes Vorarlberg gelten darf. Ein zweiter Hinweis bezieht sich auf die Maisäßlandschaften des Tales, die etwa in den Beispielen Valschaviel, Ganeu, Tafamunt (Gaschurn), Montiel, Netza, Gweil, Röbi und Rongg (St. Gallenkirch, Gargellen) oder Plazadels und Wachters Dieja (Tschagguns-Gauertal) herausragende Vertreter einer harmonisch in die Landschaft eingebetteten Architektur aus dem 17. bis 19. Jahrhundert besitzt, die auch im internationalen Vergleich einzigartig ist.

Die Initiative zu dieser Tafel ist von den Montafoner Museen ausgegangen und wurde gemeinsam mit dem Stand Montafon, Montafon Tourismus und Vorarlberg Tourismus im Rahmen des Projekts „Zukunft Montafon“ umgesetzt.

HiMAT - 2. Milestone Meeting

Von 2.-5. Novemer 2007 findet in Schwaz das 2. Milestone Meeting (Symposium) des Sonderforschungsbereiches (SFB) HiMAT statt.
Am Sonntag (4.11.) wird u.a. über die neuesten Forschungsergebnisse aus dem Montafon berichtet:

  • R. Krause: Neue Befunde zum Bergbau und zur bronzezeitlichen Besiedlung des Montafons.
  • A.S. Schwarz: Makrofossil‐ und Holzkohlenanalysen von Feuergruben aus der Grabung Bodaweg, Gemeinde Bartholomäberg/Montafon
Mehr Informationen zum SFB auf http://www.uibk.ac.at/himat/.

Aus Anlass seines 300. Geburtstages: Der Barockbildhauer Johann Ladner

Aus Anlass seines 300. Geburtstages: Der Barockbildhauer Johann Ladner (Ausstellungseröffnung)

Johann Ladner wurde 1707 in Kappl (Paznaun) geboren. Er erhielt in der Kappler Zunft der Maurer, Steinmetze, Steinhauer und Zimmerleute eine Ausbildung als Steinmetz und Steinbildhauer, die ihn auch nach Süddeutschland führte. Nach seiner Rückkehr lebte Johann Ladner bis zu seinem Tod am 11. Juni 1779 in Kappl-Diasbach. Heute erinnern an den Kappler Bildhauer fast 270 Skulpturen vorwiegend im Paznaun und im südlichen Vorarlberg. Manche Werke haben den Charakter von Wahrzeichen bekommen, wie zum Beispiel der hl. Johannes von Nepomuk am Bludenzer Stadtbrunnen oder die hier befindlichen Kappler Juden.

Johann Ladners Bedeutung liegt nicht in der Qualität seiner Arbeiten begründet. Es gab zweifellos bessere als ihn, aber es gab keinen, der einen Landstrich wie jenen von Landeck über das Paznaun und das Montafon bis nach Bludenz so flächendeckend mit Werken versorgt hatte. Und es gab keinen barocken Künstler in der näheren oder weiteren Umgebung, der seine Werke so häufig signierte wie Ladner, findet sich doch bei 35 Skulpturen auf der Rückseite der Schriftzug I.L.B. mit beigefügter Jahreszahl! Stilistisch sind seine Werke dem volkstümlich orientierten Spätbarock zuzuordnen, wie ihn in der Region auch die Mitglieder der Imster Künstlerfamilie Witwer vertraten.

Do 29.11.07 Heimatmuseum Schruns 19:30

Heimat Montafon – ein Nachlesebuch aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Heimatschutzvereins Montafon

Heimat Montafon – ein Nachlesebuch aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Heimatschutzvereins Montafon (Buchpräsentation)

Vor einem Jahr haben aus Anlass des 100. Geburtstages des Heimatschutzvereins Montafon neun Referentinnen und Referenten das Thema von verschiedenen Seiten beleuchtet. Nun liegt der Band mit den gesammelten Vorträgen vor. Die Beiträge stammen von Peter Bußjäger, Franz Valandro, Peter Strasser, Renate Huber, Edith Hessenberger und Michael Kasper, Bruno Winkler, Andreas Rudigier, Jürg Ragettli, Bernhard Tschofen sowie Franz Rüdisser, der die 100-jährige Mundartreise Revue passieren lässt.


Mo, 10.12.07 Heimatmuseum Schruns 19:30

Frauenrollen in Vorarlberg

„Durchglüht vom Geiste mädchenhafter Reinheit und mütterlichen Frauentums“ – Frauenrollen in Vorarlberg (Vortrag mit Univ.-Prof. Dr. Gerhard Wanner)

Der Vortragende berichtet kritisch über die Geschichte der vielfältigen Frauenrollen in Vorarlberg zwischen dem Ersten Weltkrieg und der sozialistischen Regierung Kreisky. Fast völlig aus Politik, höherer Bildung und ‚Hochkultur’ ausgeschlossen, waren Frauen jedoch die tragende Säule der Vorarlberger Industrie und kleinbäuerlichen Wirtschaft. Beherrscht von rigorosen konservativen Ideologien, welche von den Frauen meist nicht hinterfragt verinnerlicht wurden, vermochten diese nur zaghaft eine eigene Identität zu entwickeln. Sie waren geprägt vom ideologischen Leitbild ihrer gottgewollten beziehungsweise natürlichen Bestimmung und damit meist Mittel männlicher Macht und Herrschaft.

Mo, 26.11.07 Heimatmuseum Schruns 19:30

Montafon - Das Recht auf den eigenen Namen!



Montafon - Das Recht auf den eigenen Namen! (Buchpräsentation mit Univ.-Doz. Dr. Peter Bußjäger)

Die „Montavon-Affäre“ schlug in den Jahren 1956/57 in Vorarlberg hohe Wogen. Ein Erlass der Landesregierung vom 18. Mai 1956 hatte die Landesdienststellen angeordnet, in Hinkunft, das Wort „Montafon“ mit „v“ zu schreiben. Die Montafoner, die vor Erlass der Anordnung nicht gehört worden waren, waren nicht nur verärgert, sondern betrachteten den Erlass als Angriff auf ihre eigene Identität. Erst am 14. November 1957 fand die Affäre durch die Rücknahme des Erlasses ihr Ende. Lange hatte sich Landeshauptmann Ulrich Ilg gegen diese Maßnahme gesträubt, da er einen schweren Autoritätsverlust befürchtete.

Peter Bußjäger, der zu diesem Thema im Mai vergangenen Jahres im Heimatmuseum einen Vortrag gehalten hatte, hat nunmehr aus den vorhandenen Quellen zur „Montavon-Affäre“ eine Publikation erfasst, die als Band 20 der Montafoner Schriftenreihe vorgestellt wird. Der Autor wird in seinem Vortrag vor allem auf die Rolle der maßgebenden Akteure, Landeshauptmann Ulrich Ilg, Landesamtsdirektor Elmar Grabherr und sein Montafoner Gegenspieler Richard Beitl eingehen, die durch neu hervorgekommene Quellen erhellt wurden.

Do, 22.11.07 Heimatmuseum Schruns 19:30

23. Oktober 2007

Professur Ur- und Frühgeschichte an der Uni Innsbruck

Für die Professur "Ur- und Frühgeschichte" an der Universität Innsbruck bewirbt sich auch Univ.-Prof. Dr. Rüdiger Krause, der unter anderem die archäologischen Ausgrabungen im Montafon leitet. Sein Thema beim Hearing am 29.10.07 (11:15-12:15) lautet: Interaktionsräume und Kulturwandel in der Bronzezeit Europas.
Für das Montafon und die weitere dortige Forschung zur Frühgeschichte wäre die Berufung Rüdiger Krauses auf die Professur in Innsbruck bestimmt von großem Vorteil...

18. Oktober 2007

Silvretta Arena

Der Standard berichtet:

"Die im Montafon auf 2.000 Meter Seehöhe geplante Silvretta-Arena wird nicht gebaut. Der Stand Montafon beschloss am Dienstag mehrheitlich, das Projekt nicht weiter zu betreiben. Man stelle alle Aktivitäten in Bezug auf die Silvretta-Arena ein und stehe für dieses Projekt nicht mehr als Bauträger und Betreiber zur Verfügung, teilte der Stand Montafon in einer Aussendung mit.
Dabei fiel die Entscheidung zur Aufgabe des umstrittenen Vorhabens knapp: Die Abstimmung der zehn Bürgermeister des Montafons erbrachte das Resultat von sechs zu vier Stimmen. Anfang des Monats hatte bereits Landeshauptmann Herbert Sausgruber (V) im Rahmen einer Landtagssitzung empfohlen, das Projekt Silvretta-Arena nicht weiter zu betreiben.
Die Absicht zum Bau der Silvretta-Arena war erst Ende Juli publik geworden und hatte in der Bevölkerung der Talschaft und auch politisch für heftige Diskussionen gesorgt. Geplant war bei Kosten von 4,35 Mio. Euro eine Freiluftarena in 2.000 Meter Seehöhe. Im August 2008 hätte in der Arena bereits das "Festival Zyklus Montafon" mit Herbert Willis "Zyklus Montafon" als Kern stattfinden sollen. (APA)"


Somit ist das Thema offensichtlich erledigt. Hoffentlich hält diese Spaltung der Bürgermeister in zwei Lager (pro: vermutlich Bahl, Netzer, Salzmann, Wachter) aber nicht allzu lange an, denn - wenn auch demokratiepolitisch bedenklich - eine Einrichtung wie der Stand Montafon bietet viele Chancen und gerade in kultureller Hinsicht passiert im Montafon v.a. in Zusammenarbeit mit der Institution "Stand" und dessen engagierten Kulturbeauftragten Dr. Andreas Rudigier enorm viel!

Zur Abstimmung über die Arena hier im Blog: 200 ja- gegenüber 73 nein- bzw. 7 ja, woanders-Stimmen ist ein sehr eindeutiges Ergebnis. Da aber innerhalb kürzester Zeit ca. 150 ja-Stimmen eingegeben wurden, hege ich einen gewissen Verdacht bzgl. Manipulation... Wie dem auch immer sei, das Thema ist vom Tisch und die Volksabstimmung somit obsolet.

16. Oktober 2007

Ein Dorf mit Erinnerungskultur

Ganz prominent im "Standard" vertreten, wirklich lobenswert...:

Während einige der größten Verbrecher der NS-Zeit immer noch auf der Flucht sind (siehe Artikel oben), zeigt ein kleines Dorf im Montafon vor, was es heißt, sich mit seiner Geschichte auseinanderzusetzen. Die Geschichtswerkstatt Silbertal versucht, die Motive des KZ-Aufsehers Josef Vallaster zu ergründen, seinen Weg vom Montafoner Bauernhof in die Tötungsanstalt Schloss Hartheim und die Vernichtungslager Belzec und Sobibór nachzuzeichnen.
Sieben Dorfbewohner arbeiten in der "Werkstatt" mit. Bürgermeister Willi Säly (ÖVP) will zeigen, "dass unsere Gemeinde Erinnerungskultur hat und sich auch unangenehmen Fragen der eigenen Geschichte stellen kann, ohne dabei Porzellan zu zerschlagen". Säly, der nicht nur als Bürgermeister in der Werkstatt mitarbeitet, sondern auch als einer "mit mehr oder weniger belasteten familiären Erinnerungen", sieht es als "wohl schwierigsten Teil der Arbeit" an, jene zu überzeugen, die meinen, man müsse "endlich einen Schlussstrich unter die NS-Geschichte ziehen".
Erster Zeitzeuge in der Geschichtswerkstatt war der Wiener Eucharistinerpater Leo Kuchar. Seine Einschätzung: "Diese Menschen haben ehrliches Interesse, die Vergangenheit restlos aufzuklären." Der 80-Jährige, selbst KZ-Überlebender, stieß bei den Recherchen über den Tod seiner jüdischen Mutter auf Vallasters Namen. "Jetzt hab ich diesen Namen auf dem Kriegerdenkmal wiedergefunden." Eines der Themen in der Geschichtswerkstatt ist, wie man künftig mit dem "Stein des Anstoßes" (Säly) umgehen wird.
Vergangenen Samstag stellte sich die Werkstatt erstmals einer öffentlichen Diskussion. Florian Schwanninger, Leiter der Dokumentationsstelle Schloss Hartheim, referierte über das NS-Euthanasieprogramm. Mindestens zehn Menschen aus dem Montafon wurden in Hartheim als "lebensunwert" ermordet. Josef Vallaster war dort als "Oberbrenner" mitverantwortlich für die Vergasungsmaschinerie.
Nächster Gast in der Geschichtswerkstatt wird Klaus Vallaster sein, der 1942 geborene Sohn des SS-Mannes. Der Berliner Pensionist wird für eine Woche nach Silbertal kommen und mit Leo Kuchar in Hartheim zusammentreffen. Kuchar: "Ich will ihn ermutigen, sich weiter mit seinem Schicksal als Sohn eines Täters auseinanderzusetzen."
Klaus Vallaster hat seinen Vater nie gesehen. 1942, als er geboren wurde, zog der Silbertaler mit dem Vernichtungstross in die Lager Belzec und Sobibór. Dort wurde er am 14. Oktober 1943 beim Lageraufstand erschlagen. (Jutta Berger, DER STANDARD; Printausgabe, 15.10.2007)

3. Oktober 2007

Das Montafon in einem spöttischen Gedicht (1670)

Auszug aus dem Manuskript von Manfred Tschaikner: Ein spöttisches Gedicht über die Gemeinden des Vorarlberger Oberlandes von Rankweil bis Gaschurn aus dem Jahr 1670.

"Daraufhin kündigt der Verfasser an: „Jetzt komme ich ins Montafon hinein." Dort tranken seiner Meinung alle Leute nur gern welschen, also italienischen Wein. Der einheimische war ihnen wohl zu schlecht.
Als man im Montafon ein Nonnenkloster errichten wollte, sei dies auf Grund des Mangels an Jungfrauen nicht möglich gewesen. Die Bewohner des Tals galten nämlich als sexuell sehr freizügig. Bei Frau und Mann gehe es dort sehr ge­schwind zur Sache. Deshalb erzeugten sie auch „manches Nebenkind".
Damit nicht genug, sollen die Montafoner auch auf wirtschaftlichem Gebiet alles eher als träge gewesen sein. Sogar wenn sie sechs Kühe über den Winter zu brin­gen vermochten, genüge ihnen das nicht: Der Mann verdiene sich noch ein Zubrot mit Geigen oder Hackbrettspielen und schicke Frau sowie Kinder zum Betteln von Abfallstoffen aus dem Hanf- oder Flachsanbau.

Von den beiden Nachbargemeinden Galtür und Gaschurn schildert der Ver­fasser eine seiner Meinung nach charak­teristische Begebenheit ausführlicher. So hätten die Tiroler einmal einen Kreuzgang nach Gaschurn unternommen. Andächtig betend und singend seien Männer und Frauen nebeneinander mit den Kreuzen ihres Weges geschritten. Allerdings hätte dabei jeder Zweite sein Paternoster, seine Gebetsschnur, verloren. Als die Geschworenen von Gaschurn vom Vor­haben der Galtürer erfuhren, wollten sie nach altem Brauch ebenfalls ein gutes Werk tun und gingen deshalb mit den Kreuzen auf Galtür zu, und zwar in großer Demut. Jeder Zweite von ihnen soll dabei einen grauen Hut getragen haben. Schließlich begegneten die beiden Züge einander unter einer Tanne im Ganifer, einem Maisäss am Weg von Partenen zum Zeinisjoch. Kaum hätten sie sich er­blickt, hätten sie schon angefangen, über die Gemeindegrenzen zu streiten. Da wollten sie gleich alles in ein Büchlein schreiben.
Eine hochbetagte Frau schlichtete aber den Streit, indem sie erklärte: „Was die Gaschurner als alten Brauch pflegen, das tun die Galtürer auch. Als altes Weib rate ich euch beiden Gemeinden, setzt euch zuerst nieder und esst eine Jause. Dann tut, was ich euch sage: Schlagt euch brav herum, und wer den Kampf gewinnt, der soll in allen Dingen Recht haben." Gleich darauf fielen Gaschurner und Galtürer übereinander her und klopften einander ordentlich die „Häßläuse" - also die Läuse im Gewand - aus. Da aber keine Gruppe die andere besiegen konnte, kam schließlich beiden die gleiche Ehre zu.
Selbst die Geistlichen hielten in dieser Auseinandersetzung erzürnt mit, krümm­ten sich grausam übereinander und bäumten sich gegeneinander auf wie zwei Hähne im „Hennenhaus". Voller Zorn warfen sie sich gegenseitig die Bücher an den „Grind" (derber Ausdruck für Kopf), drohten auch zuzuschlagen, zerrissen einander Hosen und Kutten, so dass schließlich die Bauern die Streithälse auseinander halten mussten, sonst hätten sie nur mehr zerrupfte geistliche Herren gehabt. Am Schluss einigten sich die beiden Parteien darauf, den Streit nicht weiter zu treiben. Auch sollte man über den Vorfall nicht viel Aufhebens machen, denn es müsste sonst wohl jedermann lachen. Dann knieten sie nieder und beteten eine Litanei, damit ihnen der Kreuzgang weder Nutzen noch Schaden bringe. Schließlich gingen beide Parteien auf ihren Wegen in die Kirche beten und legten sich schlafen.

Gleich anschließend an diese Geschichte führt der Autor ein weiteres Ereignis aus Gaschurn an: Erst vor kurzem, am Ge­orgstag, dem 23. April, habe es sich be­geben, dass eine Frau niederkam. (Die damit verbundenen Ereignisse seien „gewisslich" geschehen, obwohl sie der Verfasser des Gedichts nicht selbst mit­erlebt habe. In den Gaschurner Matriken sind jedoch erwartungsgemäß vom 22. April bis 17. Mai 1670 keine Taufen ver­merkt.) Mit viel „Geläuf" und „Weiberwesen" habe die Hebamme das Kind empfangen. Da habe sich große Freude verbreitet. Alle Frauen hätten das Neugeborene auf dem „Sitzte", also auf dem Hinterteilchen, ge­kost. Wenn es ein Knäblein gewesen wäre, hätte es bekanntlich dort in der Nähe ein „Spitzle" gehabt. Darauf achte­ten die Leute aber nicht. Schnell lief die Hebamme in den Speicher, um dem Vater die frohe Botschaft zu verkünden, dass ihm ein Knäblein geboren worden sei. Dafür erhielt sie traditionellerweise auch ein „Mettenbrot" als Belohnung. Die Hebamme schlug dem Vater vor, er solle das Kind nach dem Tagesheiligen Jöri (Jörg) taufen lassen. Kaum hatte der Vater die Botschaft vernommen, rannte er sogar barfuß wie der Wind das Tal hinaus, um das Ereignis dem Pfarrer zu melden. Dann bestellte er die Taufpaten. Schon eilte man zur Taufe, lobte Gott und nannte dem Herrn Pfarrer den Namen, den man sich für das Kind wünschte; Dem Tagesheiligen entsprechend sollte es Jöri heißen. Dann begab man sich nach Hause und verspeiste, nachdem jeder ganz feierlich Platz genommen hatte, das Taufmahl. Irgendwann war es dann an der Zeit, dass die Pflegerin das kleine „Jörili" wickelte. Dazu nahm sie zwei Schmalztücher - also nicht gerade kleine Tücher, in denen man die Alpbutter ins Tal transportierte. Dabei betrachtete die Pflegerin das kleine „Gestältlein" näher und stellte fest, dass der Jöri ein „Maidle-Spältle" hatte. Sofort sprang das anwesende Volk vom Tisch auf und erstarrte: Tatsächlich, das Kind war statt einem Knäblein ein Mädchen! Sofort liefen zehn Männer und zwanzig Weiber, fünf Hackbrettler und vier Geiger wie das Wütende Heer dem Pfarrhof zu. Das Wütende Heer galt als eine mythi­sche Erscheinung, die zu gewissen Zeiten an bestimmten Orten mit Getöse und als große Gefahr für jene, die ihm zufällig begegneten, gesehen worden sein soll. Dem entsprechend erschrak auch der Gaschurner Pfarrer zutiefst. Ihm trat schon der kalte Schweiß aus den Poren, denn er meinte, man wolle ihn fangen.
Dass auch die Leute im Inneren Montafon mit den Pfarrherren nicht immer zimper­lich umgegangen sind, ist vielfach be­legt. Als der Geistliche aber erfuhr, worum es ging, wusste er schnell Rat. Damit man den bereits vergebenen Tauf­namen weiterhin verwenden konnte, nannte er das Kind nun einfach „Jerina". Zum Schluss der Geschichte meinte der Autor: „Ich will darüber nicht mehr viel Wesens machen, denn ihr habt jetzt ge­nug von diesen Weibsbildern."

Anschließend kommt der Verfasser noch einmal auf das Montafon allgemein zu sprechen. Dabei betont er, dass im gan­zen Tal von St. Anton bis Gaschurn „manche schlechte Schuld verloren" gehe, denn es gebe dort große Gauner und arge Witzvögel. In Bludenz lernten sie, entsprechende Beute zu angeln. Dorthin zitierten sie einander nämlich stets vor Gericht, um ihre Schattenfechtereien durchzuführen. Dieser Hang zur Streitsucht wird von Ludwig Vallaster noch 1980 als das „Nationallaster" der Montafoner bezeichnet.
Des Weiteren erwähnt der Schlinser Au­tor, dass die Montafoner viel Schmalz ins Tirol führten, das dort als Mangelware galt. Dabei gehe es den Talbewohnern gut: „Hoho, da singen die Vögel wohl!" Außerdem verfügten sie über viel wel­schen Wein und Böller. Unter diesen Umständen - schreibt der Verfasser des Gedichts - wolle er lieber Richter zu Blu­denz sein als Müller."

Das Montafon im Mittelalter - Burg/Schloss

Auszug aus dem Manuskript von Alois Niederstätter: Neues aus dem "finsteren" Mittelalter.

"Ein Beispiel mag solcherlei erläutern: Im Rahmen der Neubearbeitung der Montafoner Talschaftsgeschichte hatte ich mich mit den dortigen Burgen zu beschäftigen. Die Situation ist schwierig. Durch Baureste angedeutet werden nur zwei Anlagen, die freilich in ihrer Funktion als Burg nicht völlig eindeutig sind: das so genannten „Lorünser Schlössle“ oder „Diebsschlössle“ in kühner Lage auf dem Schlosskopf oberhalb von Lorüns bzw. Stallehr und die noch exponiertere Ruine Valcastiel am Ende der Mustergielschlucht. Des Weiteren hat die vorgebliche Existenz eines Edelgeschlechts „von Zalanz“ dazu angeregt, eine abgegangene Burg in Zalanz (St. Anton im Montafon) zu vermuten. Urkundlich unmittelbar nachweisbar ist keine davon; andererseits kennt die Literatur seit langem ein 1391 genanntes „Schloss Montafon“, das sie allerdings nicht sicher lokalisieren kann.
Am Anfang stehen Friedrich W. Lorinsers „Gedenkblätter“ aus dem Jahr 1868. Lorinser setzte das „Schloss Montafon“ mit dem „Diebsschlössle“ gleich. Ihm folgte 1897 Hermann Sander: „[...] im Zalum erhebt sich der Schlosskopf, auf dem die spärlichen Reste des „Diebsschlössles“ zu sehen sind, vermuthlich die Überbleibsel des Schlosses Montafon, das bekanntlich urkundlich genannt wird. Gütige Mittheilung des Herrn Bezirksschulinspectors E. Fleisch in Bludenz.“
Ausführlicher mit dem Thema befasste sich Andreas Ulmer in seiner 1925 erschienenen Arbeit „Die Burgen und Edelsitze Vorarlbergs und Liechtensteins“. Die Existenz eines „Schlosses Montafon“ stand für ihn bereits außer Zweifel, „indem es, wenn auch nur in einer einzigen Urkunde, allerdings bei einem sehr wichtigen Anlasse, erwähnt wird.“ Im Gegensatz zu Lorinser und Sander hielt Ulmer es für die rätselhafte Anlage Valcastiel, die im Zusammenhang mit dem Montafoner Silberbergbau als Sitz des Bergrichters errichtet worden sei. Dabei folgt er freilich – über weite Strecken wörtlich – einer zwei Jahre älteren Darstellung Josef Zösmairs. Kurz zuvor hatte Stefan Müller die Burg im Klostertal bei Wald am Arlberg gesucht.
Auch in Benedikt Bilgeris Landesgeschichte (1974) fehlt das „Schloss Montafon“ nicht. Im Jahr 1405, während der Appenzellerkriege, hätten die Eschnerberger die Burg Schellenberg Graf Albrechts von Bludenz, die „Montafoner wahrscheinlich dessen Burg Montafun im Schlosstobel von Vandans“ zerstört. In der Anmerkung fügte Bilgeri hinzu, das Schloss Montafon sei 1391 „letztmalig“ erwähnt worden. In diesem Sinn äußerten sich 1985 das DEHIO Handbuch der Kunstdenkmäler Vorarlbergs („Burgruine, im Valcastieltobel, in einzigartiger Lage auf einer inmitten des engen Taleinschnittes senkrecht aufsteigenden, gegen SW gratig gestreckten und an der Spitze nur wenige Meter breiten Felsklippe. Wahrsch. identisch mit der 1391 im Besitz der Grafen von Werdenberg- Heiligenberg genannten und vielleicht 1405 während des Appenzeller Krieges zerstörten Burg Montafon.“) sowie im selben Jahr Franz Josef Huber in seinem „Kleinen Vorarlberger Burgenbuch“.
Angesichts einer dergestalt schwergewichtigen Literaturpräsenz des „Schlosses Montafon“ scheint sich eine Diskussion zu erübrigen. Da aber sowohl am Lorünser Schloßkopf wie auf Valcastiel archäologische Untersuchungen stattfanden bzw. stattfinden, erschien eine neuerliche
Sichtung der Quellen angebracht. Jene Urkunde, in der das „Schloss Montafon“ aufscheinen soll, ist für die hiesige Landesgeschichte von großer Bedeutung: Als so genannte „Vorarlberger Eidgenossenschaft“ gilt sie als Gründungsakt der Vorarlberger Landstände. Am 18. August 1391 schlossen Graf Albrecht III. von Werdenberg-Heiligenberg-Bludenz, der Landesherr der Herrschaft Bludenz-Montafon, und die damals bereits habsburgische Stadt und Herrschaft Feldkirch ein auf 40 Jahre befristetes Bündnis, das beide Seiten zur Waffenhilfe im Falle der Landesverteidigung verpflichtete und darüber hinaus gerichtliche Zuständigkeiten regelte. Zwei Ausfertigungen sind erhalten, eine im Vorarlberger Landesarchiv in Bregenz, eine Zweite im Stadtarchiv Bludenz. Ein erster Blick auf den Text scheint die tradierten Vorstellungen zu bestätigen: Tatsächlich ist von zwain schlossen Bludentz und Montafun die Rede. Andreas Ulmer hätte also zurecht dem „Schloss Montafon“ „besondere Bedeutung“ zugebilligt, das „mit der Hauptburg der Herrschaft Bludenz, der Residenz der Grafen und Vögte, nämlich dem Schloß Bludenz, [...] in gleicher Linie aufgeführt wird“.
Allerdings – hier regen sich erste Zweifel: Eine zentrale Dynastenburg, vergleichbar mit dem Bregenzer Schloss, der alten Montfort oder der Feldkircher Schattenburg soll nur ein einziges Mal erwähnt und zudem nicht sicher lokalisierbar sein? Da die Überlieferungslage zur Geschichte der Grafen von Werdenberg im südlichen Vorarlberg verhältnismäßig gut ist, können weitere Herrschaftsverträge zur Überprüfung herangezogen werden. Am 5. August 1382, gerade neun Jahre vor Abschluss der Vorarlberger Eidgenossenschaft, hatten die Grafen von Werdenberg-Heiligenberg ihren Besitz geteilt, wobei Albrecht III. Bludenz und das Montafon durch Losentscheid zugefallen waren. In der darüber ausgefertigten Urkunde heißt es: Und ist mir dem vorgenanten graf Albreht dem Elttern mit dem louz ze tail worden und gefallen Bludentz, die stat, Montafphun das tal die vesti ze Bürs, die vesti ze Schellenberg, die vesti zuom Eglolfz [...].Ein „Schloss Montafon“ scheint nicht auf.
Am 5. April 1394 verkaufte Graf Albrecht III. seinen Besitz an die Herzoge von Österreich: Von erst Bludentz, burg und stat, item die veste Purs, item den hof zu Sand Peter und das tale zu Muntafun mit sampt allen den leuten, nutzen, zinsen stewrn, zo(e)llen, gerichten, velllen, manscheften und lehenschaften, geistlichen und weltlichen, holtz, veld, wasser und wayd, wildbennen und vyschweiden und mit allen den nutzen, eren, rechten und wirden.
Wieder – nur knapp drei Jahre nach der „Eidgenossenschaft“ – fehlt das „Schloss Montafon“. Gerade in einer Verkaufsurkunde, die den zu übertragenden Besitz genau spezifiziert, würde eine Dynastenburg aber kaum unerwähnt bleiben. Aufgrund dieser Indizien ist eine neuerliche,
genauere Analyse des Urkundentextes von 1391 angebracht. Es heißt dort:
Wir Graf Albrecht von Werdenberg vom Hailigenberg der elter herr ze Bludentz und wir dis nachbenempten sin lüt all gemainlich rich und arm edel und unedel des ersten der vogt der rát und die burger all gemainlich rich und arm der statt ze Bludentz darnach die lút gemainlich in dem tal genant Montafun und alle die lút die in den hof ze sant Peter by Bludentz geho(e)rent darzu(o) das tal und gericht in dem Silberberg und alle die lut die in dem selben tal und gericht sesshafft und wonhafft sint es sigint silbrer wallser frygen vogtlút ald aigen lút der burgherr uff der vesti Búrs und alle die lut die darzu(o) geho(e)rent und mit namen alle die lut die wir vorgenanter Graf Albrecht vor den zwain schlossen Bludentz und Montafun in Walgo(e) habint wa die in dem tal sesshaft alder wonhafft sint darnach die burgherren baid auf der alten und der nuwen burg Schellenberg die gelegen sint an dem Eschnerberg und alle die lút die zu(o) den selben zwain vestinen geho(e)rent wa die auch sesshafft alder wonhafft sint und darzu(o) der keller ze Wolffurt und alle die lut die darzu(o) und darin geho(e)rint und och mit namen alle die lút die wir vorgenanter graf Albrecht ob der Bregentz heruffwert im land habint wa die och sesshafft oder wonhafft sint [...]; sowie in weiterer Folge: [...] graf Albrecht der elter vor den zwain schlossen Bludentz und Montafun sitzzent hat in Walgo(e) [...].
Der fragliche Texabschnitt bezeichnet alle jene Menschen, die „vor“ den zwain schlossen Bludentz und Montafun im Walgau – wo auch immer in diesem Tal – leben und der Herrschaft Albrechts unterstanden, also die werdenbergischen Untertanen in den Herrschaften Sonnenberg, Blumenegg und Jagdberg. Es handelt sich also unzweifelhaft um eine Raumbestimmung, die aber kaum mit der Nennung zweier Punkte in Einklang zu bringen ist.
Könnte „Schloss“ nicht noch eine andere Bedeutung als „Burg“ besessen haben? Tatsächlich lehrt bereits ein Blick in das „Schwäbische Wörterbuch“, dass „Schloss“ in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts auch räumlich verwendet wurde und dann ein Herrschaftsgebiet bezeichnete. Wenn nun die zwain schlossen Bludentz und Montafun in diesem Sinn verstanden werden, ist das Rätsel gelöst: Die Urkunde von 1391 nennt jene Leute des Grafen, die im Walgau „vor“ – also außerhalb - der beiden, übrigens räumlich getrennten, Herrschaften Bludenz und Montafon lebten.
Angesichts dieser Ergebnisse – fehlende Nennung in zentralen herrschaftlichen Urkunden, Wortlaut der Urkunde von 1391 sowie Nachweis der Möglichkeit, das Wort „Schloss“ für „Herrschaftsgebiet“ zu verwenden – kann das „Schloss Montafon“ getrost dorthin verwiesen werden, wo es hingehört: ins Reich der historischen Fiktion! Beeindruckend bleiben freilich die
Rezeptionsketten sowie die Schlüsse, die aus einer singulären Nennung gezogen wurden.
Archäologische bzw. bauanalytische Befunde weisen beim so genannten „Diebsschlössle“ im Übrigen darauf hin, dass es sich zwar um eine mittelalterliche Anlage handelte, die aber offenkundig nicht fertig gestellt worden ist. Auch die Reste eines etwa 3,5 m x 3,5 m großen
turmartigen Baues von Valcastiel sind ins Mittelalter zu datieren, und zwar bereits in das 12. Jahrhundert. Ihre Funktion in völlig abgeschiedener, äußerst exponierter und nur über einen Klettersteig zugänglicher Lage gilt es jedoch noch zu erforschen."

Heute Abend, 3.10.07 um 19:30 im Montafoner Heimatmuseum: Alois Niederstätter, Landesarchivar und Professor für Mittelaltergeschichte, hat sich im Rahmen des zweiten Bandes zur Montafoner Geschichte (die Publikation erfolgt demnächst) mit der Periode des Mittelalters in unserer Talschaft auseinandergesetzt und wird an diesem Abend Auszüge daraus referieren.

Markterhebung von Schruns

Manuskript von Ulrich Nachbaur zum Vortrag: Die Markterhebung von Schruns - eine schwierige Geburt

vgl. auch:

Die Markterhebung von Schruns - Marktgemeinden in Vorarlberg (= Montafoner Schriftenreihe 13)

Nachbaur/Strasser, 2004

Buch Kurzinfo
Autoren: Ulrich Nachbaur, Peter Strasser
Titel: Die Markterhebung von Schruns, Marktgemeinden in Vorarlberg
Untertitel: Montafoner Schriftenreihe 13
Erscheinungsjahr: 2004
Seiten: 228
ISBN. 3-902225-13-0

Der 1. Juli 1928 war kein gewöhnlicher Tag in der Geschichte von Schruns: An diesem Sonntag feierten nämlich die Montafoner die Erhebung von Schruns zu Marktgemeinde. Das Recht, diesen Titel tragen zu dürfen, hatte der Vorarlberger Landtag der Gemeinde bereits am 21. Oktober 1927 verliehen. Es bedurfte in der Folge einer längeren Vorlaufzeit, dieses Ereignis auch gebührend zu feiern. Vor allem der prächtige Festumzug, organisiert von Schulleiter und Museumsdirektor Johann Wiederin und geplant vom Kunstmaler Hans Bertle, ist von der damaligen Veranstaltung durch zahlreiches Fotomaterial in Erinnerung geblieben.

50 Jahre später erinnerten sich die Schrunser des Titels „Marktgemeinde“: Das Jubiläum der Markterhebung (eigentlich der Feierlichkeiten) wurde im Juli 1978 mit einer großen Veranstaltung (Landestrachtenfest) und einer Ausstellung im wieder eröffneten Heimatmuseum gefeiert.

Geschichte der Marktgemeinde Schruns

Der Name ist rätoromanisch und soll sich von "Äscherun" ableiten, was etwa Riesenahorn bedeuten würde. 1209 ist der Ort zum erstenmal als "Scrunis" erwähnt. Später stößt man auf die Form "Scharuns".

1433 nennt man die Kirche St. Josen zu Schruns. Ab 1579 ist Schruns eine eigene Pfarrei, das ganze Gebiet der Außerlitz blieb aber noch länger bei Bartholomäberg.

Im Jahre 1622 wurde Schruns von Truppen geplündert. Die Pest raffte viele Menschenleben im Jahre 1629 dahin und im schweren Lawinenwinter 1689 gab es vier Tote auf dem Stiefen. 1682 brannte die Pfarrkirche ab. Da das mitten am Tage geschah, konnten die umliegenden Häuser gerettet werden.

1696 wurde in Schruns die Handwerkerzunft des Tales gegründet und als erster Zunftmeister Ulrich Marent bestellt. Im Jahre 1754 zählte Schruns bereits 1230 Einwohner. 1762 verwü­steten die Flüsse Ill und Litz bei einer großen Überschwemmung die Felder des Ortes. 20 Häuser fielen den Fluten zum Opfer. Nach langen Bemühungen erhielt Schruns im Jahre 1775 ein eigenes Gericht und gleichzeitig das Recht, Märkte zu halten.

Zwischen 1796 und 1799 herrschte in Schruns Kriegsnot. Einheimische Schützen unter Land­amann Batlogg nahmen an Kämpfen gegen Napoleons Truppen bei Feldkirch und am Schlap­pinerjoch teil. 1800 wurde der Ort besetzt. In den Jahren 1805 bis 1814 gehörte das Montafon zu Bayern. Zu dieser Zeit wurde die Talstraße durch Schruns gebaut. 1867 wird die derzeitige, eben erbaute Kirche bezogen. Die heimische Künstlerfamilie Bertle arbeitet noch später an der Ausschmückung des Gottes­hauses.

Um 1870 kamen die ersten Feriengäste nach Schruns und damit begann seine Ent­wicklung als Fremdenverkehrsort. Allmählich wurden die ersten Hotels erbaut und 1905 die Montafonerbahn eröffnet, die von dem zuvor erstellten Elektrizitätswerk an der Litz betrie­ben wird. Bis 1900 hatte Schruns bereits rund 350 bewohnte Häuser, bis zum ersten Welt­kriege erhöhte sich diese Zahl bedeutend. 1910 erreichte Schruns die Zahl von rund 1600 Einwoh­nern, die es um 1850 schon einmal aufgewiesen hatte. Im Jahre 1928 wurde Schruns offiziell zur Marktgemeinde erhoben.

Seit dem zweiten Weltkriege erlebte Schruns ein gewaltiges Anwachsen der Wirtschaft und des Fremdenverkehrs. Die Einwohnerzahl nähert sich 3800.

Die Übernachtungsziffern steigen von Jahr zu Jahr und Schruns bemüht sich, durch moderne Fremdenverkehrseinrichtungen, komfortable Hotels, gemütliche Cafés und Restaurants, gut geführte Fachgeschäfte und vieles andere mehr, den Gästen den Aufenthalt angenehm zu ge­stalten. So ist es verständlich, dass ein großer Teil der Urlauber auch in den folgenden Jahren wiederkommt.

Anno 1972

Das Montafon und seine Geschichte

Der Name Montafon entwickelte sich aus rätoromanischen Sprachwurzeln. Erklärungsversuche wurden viele unternommen. Die sprachkundliche Forschung deutete ihn einmal als Grubenberg oder durchlöcherten Berg, womit sie offensichtlich auf die Tradition des Tales im Bereich des Bergbaus Rücksicht nahm. Ein andermal sprach die heimatkundliche Forschung vom Bergbrunn oder vom Stillalpenberg; wieder andere Deutungsversuche sahen in der Bezeichnung Montafon gar die Verdopplung des Begriffs Berg.
Das Montafon liegt im Süden Vorarlbergs und am südwestlichen Ende Österreichs. Es wird gleich von drei mächtigen Gebirgszügen eingekesselt: Im Nordwesten sind es die markanten Kalkfelsen des Rätikons, im Süden begegnen wir dem kristallinen zentralalpinen Gestein der teilweise vergletscherten Silvretta und im Nordosten dem Verwall. Die einzelnen Gipfel tragen klingende Namen wie Schesaplana, Zimba, Drei Türme, Sulzfluh, Madrisa, Litzner, Piz Buin – er ist mit 3312 m der höchste von allen – Vallüla, Patteriol oder Maderer.
Das Klima wird im Wesentlichen durch die alpine Höhenlage und die Stauwirkung der Gebirge bestimmt: Die meist vom Atlantik kommenden Wolkenfelder stauen sich an den hohen Bergen und bringen dem Tal reichlich Niederschläge; die alpine Höhenlage mit einer Mindesthöhe von 600 Metern über dem Meeresspiegel bedingt in der Folge lange Winter.
Die Berge sind es letztlich auch, die den Verlauf der Geschichte dieses Tales ganz entscheidend beeinlusst haben: Die alpine Lage prägte die Menschen und ihre Kultur. Sowohl die großen historischen Ereignisse und Entwicklungen als auch beinahe jede kleine Randnotiz der Geschichte wurden und werden noch immer von der Besonderheit der Topografie bestimmt. Wie neueste Forschungen belegen, war das Montafon zumindest im Bereich des heutigen Bartholomäberg bereits in vorchristlicher Zeit dauernd besiedelt. Zusammenhänge mit einem möglichen Bergbau in jener Zeit sind naheliegend, wenn auch noch nicht nachgewiesen. Bronze- und eisenzeitliche Funde im Gebiet um Gargellen, in Partenen, Bartholomäberg sowie bei der Tschaggunser Mittagsspitze legen auch Zeugnis menschlichen Daseins im Montafon im zweiten und ersten vorchristlichen Jahrtausend ab. Verkehrswege über das Zeinisjoch und das Schlappiner Joch dürften vor mehr als 2000 Jahren eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben.
Im Laufe des Mittelalters nahm die Bedeutung des Montafons als saisonale und als Dauersiedlung stetig zu. Zu Beginn ist von einer zumeist sommerlichen Nutzung als Viehweidegebiet von Walgauer und Engadiner Bauern auszugehen, ehe im Hochmittelalter erste rätoromanische Dauersiedlungen entstanden sein dürften. Den Zuzug der ersten Siedler förderte im besonderen der seit dem Hochmittelalter deutlich nachweisbare Bergbau. Im Gebiet von Silbertal-Kristberg-Bartholomäberg wurde vor allem Silber und Kupfer abgebaut. Hier ließen sich die ersten Siedler auf
Dauer nieder, Bartholomäberg gilt heute als die älteste Ortschaft des Montafons. Neben den Bergknappen sorgten auch die vorwiegend im 14. Jahrhundert aus dem Schweizer Kanton Wallis eingewanderten Walser für die Bewirtschaftung hochgelegener Gebiete und die Überlagerung des bis dahin vorherrschenden rätoromanischen Elements.
In nachmittelalterlicher Zeit kam der Bergbau zwar schnell zum Erliegen, die neuzeitliche Erschließung der hochalpinen Zonen für die Alpwirtschaft und Verkehrswege, welche den zunehmenden Handel (Saumhandel) mit den südlich gelegenen Nachbarn förderten, wurde weitergeführt. Gerade die Bewirtschaftung der Alpen, die wohl erst im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt erleben sollte, bildete eine wichtige Grundlage für die funktionierende Landwirtschaft und die damit verbundene Viehzucht und somit letztlich für das Überleben der Bevölkerung. Die Trennung der zu bewirtschaftenden Güter in Heimgüter, Maisäße und Alpen zeigt wie eng sich die Bauern am Verlauf der Jahreszeiten orientierten: Je wärmer die Jahreszeit sich präsentierte, desto höher stiegen sie mit ihrem Vieh, um auch in den entlegensten Winkeln nach Weidegütern zu suchen.
Andrerseits schränkte die alpine Lage des Tales und die damit verbundene Kargheit des Bodens sowie die rechtlichen Vorschriften der Realteilung die wirtschaftlichen Möglichkeiten derart ein, dass viele Bewohner vor allem im 18. und 19. Jahrhundert ihren Lebensunterhalt außerhalb des Tales suchen mussten. Als Maurer, Verputzer, Stukkateure und Gipser, als Sensenhändler, Krauthobler, Hausierer, Störhandwerker, Ährenleserinnen und Kornschneiderinnen arbeiteten die Montafonerinnen und Montafoner während der Sommermonate in Deutschland, in der Schweiz und in Frankreich. Auch den Kindern blieb dieses Schicksal nicht erspart, wie das traurige Kapitel der „Schwabenkinder“ zeigt.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts rückten die Berge verstärkt in den Mittelpunkt wirtschaftlicher Überlegungen der Einheimischen. Waren sie bislang eher hinderlich im Hinblick auf die Schaffung geeigneter Möglichkeiten für den Lebensunterhalt, so eröffnete sich nunmehr eine ungeahnte Chance: Die Berge, die über Jahrhunderte auf Grund ihrer Beschaffenheit (Gletscher, Felsen, rauhes Klima) und zum Teil auch abergläubischer Motive wegen gemieden worden waren, wandelten sich nunmehr zu einem wichtigen Instrument des wirtschaftlichen Überlebens für die Talbewohner. Die in erster Linie als Folge der Industriellen Revolution sich entwickelnde Rückbesinnung auf die Natur, die gerade in den städtischen Ballungszentren festgestellt werden konnte, ließ die Alpenwelt zu einem markanten Anziehungspunkt einer durch die Industrie reich gewordenen aber auch vermehrt nach der natürlichen Unberührtheit strebenden Bevölkerungsschicht werden. Der Großteil der markanten Gipfel wurde in dieser Zeit erstbestiegen. So standen etwa 1848 und 1865 erstmals Menschen auf der Zimba beziehungsweise auf dem Piz Buin. Der Fremdenverkehr nahm seinen Anfang und entwickelte sich schließlich durch die Bildung großer Alpenvereine und lokaler „Verschönerungsvereine“ in organisierter Form. Die Bergwelt des Montafons und ihre Ressourcen sollten aber im 20. Jahrhundert noch mehr als je zuvor die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Tales beeinflussen: Ende des 19. Jahrhunderts erkannten die ersten Schifahrer, dass die Berge auch im Winter ihren Reiz auszuüben vermögen. In der Zwischenkriegszeit entstanden die ersten Schischulen, die Touristen nützten die Möglichkeit, Schikurse zu belegen. Die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg konnten den ansetzenden Höhenflug des Wintertourismus zwar noch verzögern, nicht jedoch verhindern. Großzügig ausgebaute Schiarenen bestimmen deshalb am Ende des Jahrtausends das Bild des Montafons und seiner Berglandschaft.
Das veränderte Niveau des allgemeinen Wohlstands im Montafon begründete neben der Ausbildung des Winter- und Sommerfremdenverkehrs noch ein weiterer Umstand: Das in den Bergen reichlich vorhandene Wasser und die hohen Gefälle ermöglichten die Schaffung von Wasserkraft für die Stromgewinnung, die um die Jahrhundertwende völlig neue Perspektiven für die Wirtschaft, den Fremdenverkehr sowie für die allgemeine Lebenssituation der Einheimischen eröffnete. Eine nachhaltige Veränderung der sozialen Verhältnisse im Montafon brachte vor allem die Gründung der Vorarlberger Illwerke in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Zahlreiche neue Arbeitsplätze wurden geschaffen; die einzelnen Kraftwerke und im besonderen die Stauseen sowie die notwendigen Verkehrsverbindungen wie etwa die Silvretta-Hochalpenstraße bewirkten zusätzliche Impulse für den Tourismus.
Heute leben etwa 18.000 Menschen im Montafon. Der Dienstleistungssektor hat jenen der Land und Forstwirtschaft längst weit überflügelt und bestimmt nunmehr das Tätigkeitsfeld von fast zwei Dritteln der Bevölkerung.