Der Name Montafon entwickelte sich aus rätoromanischen Sprachwurzeln. Erklärungsversuche wurden viele unternommen. Die sprachkundliche Forschung deutete ihn einmal als Grubenberg oder durchlöcherten Berg, womit sie offensichtlich auf die Tradition des Tales im Bereich des Bergbaus Rücksicht nahm. Ein andermal sprach die heimatkundliche Forschung vom Bergbrunn oder vom Stillalpenberg; wieder andere Deutungsversuche sahen in der Bezeichnung Montafon gar die Verdopplung des Begriffs Berg.
Das Montafon liegt im Süden Vorarlbergs und am südwestlichen Ende Österreichs. Es wird gleich von drei mächtigen Gebirgszügen eingekesselt: Im Nordwesten sind es die markanten Kalkfelsen des Rätikons, im Süden begegnen wir dem kristallinen zentralalpinen Gestein der teilweise vergletscherten Silvretta und im Nordosten dem Verwall. Die einzelnen Gipfel tragen klingende Namen wie Schesaplana, Zimba, Drei Türme, Sulzfluh, Madrisa, Litzner, Piz Buin – er ist mit 3312 m der höchste von allen – Vallüla, Patteriol oder Maderer.
Das Klima wird im Wesentlichen durch die alpine Höhenlage und die Stauwirkung der Gebirge bestimmt: Die meist vom Atlantik kommenden Wolkenfelder stauen sich an den hohen Bergen und bringen dem Tal reichlich Niederschläge; die alpine Höhenlage mit einer Mindesthöhe von 600 Metern über dem Meeresspiegel bedingt in der Folge lange Winter.
Die Berge sind es letztlich auch, die den Verlauf der Geschichte dieses Tales ganz entscheidend beeinlusst haben: Die alpine Lage prägte die Menschen und ihre Kultur. Sowohl die großen historischen Ereignisse und Entwicklungen als auch beinahe jede kleine Randnotiz der Geschichte wurden und werden noch immer von der Besonderheit der Topografie bestimmt. Wie neueste Forschungen belegen, war das Montafon zumindest im Bereich des heutigen Bartholomäberg bereits in vorchristlicher Zeit dauernd besiedelt. Zusammenhänge mit einem möglichen Bergbau in jener Zeit sind naheliegend, wenn auch noch nicht nachgewiesen. Bronze- und eisenzeitliche Funde im Gebiet um Gargellen, in Partenen, Bartholomäberg sowie bei der Tschaggunser Mittagsspitze legen auch Zeugnis menschlichen Daseins im Montafon im zweiten und ersten vorchristlichen Jahrtausend ab. Verkehrswege über das Zeinisjoch und das Schlappiner Joch dürften vor mehr als 2000 Jahren eine nicht unerhebliche Rolle gespielt haben.
Im Laufe des Mittelalters nahm die Bedeutung des Montafons als saisonale und als Dauersiedlung stetig zu. Zu Beginn ist von einer zumeist sommerlichen Nutzung als Viehweidegebiet von Walgauer und Engadiner Bauern auszugehen, ehe im Hochmittelalter erste rätoromanische Dauersiedlungen entstanden sein dürften. Den Zuzug der ersten Siedler förderte im besonderen der seit dem Hochmittelalter deutlich nachweisbare Bergbau. Im Gebiet von Silbertal-Kristberg-Bartholomäberg wurde vor allem Silber und Kupfer abgebaut. Hier ließen sich die ersten Siedler auf
Dauer nieder, Bartholomäberg gilt heute als die älteste Ortschaft des Montafons. Neben den Bergknappen sorgten auch die vorwiegend im 14. Jahrhundert aus dem Schweizer Kanton Wallis eingewanderten Walser für die Bewirtschaftung hochgelegener Gebiete und die Überlagerung des bis dahin vorherrschenden rätoromanischen Elements.
In nachmittelalterlicher Zeit kam der Bergbau zwar schnell zum Erliegen, die neuzeitliche Erschließung der hochalpinen Zonen für die Alpwirtschaft und Verkehrswege, welche den zunehmenden Handel (Saumhandel) mit den südlich gelegenen Nachbarn förderten, wurde weitergeführt. Gerade die Bewirtschaftung der Alpen, die wohl erst im 19. Jahrhundert ihren Höhepunkt erleben sollte, bildete eine wichtige Grundlage für die funktionierende Landwirtschaft und die damit verbundene Viehzucht und somit letztlich für das Überleben der Bevölkerung. Die Trennung der zu bewirtschaftenden Güter in Heimgüter, Maisäße und Alpen zeigt wie eng sich die Bauern am Verlauf der Jahreszeiten orientierten: Je wärmer die Jahreszeit sich präsentierte, desto höher stiegen sie mit ihrem Vieh, um auch in den entlegensten Winkeln nach Weidegütern zu suchen.
Andrerseits schränkte die alpine Lage des Tales und die damit verbundene Kargheit des Bodens sowie die rechtlichen Vorschriften der Realteilung die wirtschaftlichen Möglichkeiten derart ein, dass viele Bewohner vor allem im 18. und 19. Jahrhundert ihren Lebensunterhalt außerhalb des Tales suchen mussten. Als Maurer, Verputzer, Stukkateure und Gipser, als Sensenhändler, Krauthobler, Hausierer, Störhandwerker, Ährenleserinnen und Kornschneiderinnen arbeiteten die Montafonerinnen und Montafoner während der Sommermonate in Deutschland, in der Schweiz und in Frankreich. Auch den Kindern blieb dieses Schicksal nicht erspart, wie das traurige Kapitel der „Schwabenkinder“ zeigt.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts rückten die Berge verstärkt in den Mittelpunkt wirtschaftlicher Überlegungen der Einheimischen. Waren sie bislang eher hinderlich im Hinblick auf die Schaffung geeigneter Möglichkeiten für den Lebensunterhalt, so eröffnete sich nunmehr eine ungeahnte Chance: Die Berge, die über Jahrhunderte auf Grund ihrer Beschaffenheit (Gletscher, Felsen, rauhes Klima) und zum Teil auch abergläubischer Motive wegen gemieden worden waren, wandelten sich nunmehr zu einem wichtigen Instrument des wirtschaftlichen Überlebens für die Talbewohner. Die in erster Linie als Folge der Industriellen Revolution sich entwickelnde Rückbesinnung auf die Natur, die gerade in den städtischen Ballungszentren festgestellt werden konnte, ließ die Alpenwelt zu einem markanten Anziehungspunkt einer durch die Industrie reich gewordenen aber auch vermehrt nach der natürlichen Unberührtheit strebenden Bevölkerungsschicht werden. Der Großteil der markanten Gipfel wurde in dieser Zeit erstbestiegen. So standen etwa 1848 und 1865 erstmals Menschen auf der Zimba beziehungsweise auf dem Piz Buin. Der Fremdenverkehr nahm seinen Anfang und entwickelte sich schließlich durch die Bildung großer Alpenvereine und lokaler „Verschönerungsvereine“ in organisierter Form. Die Bergwelt des Montafons und ihre Ressourcen sollten aber im 20. Jahrhundert noch mehr als je zuvor die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Tales beeinflussen: Ende des 19. Jahrhunderts erkannten die ersten Schifahrer, dass die Berge auch im Winter ihren Reiz auszuüben vermögen. In der Zwischenkriegszeit entstanden die ersten Schischulen, die Touristen nützten die Möglichkeit, Schikurse zu belegen. Die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg konnten den ansetzenden Höhenflug des Wintertourismus zwar noch verzögern, nicht jedoch verhindern. Großzügig ausgebaute Schiarenen bestimmen deshalb am Ende des Jahrtausends das Bild des Montafons und seiner Berglandschaft.
Das veränderte Niveau des allgemeinen Wohlstands im Montafon begründete neben der Ausbildung des Winter- und Sommerfremdenverkehrs noch ein weiterer Umstand: Das in den Bergen reichlich vorhandene Wasser und die hohen Gefälle ermöglichten die Schaffung von Wasserkraft für die Stromgewinnung, die um die Jahrhundertwende völlig neue Perspektiven für die Wirtschaft, den Fremdenverkehr sowie für die allgemeine Lebenssituation der Einheimischen eröffnete. Eine nachhaltige Veränderung der sozialen Verhältnisse im Montafon brachte vor allem die Gründung der Vorarlberger Illwerke in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. Zahlreiche neue Arbeitsplätze wurden geschaffen; die einzelnen Kraftwerke und im besonderen die Stauseen sowie die notwendigen Verkehrsverbindungen wie etwa die Silvretta-Hochalpenstraße bewirkten zusätzliche Impulse für den Tourismus.
Heute leben etwa 18.000 Menschen im Montafon. Der Dienstleistungssektor hat jenen der Land und Forstwirtschaft längst weit überflügelt und bestimmt nunmehr das Tätigkeitsfeld von fast zwei Dritteln der Bevölkerung.
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