28. September 2007
Montafoner Bergwelt
In dieser Zeit erfolgten auch die Erstbesteigungen der markanten Gipfel. So standen etwa 1848 und 1865 erstmals Menschen auf der Zimba und dem Piz Buin. Der Tourismus nahm seinen Anfang und entwickelte sich schließlich durch die Bildung großer Alpenvereine und lokaler „Verschönerungsvereine“ in organisierter Form. Die Bergwelt des Montafons und ihre Ressourcen sollten aber im 20. Jahrhundert noch mehr als je zuvor die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des Tales beeinflussen: Ende des 19. Jahrhunderts erkannten die ersten Skifahrer, dass die Berge auch im Winter ihren Reiz auszuüben vermögen. In der Zwischenkriegszeit entstanden die ersten Skischulen. Die Weltwirtschaftskrise und der Zweite Weltkrieg konnten den ansetzenden Höhenflug des Wintertourismus zwar noch verzögern, nicht jedoch verhindern.
Heute präsentiert sich das Montafon als großzügig ausgebaute Skiarena mit perfekter Infrastruktur. 62 Anlagen – vier Kabinenbahnen, 10 Einseilumlaufbahnen, ein Achtersesselbahn, fünf Sechsersesselbahnen, sechs Vierersesselbahnen, zwei Dreiersesselbahnen, zehn Doppelsesselbahnen, ein Einersessellift, 23 Schlepp-, Kinder- und Tellerlifte, zwei Skitunnel (37 m bzw. 470 m) und und Tunnelbus (Vermunt – Bielerhöhe) sorgen für den Transport von 16.000 Wintersportfreunden pro Stunde zu den 222 km Skiisten. Die zehn Skischulen im Montafon bieten im Winter 2007/2008 eine Vielfalt neuer Aktivitäten an. Drei Naturrodelbahnen, 20 Langlaufloipen, acht Skikindergärten, eine überdachte Eishalle sowie der Intersport Nova Park – der größte Funpark mit Boardercrossstrecke, Halfpipe und vielen weiteren Attraktionen – komplettieren das breit gefächerte sportliche Freizeit-Angebot im Winter. Die Wintersportausstellung „Einst und jetzt“ in Tschagguns gibt Einblicke in die fast 100-jährige Geschichte des Wintersports im Montafon.
Noch mehr zu Josef Vallaster
An overview of the German and Austrian SS and Police Staff
"VALLASTER, Josef SS-Scharführer05/02/1910 - 14/10/1943
BACKGROUND:
Born in Silbertal (Austria). Served at Hartheim as "chief burner". He was allowed to open the gas tap.
SERVICE AT BELZEC:
Only for in Belzec for a short time. Helped to construct the camp.
SERVICE AT SOBIBOR:
One of the leaders in Camp III. There he supervised the gassing, burying and cremating. He often drove the narrow gauge locomotive which transported infirm and old people to Camp III. Frenzel called him cruel.
FATE:
Killed during the Sobibor revolt. In 1988 in Silbertal the German Historian Peter Witte discovered a monument with the inscription "Die Gemeinde Silbertal den Opfern der Kriege" (The community of Silbertal to the victims of the wars), on which Vallasta's name was inscribed." (
27. September 2007
Josef Vallaster aus dem Silbertal - Massenmörder in Hartheim und Sobibor
Seff Dünser über Josef Vallaster, "Vorarlberger Nachrichten", 14. Juni 2007 - lesen
Interview mit Klaus Vallaster, dem Sohn von Josef Vallaster, Vorarlberger Nachrichten, 23./24. Juni 2007 - lesen
In einem Leserbrief wird die Faktizität des Holocaust angezweifelt - unter Berufung auf einen in der "Wiener Zeitung" erschienen Artikel von Herbert Schaller, Vorarlberger Nachrichten, 19. Juni 2007 - lesen
Harald Walser in einem Kommentar zur Debatte um Josef Vallaster, Vorarlberger Nachrichten, 25. Juni 2007 - lesen
Artikel über Leo Kuchar, dessen Mutter in Sobibor ermordet wurde, Vorarlberger Nachrichten, 26. Juli 2007 - lesen
Rechtsprechung vor 500 Jahren
Bludenzer Obrigkeiten bestimmten über Montafoner Streitigkeiten
Nicole Ohneberg hielt eingangs fest: Die Märzengerichtsprotokolle enthalten keine Gruselgeschichten von grauenvollen Strafen, welchen die Montafonerinnen und Montafoner im ausgehenden Mittelalter ausgesetzt worden sind. Die Historikerin aus Hard weiß wovon sie spricht. Sie hat in einem sechsjährigen Forschungsprojekt die Märzengerichtsprotokolle untersucht und damit eine wesentliche Quelle für die Landesgeschichte erschlossen. Es mag für viele Montafonerinnen und Montafoner in einem hohen Maße frustrierend gewesen sein, aber über ihre zivilgerichtlichen Verfahren hat über Jahrhunderte das Märzengericht auf der Platte (beim Kloster St. Peter in Bludenz) entschieden, das in zuweilen langwierigen und kostspieligen Verfahren über Wege-, Wasser- oder Weidestreitigkeiten aber auch Erbrechtsregelungen im Montafon geurteilt hat.
Die Protokolle sind seit dem Beginn der Schriftlichkeit der Prozesse im Jahr 1490 bis 1599 in einem Buch zusammengefasst und geben einen bemerkenswerten Einblick in die Rechtsprechung und die Konfliktbewältigung im Montafon für die Periode des ausgehenden Mittelalters. Unzählige Montafonerinnen und Montafoner werden in diesen Protokollen genannt und ermöglichen auch einen interessanten Einblick für die Ahnenforschung.
Die Märzengerichtsprotokolle sind derzeit auch als Gegenstand in der Ausstellung des Montafoner Heimatmuseums „Das Ende des Mittelalters“ zu sehen (noch bis 26. Oktober) – das Buch zu den Protokollen umfasst 344 Seiten und ist als Band 19 der Montafoner Schriftenreihe in den Montafoner Museen erhältlich.
Nicole Ohneberg und Andreas Brugger
Sagen aus dem Montafon I - Rote Beinhöslein und grüne Pantoffel
Der Anton Netzer in Gortipohl hat als Büble einmal im Bärawald im Neza an einem rauhen Tag die Geißen gehütet. Auf einmal kam aus dem Nebel herunter ein Weiblein in roten „Beehösli" und gab der ganzen Herde zu lecken. Des ändern Morgens hatten alle Ziegen die Sucht. Da fand er auf einem Grat im Neza einen grünen Pantoffel und ein Meerrohr und nahm beides mit heim. Das sah der Pfarrer und fragte ihn: „Woher hast du das? Das brauchst du nicht!" und behielt es. Nun machte der Bub mit einem ändern Geißler aus, es sei gewiß eine Hexe dahinter, die wollen sie erschießen. Sie wußten den alten Rat, daß man mit einer Kugel, die unter der Messe auf dem Altar liege, jede Hexe sicher treffe. Sie taten also eine in ein Salzbüchslein und versteckten sie auf dem Altar. Da kam aber der Pfarrer bei der Wandlung nicht mehr vorwärts; er suchte lang und fand endlich die Kugel. Die warf er so wild hinaus ins Vorzeichen (kleine Eingangshalle), daß sie ein Stück weit wieder in die Kirche zurückschnellte. So konnten die Buben die Hexe halt nimmer erschießen.
Von Schmugglern und Tanzschuhen
Wie der Zahn einer riesenhaften Hexe ragt der Schijenzahn aus dem hellen Fels hervor - drohend, ein bisschen lose, so als wolle er hinunterspringen auf den Wanderweg, der von St. Antönien-Rüti an Bachrunsen, Lawinenfuhren, Maiensäss und weidenden Kühen vorbei durch das Partnunertal hinauf zum Weiler Partnunstafel führt. Der kleine, nur im Sommer bewohnte Ort klebt auf 1769 Metern über Meer am Hang unter der Schijenfluh, einem mächtigen Berg an der Grenze zu Österreich. Ein paar alte Holzhäuschen, eine schmale Strasse, einige Wanderwege, ein Brunnen und zwei Berggasthöfe - dies ist die kleine Welt, die heute abgeschieden und still erscheint, im vergangenen Jahrhundert aber Schauplatz von regem Schmuggel und von grenzüberschreitenden Liebschaften und Scherereien war.
Schiessereien und Liebeleien
Entlang schmaler Gräte, über Karrenfelder und hohe Berggipfel verläuft hinter Partnun die Grenze zwischen der Schweiz und Österreich. Zwischen 1900 und 1950 überquerten viele Schmuggler die verschiedenen Pässe, die hier die beiden Talschaften Prättigau und Montafon miteinander verbinden. Meist waren es einfache Hirten, die sich mit dem Transport von Tabak, Butter, Fleisch und grünen Kaffeebohnen einen Zustupf verdienten. Auch Saccharin oder Kinderschnuller steckten in ihren Leinensäcken, die sie im Sommer, bei Nacht und Nebel, auf dem Rücken über die steilen Wege trugen. Für die Zöllner, die mit List und Waffengewalt für Recht und Ordnung kämpften, waren sie in der Dunkelheit nicht gut zu erkennen. Und selbst nach einer wilden Schiesserei in der Tilisunahütte, deren Keller als Schmuggeldepot gedient hatte, vermochten sie dem regen illegalen Handel nicht Einhalt zu bieten, denn fortan versteckten die Schmuggler ihr Gut in einer der vielen Höhlen im kalkigen Fels. Erst das allgemeine Aufkommen des Automobils brachte den Schmuggel in Partnun zum Erliegen.
Nicht nur Waren fanden den Weg vom einen Land ins andere, auch die Liebe überwand die karstigen Berge. Volksmusiker aus dem Montafon spielten in den fünfziger Jahren im Berghaus Sulzfluh in Partnun oft zum Tanz auf und bescherten, so jedenfalls erzählen es ältere Einheimische, manch mitgereistem Österreicher eine Liebschaft mit einer Prättigauerin. Die Bergbauern von dies- und jenseits der Bergpässe forderten die in einem abgetrennten Bereich sitzenden jungen Frauen zum Tanz auf. Die Prättigauerinnen sollen dabei immer wieder die Österreicher vorgezogen haben, weil sie in ihren feinen Tanzschuhen, die sie im Rucksack über den Berg getragen hatten, besser tanzen konnten als die Schweizer in ihren klobigen Bergschuhen. So kam es zu grenzüberschreitenden Liebeleien und zu manch einer Schlägerei zwischen einem Erhörten aus dem Ausland und seinem einheimischen Neider.
Das Berggasthaus Sulzfluh, das erhaben über dem Partnunertal thront und in die Ferne zu den Flanken des Prättigaus blickt, begleitet seit seinem Baujahr 1875 das amouröse Grenztreiben in Partnun. Heute öffnet es im Sommer seine alten Holzzimmer jenen Gästen, die seine Altersschönheit mögen: Die Betten sind aus Arvenholz, auf der Kommode stehen Krug und Waschschüssel, zum Lesen leuchten Kerzen statt Glühbirnen, und nachts knarren die alten Dielen. In der Gaststube, die in kühlen Nächten von einem Holzofen gewärmt wird, brennen Petroleumlampen, und zur währschaften Prättigauer Kost mit Härdöpfelribel, Chäsgetschäder und Prättigauer Knödli gibt es eine grosse Portion heimeliger Bergromantik.
Grenzwanderung
Partnun ist Ausgangspunkt für verschiedene Rundwanderungen. Eine davon ist der naturkundliche Alpenrundweg, der erfahrene und trittsichere Wandernde in fünfeinhalb Wanderstunden nicht nur an manchem Schmugglerloch und Zollhäuschen vorbei nach Österreich und wieder zurück in die Schweiz führt, sondern ihnen auch eine besonders grosse Vielfalt an Berglandschaften und darin heimischer Fauna erschliesst. Alpensalamander leben an den Bachläufen, Birkhühner, Steinböcke, Rothirsche, Gemsen und Alpenmurmeltiere verstecken sich in den karstigen Schrunden, Schneehühner brüten auf 2000 Metern über Meer, und in der Luft kreisen Turmfalken und Steinadler.
Der Rundwanderweg führt vom Berghaus Sulzfluh am Berghaus Alpenrösli vorbei nordwärts zum zauberhaften Partnunsee, auf dem ein kleines Boot zu einer Ausfahrt einlädt - und in dessen Wasser sich die rundherum aufragenden Berge mit ihren Türmen, Zähnen, Spitzen und Wänden aus hellem Rätikonkalk spiegeln. Weit oben in der steilen Felswand der Sulzfluh sind mehrere dunkle Höhleneingänge zu einem weitverzweigten Höhlensystem zu erkennen, in dem bis vor rund 10 000 Jahren Höhlenbären lebten. Vom Partnunsee geht es nordwärts weiter zu den Gruoben, einem hellgrauen, körnig-zerfurchten Kessel, und von dort über den Gruobenpass nach Österreich, wo sich der Blick über eine weite, weich gewölbte Hochebene in die Österreicher Alpen öffnet. Der Weg führt südwärts an kleinen Seen vorbei über eine breite Karstlandschaft mit auffälligen Karrenfeldern zum Plaseggenpass auf 2354 Metern über Meer und über die Grenze wieder zurück in die Schweiz. Über ein von kleinen Bächlein und Furten durchzogenes Plateau geht es nun hinunter zur Engi, einer plötzlichen Verengung in der grossflächigen Felslandschaft. Ein steiler, kurzer Abstieg führt an der Weberlisch Höli vorbei und am sprudelnden Tällibach entlang zurück nach Partnun.
Manche Wanderer gehen geradewegs weiter durch das Partnunertal hinunter nach St. Antönien und besuchen dort eines der schönen Gasthäuser, das Ortsmuseum oder die Kirche. Andere ruhen sich auf der Terrasse eines der beiden Berggasthäuser aus, lassen sich alte Geschichten erzählen und blicken noch einmal hoch zur mächtigen Schijenfluh, aus deren silbern glänzendem Kalk der Schijenzahn ragt, wie ein wackliger Zahn aus einem lachenden Mund.
Prättigauer Höhenweg
Spiegelglatt liegt der Partnunsee im Morgenlicht. Gestochen scharf reflektiert er Himmel, Wolken, Wiesen, Geröllhalden, Felsbrocken und zwei gewaltige Kalkberge - Sulzfluh und Schijenflue -, die links und rechts Hunderte von Metern aufschiessen und das Bergseelein in die Zange nehmen. Die Stimmung ist zauberhaft. Dass der örtliche Verkehrsverein die Region phantasievoll als «Gleich hinter dem Mond, links» definiert, leuchtet ein. Schön, dass sie gleichwohl auf der Welt und erst noch gut erreichbar ist.
Wilde Steinlandschaft
Ab Küblis im Prättigau schlängelt sich das Postauto nach St. Antönien hinauf. Wer von hier die leicht ansteigende Wanderung zum Berghaus Sulzfluh im Weiler Partnunstafel scheut, dem steht immer noch das Ortstaxi mit dem auskunftsfreudigen Chauffeur zur Verfügung. Zum erwähnten See auf 1869 Metern über Meer tragen einen die Füsse dann in einer kurzen halben Stunde. Der liebliche Ort muss nicht Endstation sein. Der Weg führt weiter hinauf, hinein in eine Karstlandschaft, in einen weiten, mit Fallgruben und wilden Steingebilden durchsetzten Kessel. Man wandert vorbei an Elefantenrücken und bizarren Tierköpfen, in einer Felswand gähnt schwarz eine Höhle, und am Horizont ergiesst sich ein Gletscher aus Stein. So urzeitlich ist die Stimmung, man wäre nicht erstaunt, würde am Horizont ein Mammut auftauchen.
Gruoben heisst die Landschaft und ist Grenzgebiet. Über die Ränder im Osten und Norden, über den Gruobenpass, das Grüen Fürggli und das Tilisunafürggli, gelangt man leicht ins österreichische Montafon, so wie einst die Prättigauer Schmuggler, die Zigaretten und Schokolade über die grüne Grenze trugen. Einer ihrer Umschlagplätze war die Tilisuna-Hütte, wo auch wir einkehren und uns auf der Aussichtsterrasse mit Gerstensuppe, Apfelstrudel mit Schlagobers, Tee und Radler für den zweistündigen Rückweg stärken.
Zwar liesse sich von hier aus dem Vernehmen nach problemlos auf die Sulzfluh wandern, auf den 2800 Meter hohen Felszahn, der von Schweizer Seite aus so gefährlich steil wirkt. Uns aber zieht's zurück an den See, wo zwei kleine Ruderboote auf sportliche Touristen warten, und vor allem ins Berghaus Sulzfluh, wo das Wirtepaar Käthi Meier und Ernst Flütsch der Region entsprechend kocht. - Die gemütlichen Zimmer sind bezogen. Im 130-jährigen Schindelhaus spenden nach dem Eindunkeln Petroleumlampen und Kerzen Licht. Nicht selten erklingt des Abends Musik. Heute spielt in der prallvollen Gaststube ein Akkordeonist auf, vom ersten Ton an so virtuos, dass die Gespräche an den Tischen sogleich verstummen. Eine Musette nach der anderen erklingt. Früher sollen sogar Montafoner den langen Bergweg nicht gescheut und in der «Sulzfluh» das Tanzbein geschwungen haben. «Chäsgätschäder» heisst die Spezialität, die Ernst Flütschs Team an diesem Tag auf die Tische trägt, ein regionales Käsegericht von rezentem und feinem Geschmack. Greyerzer, Appenzeller und Alpkäse, Weissbrot sowie Milch bilden die Basis. Zudem braucht's Butter, Zwiebel, Knoblauch, Muskat, Salz, Pfeffer, etwas Weisswein, Rahm und Cognac, damit die Masse richtig sämig wird. Das Gericht erinnert an Raclette, sein Geschmack ist aber origineller und nachhaltiger. Nach dem Schmaus braucht man Bewegung. Zum Glück ist der Himmel klar, und wir erleben in der Dunkelheit wenige Schritte vom Haus entfernt ein glitzerndes Firmament, wie man es im Unterland selten sieht.
Eindrückliche Grenzwanderung
Beim Berghaus Sulzfluh kommt man auch vorbei, wenn man den Prättigauer Höhenweg unter die Füsse nimmt. Er führt von der Saaser Alp ob Klosters über die Mässplatte, das Fürggli und die Aschariner Alp nach St. Antönien, von hier hoch zur Carschina-Hütte, weiter zur Schesaplana- Hütte und endet schliesslich in Malans in der Bündner Herrschaft. Für die ganze Tour braucht man - je nach Tempo - drei bis fünf Tage. Für uns ist am nächsten Morgen die Carschina-Hütte das erste Ziel. Zu überwinden sind knapp 500 Höhenmeter. Oben auf der Terrasse gibt's eine schöne Rundsicht und einen ausgezeichneten, selbst gebackenen Kuchen. Diese Stärkung können wir gut gebrauchen, denn der Weg zur nächsten Übernachtung ist weit, weiter, als der Wegweiser verspricht. Die Angabe - 5½ Stunden bis zur Schesaplana-Hütte - ist nach Auskunft der Hüttenwartin nur mit Siebenmeilenstiefeln zu schaffen. Recht hat sie: Wir benötigen, ohne zu bummeln, 2 Stunden mehr.
Die eindrückliche Höhenwanderung beginnt auf der Carschinafurgga (2221 m). Lange Zeit führt der gut markierte Weg entlang den imposanten, bis 500 Meter hohen Kalkwänden der Drusenfluh. Sie bilden die Landesgrenze, für Wanderschuhe sind sie unbezwingbar. Nur an wenigen Stellen gestatten sie den Übergang nach Vorarlberg, Drusator heisst einer, ein anderer Schweizertor. Unfreundlich steil und felsig, verlangen sie einen sicheren, schwindelfreien Tritt. Wir lassen beide Scharten rechts liegen und kommen auch so an die Grenze: Vom windigen Cavalljoch blicken wir weite österreichische Wiesenhänge hinunter zum grossflächigen Lünersee. Im Westen, immer noch 10 Kilometer entfernt, erhebt sich der fast 3000 Meter hohe Schesaplana, zu dessen Füssen die Hütte liegt, bei der wir uns für die Nacht angemeldet haben. Zum Glück, denn als wir gegen Abend eintreffen, ist sie bereits zum Bersten voll.
Jassen mit Aussicht
Unser Ziel am folgenden Tag ist die Älplibahn. Mehrere Wege führen dorthin. Wir wandern durch den Alpnovawald, dann hinauf zur Fläscher Alp und erreichen nach 5½ Stunden die Bergstation, wo auf der Terrasse der Gastwirtschaft ältere Semester den Nachmittag mit Jassen verbringen.
Dass das luftige Happening stattfinden kann, ist einer Schar von Enthusiasten zu verdanken, dem Älplibahn-Verein, der die Bahn seit gut 20 Jahren auf privater Basis betreibt und mit jeder Fahrt acht Leute von Malans 1200 Höhenmeter hinaufbefördert. Gebaut wurde die Bahn im Zweiten Weltkrieg, um die Truppen auf der Malanser Alp mit Nachschub zu versorgen. 1980 drohte die Schliessung, weil Material und Technik veraltet waren. Dagegen sträubte sich der Verein. Er nahm die Renovierungsarbeiten an die Hand und sorgt seither mit viel Engagement und Gratisarbeit dafür, dass der schöne Aussichtsplatz auf 1800 Metern erreichbar bleibt.
Alpentreppe und Menschenfeind
4000 Stufen - so ganz genau hat sie bisher niemand gezählt - ist diese höchste, gerade Treppe Europas lang, mit einer Steigung bis zu 86 Prozent. Das ist dann so steil, dass man besser nicht zu oft nach oben blickt, nicht nur wegen der Gefahr eines steifen Genicks, sondern mehr noch wegen des leichten Schwindelgefühls, das sich da einstellt.
Letzteres gilt auch für den Blick nach unten, wo tief im Tal der Ort Partenen liegt, und so schaut man am besten schräg nach vorne auf die nächsten Stufen. Die können aus gemauertem Stein, Beton oder Rasterprofil-Eisen bestehen, sie sind zwischen 20 und 40 Zentimeter hoch und werden meistens, aber eben nicht immer, von Stahlseilen oder Eisengeländern begleitet, nach denen man dankbar greift, erstens wegen des Gefühls der Sicherheit und zweitens, um die Beinarbeit durch Armzug zu unterstützen.
Zwar gibt es, wie die Touristiker im Vorarlberger Bergtal Montafon betonen, entlang der Treppe immer wieder "Bänkle", die zu einem "Hock" einladen, aber das ist der Sinn der Sache nicht. Erstens ist man schon aus nervlichen Gründen froh, das Ganze möglichst in einem Zug hinter sich zu bringen, und zweitens geht's ja um Leistung. Neben der ersten Stufe steht eine Stechuhr, und eine solche wartet auch neben der letzten.
Wie so vieles, was im Montafon in den vergangenen 80 Jahren gebaut wurde, verdankt auch die 4000-Stufen-Treppe (zum Vergleich: Auf den Donauturm führen gerade einmal 776 Stufen) ihre Existenz der Kraft des Wassers. Seit 1924 schufen die Vorarlberger Illwerke, benannt nach dem in der Silvretta entspringenden und das Montafon entwässernden Fluss Ill, ein imposantes Netz von Speicherkraftwerken, die bis weit nach Deutschland Spitzenstrom liefern.
Die Bauten der Illwerke - riesige Staudämme, Erschließungswege, wie die 1954 fertig gestellte "Silvretta-Hochalpenstraße", Schrägaufzüge, Tunnels, Verbindungsstollen und Rohrleitungen vom Tiroler Paznauntal ins Montafon hinüber - bedeuteten einen gewaltigen Eingriff in die hochalpine Landschaft, zeugen von kühnen Ingenieurleistungen, aber auch von politischer Gewalt: In der NS-Zeit schufteten auf Baustellen der Illwerke Zwangsarbeiter in großer Zahl.
In ihrer Monumentalität haben die Bauten eine unbestreitbare ästhetische Qualität. Dieser zollte der Vorarlberger Konzeptkünstler Gottfried Bechtold Tribut, als er vor zwei Jahren die Betonmauer des Silvrettastausees mit seiner Signatur in den Rang eines Kunstwerks erhob.
Die lange Treppe wurde 1952 als Versorgungs- und Wartungsstrecke eines Schrägaufzugs von Partenen (1030 Meter) zur Bergstation Trominier (1730 Meter) gebaut. Der Aufzug begleitete die Druckrohre, die das Wasser des Vermuntstausees auf die Turbinen im Tal stürzen ließen. Als vor zehn Jahren die Druckrohrleitung von Trominier nach Partenen unter die Erde verlegt wurde, war auch der begleitende Schrägaufzug überflüssig geworden. Er wurde durch eine Seilbahn ersetzt.
Die durch gewaltige Lawinenverbauungen gesicherte Treppe wollte man, zunächst nur als kurioses Relikt aus der heroischen Zeit der technischen Entwicklung, erhalten. Bald aber entdeckten, zunächst lokale, später auch internationale Sportler dieses "größte Fitnessgerät der Welt" (so der vollmundige Slogan des Tourismus-Verbands Gaschurn-Partenen) für ein effektives Kraft-, Ausdauer- und Koordinationstraining. In den vergangenen Jahren trainierten hier u. a. die österreichische Frauenmannschaft im alpinen Skilauf, die Fußballvereine VFB Stuttgart, Lazio Rom und Hertha BSC und der Formel 1-Autorennfahrer Nelson Piquet. Sie alle laufen ausschließlich hinauf (und fahren mit der Seilbahn wieder herunter), denn bergab wäre der Run muskel- und sehnenschädigend, und außerdem ist er wegen der Absturzgefahr gesperrt.
Seit zwei Jahren zählt der 700-Höhenmeter-Treppenlauf übrigens, zusammen mit einem 10-Kilometer-Mountainbike-Hillclimb (Höhendifferenz 1250 Meter) in St. Gallenkirch, zu einem "Montafon-Silvretta-Man-and Woman-Cup", der jährlich Ende Juli / Anfang August stattfindet. Zwölf Uhr und 14 Minuten hat die Stechuhr beim Start ausgedruckt. Beim Ausstieg - nach ein paar Fotostopps und einem Kurzbesuch in dem an der Strecke gelegenen Kraftwerksmuseum - zeigt sie 13 Uhr und 53 Minuten. Das ergibt die schöne Zeit von 99 Minuten. Leider verzählt sich die freundliche Angestellte im Tourismusbüro Partenen, die für vier Euro Urkunde und Abzeichen aushändigt. 109 Minuten stehen auf dem Papier. Aber was soll's. Der Rekord für die 4000 Steps steht bei 22 Minuten und 49 Sekunden. (Der Standard/rondo/8/10/2004)Hemingway kein Kriegsverbrecher
"Der Vorwurf, Ernest Hemingway sei ein Kriegsverbrecher gewesen, ist völlig unhaltbar“, nimmt die Kultursprecherin der Voralberger Grünen, LAbg. Karin Fritz, zu der ihrer Ansicht nach "reichlich schrägen" Debatte um das geplante und dann wieder vertagte Hemingway-Denkmal in Schruns Stellung. "Dieser Vorwurf basiert auf einem Wikipedia-Eintrag bzw. einem Artikel des geschichtsrevisionistischen 'Großen Wendig', der in keiner Weise dem Stand der Forschung entspricht."
„Hemingway ist bekannt als Aufschneider und Wichtigtuer, der sich gerne mit Taten gebrüstet hat, die er nicht begangen hat. Von uns eingeholte Stellungnahmen zweier Amerikanisten und Hemingway-Experten von den Universitäten Hamburg und Jena zeigen dies klar auf“, beruft sich Karin Fritz auf den Stand der universitären Forschung. "Das ist auch von der US-Armee - die derartige Übergriffe bekanntlich mit aller Härte geahndet hat - in einem Verfahren bestätigt worden."
"Der vom Schrunser Bürgermeister verhängte Stopp für das Aufstellen des Denkmals kann vom 'rechten Eck' leicht als Zurückweichen interpretiert werden", so Fritz. "Ich hätte mir erwartet, dass der Schrunser Bürgermeister vor einer derartigen Stimmungsmache nicht zurückweicht. Denn ein Kriegsberichterstatter und ein NS-Massenmörder dürfen nicht auf dasselbe Niveau gestellt werden. Derartige geschichtsverfälschende Darstellungen müssen Politiker klar und deutlich zurückweisen."
Die Abgeordnete erinnert an in der Vorarlberger Presse kommentarlos publizierte Aussagen eines Montafoners, der die Fälle Hemingway und Vallaster gleichgesetzt und sinngemäß gemeint hatte, dass man dem einen kein Denkmal setzen dürfe, wenn man den anderen aus dem Silbertaler Kriegerdenkmal streiche.
"Das alles zeigt, wie notwendig eine breite öffentliche Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit ist", so die grüne Kultursprecherin. "Die Heimatmuseen leisten seit längerem durch diesbezügliche Veranstaltungen und Vorträge einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Da dieses Thema lokale und regionale Aspekte hat, muss es sowohl vor Ort als auch landesweit weiterhin verstärkt bearbeitet werden. Der demnächst vorliegende 4. Band der Landesgeschichte würde eine Gelegenheit bieten.“
"Deshalb fordere ich ein weiteres Mal, die Darstellung der Geschichte der NS-Opfer und Täter des Landes im neuen Landesmuseum ein und eine intensive Zusammenarbeit des Vorarlberger Landesmuseums mit den Museen in den Regionen zur lokalen Aufarbeitung", verweist die Abgeordnete auf ihren mehrfach vorgebrachten Vorschlag.
"Die Frage, ob ein Hemingway-Denkmal in Schruns grundsätzlich sinnvoll und notwendig ist, ist eine ganz andere, daher möchte ich sie aus dieser Diskussion ausklammern“, so Fritz abschließend.
Anhang: Stellungnahmen von Prof. Rodenberg und Prof. Müller; Zitat aus: Der große Wendig.
sehr geehrter herr muther,
ich weiß von diesem vorwurf, der damals erhoben wurde. tatsächlich hat es oktober 1944 in nancy/frankreich aufgrund dieser gerüchte eine offiziuelle befragung durch die u.s. army gegeben, da hemingway dann seinen status als kriegsberichterstatter verloren hätte. er ist jedoch eindeutig von den vorwürfen freigesprochen worden.
belegt ist allerdings, dass er oft waffen bei sich hatte und im spanischen bürgerkrieg auch schießübungen mit soldaten durchgeführt hat.
was die selbstbezichtigung angeht, diese entsprach eher der prahlerei hemingways, die besonders in seinen späteren jahren zunahm. allein die zahl 122 ist ja nebenbei schon absurd. viele seiner anekdoten entpuppen sich bei genauerer nachforschung als erfunden.
ich hoffe ihnen weitergeholfen zu haben.
mit freundlichen grüßen
p. rodenberg
Prof. Dr. Hans-Peter Rodenberg
Universität Hamburg
Institut für Anglistik und Amerikanistik
Institut für Medien und Kommunikation
rodenberg@uni-hamburg.de
Sehr geehrter Herr Muther,
von Hemingway ist bekannt, daß er sich gegenüber Freunden und Bekannten gerne mit sogenannten tall tales - Übertreibungsgeschichten - gebrüstet hat. Dies halte ich auch im Falle des Wikipedia-Zitats (das ich quellenmäßig nicht überprüft habe) für denkbar. Die Wikipedia ist allerdings als Quelle prinzipiell höchst fragwürdig, das die Einträge (wie ja zuletzt in der Presse zu lesen war), von interesseiter Seite manipuliert werden können. Diesen Eindruck habe ich auch in diesem Falle.
Ich will mir kein absolutes Wissen über die Biographie Hemingway anmaßen (da mein Interesse stärker auf der literarischen Seite liegt). Soweit ich es aber übersehe, spielt die These vom "Kriegsverbrecher" Heminway in der seriösen biographischen Forschung keine Rolle.
Mit freundlichen Grüßen
Kurt Müller
__________________________
Prof. Dr. Kurt Müller
Institut für Anglistik/Amerikanistik
Lehrstuhl für Amerikanistik
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Zitat aus: Der Große Wendig, S. 13
"Gewidmet
den zu Unrecht verleumdeten
deutschen Kriegsgenerationen des 20. Jahrunderts
Zur Ehrenrettung,
Den umerzogenen Nachkriegsgenerationen
Zum nachträglichen Verständnis
Ihrer Zeit deutscher Fremdbestimmung,
Zur verantwortlichen Gestaltung ihrer Zukunft
Und für die Erhaltung ihres Volkes."
... und was lernen wir daraus? Wikipedia bitte nicht alles glauben und bitte nicht alle Leserbriefe von Revisionisten abdrucken bzw. zu genau nehmen...
UND: Hört, hört - "Die Heimatmuseen leisten seit längerem durch diesbezügliche Veranstaltungen und Vorträge einen wichtigen Beitrag zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit. Da dieses Thema lokale und regionale Aspekte hat, muss es sowohl vor Ort als auch landesweit weiterhin verstärkt bearbeitet werden." - das klingt ja schon ganz anders als noch im Sommer, als der Obmann des Heimatschutzvereins Montafon Andreas Rudigier fragte: "Wo waren die zitierten Personen [Seff Dünser, Harald Walser, Walter Fink oder Jutta Berger oder Herbert Sausgruber oder Karin Fritz, Anm. d. Red.], als im vergangenen Oktober der Historiker Michael Kasper im Museum in Gaschurn zu den Schicksalen vor den Nazis flüchtender Mitbürgerinnen und Mitbürger in die Schweiz referierte? Wo waren Sie, als ebenfalls im vergangenen Oktober der Politikwissenschaftler Franz Valandro im Rahmen der 100-Jahr-Feier im Heimatmuseum in Schruns zum Thema Heimatschutz und Nationalsozialismus referierte? Wo waren Sie, als am 9. Mai diesen Jahres Dozent Wolfgang Weber im Heimatmuseum in Schruns zum Nationalsozialismus im Montafon referierte und mit dem Filmemacher Tone Bechter einen vergleichenden Blick in den Bregenzerwald warf?" Drei Beispiele aus der jüngsten Vergangenheit – der Heimatschutzverein Montafon und der Stand Montafon sind längst bemüht, die Zeit des Nationalsozialismus im Montafon zu erfassen. Die genannten Historiker Wolfgang Weber und Michael Kasper (gemeinsam mit Edith Hessenberger) arbeiten derzeit an Projekten zum Nationalsozialismus, die Teil eines groß angelegten Geschichtsprojekts des Standes Montafon sind.
26. September 2007
Josef Vallaster
Wikipedia-Eintrag zu Josef Vallaster:
Josef Vallaster (* 5. Februar 1910 in Silbertal, Vorarlberg; † 14. Oktober 1943 in Sobibór) war ein österreichischer Nationalsozialist, Mitglied der SS und ab 1940 an den Verbrechen des Holocaust beteiligt. Er war von 1940 bis 1942 sogenannter Oberbrenner in der NS-Tötungsanstalt Hartheim und von 1942 bis 1943 Aufseher im Vernichtungslager Sobibór.
Leben und Wirken
Kindheit und Bergbauer in Silbertal
Vallaster verlor im Alter von sechs Jahren seinen Vater, der 1916 als Soldat im Ersten Weltkrieg in russischer Gefangenschaft starb. Nach der Volksschule arbeitete er als Bergbauer auf dem Hof seines Stiefvaters in Silbertal. Der 23jährige Vallaster beantragte 1933 seine Aufnahme in die NSDAP und trat gleichzeitig dem SA-Sturm Montafon bei. Dort war er unter anderem an einer Aktion beteiligt, bei der die SA eine Hakenkreuzfahne an einem Kirchturm anbrachte.
Flucht aus Österreich
Nach dem gescheiterten nationalsozialistischen Putschversuch in Österreich im Juli 1934 (Juliputsch) flüchtete Vallaster ins Deutsche Reich, wo der 25jährige im August 1935 eingebürgert wurde. Dort war er als Arbeiter beim Bau der Reichsautobahnen tätig. Er betätigte sich weiterhin politisch und wurde Mitglied der paramilitärischen österreichischen Legion. Nach der militärischen Besetzung Österreichs (Unternehmen Otto) im März 1938 und dem Anschluss an das Reich erfolgte eine Wiederaufnahme seines Eintrittsverfahrens in die NSDAP, das aufgrund des fehlgeschlagenen Putsches unterbrochen worden war. Zum 1. Mai 1938 wurde er in die Partei aufgenommen. Vallaster kehrte in das nunmehr in Ostmark umbenannte Österreich zurück.
Oberbrenner in der Tötungsanstalt Hartheim
Ab April 1940 wurde er im Rahmen der Aktion T4 in der NS-Tötungsanstalt Hartheim in Oberösterreich (damals Reichsgau Oberdonau genannt) zunächst als Arbeiter für Umbauarbeiten, wie Einbau eines Verbrennungsofens und eines Vergasungsraumes eingesetzt. Ab Mai 1940 war er in der Tötungsanstalt an der Vergasung und Verbrennung von behinderten Menschen beteiligt. Zu seiner Arbeit gehörte auch das Ausbrechen von Goldzähnen.
Er wurde zum Oberbrenner ernannt; die Entlohnung war überdurchschnittlich: Je Monat 170 Reichsmark (RM) Nettolohn, dazu 50 RM Trennungszulage bei freier Unterkunft und Verpflegung, 35 RM Erschwernis-Zulage als Heizer und 35 RM Zulage als Schweigeprämie. Zusätzlich gab es eine tägliche Schnapsration von einem Viertel Liter. Als im Juli 1940 nach einer Vergasungsaktion noch einige Menschen lebten, gab es einen Konflikt mit Vallaster als Oberbrenner. In Abwesenheit des Euthanasiearztes Georg Renno hatte er den Gashahn zu kurz geöffnet und die Todeswirkung des Gases nicht vor Öffnen des Vergasungsraumes (mittels eines Guckloches) überprüft. Die technische Anlage wurde danach geändert; ein Zähler maß nun die notwendige Menge des eingesetzten Giftgases Kohlenmonoxid.
Vallaster heiratete eine Krankenpflegerin des Tötungspersonals, welche laut Bericht an ihren Sohn hauptsächlich mit der Transportbegleitung der Opfer und dem Ausziehen der Opfer vor der Vergasung beschäftigt war. Die Tötungsanstalt hatte ein eigenes Standesamt und die Trauung fand unter Ausschluss sämtlicher Verwandter statt. Trauzeugen waren Franz Stangl und Christian Wirth. Mit der Schwangerschaft konnte die Krankenpflegerin ihren Einsatz in Hartheim beenden. 1942 wurde der Sohn geboren.
Aufseher und Tod im Vernichtungslager Sobibór
Vallaster wurde Mitglied der SS, wobei über sein Eintrittsdatum, seinen anfänglichen Dienstgrad und über die SS-Einheit(en), der bzw. denen er angehörte, nichts bekannt ist. Es ist jedoch belegt, dass er ab 1942 als SS-Unterscharführer im Rahmen der Aktion Reinhardt im Generalgouvernement (Polen) eingesetzt wurde.
Zunächst hat er dort für kurze Zeit im Vernichtungslager Belzec an dessen baulicher Errichtung mitgewirkt. Danach war er im Vernichtungslager Sobibór als Aufseher an dem Massenmord von hauptsächlich jüdischen Menschen aus ganz Europa beteiligt. Im Lager III beaufsichtigte er die Vergasung und die Verbrennung, wobei dort Arbeitshäftlinge diese Arbeiten verrichten mussten. Aus Geheimhaltungsgründen war das Lager III von den anderen Lagerbereichen strikt getrennt und nur über eine Lorenbahn mit dem Lager I verbunden. Vallaster bediente unter anderem auch als „Maschinist“ eine Schmalspurbahn-Lokomotive und war für diejenigen Loren-Transporte zuständig, mit denen sofort nach Ankunft der Transportzüge im Lager die Toten sowie Gebrechliche und Alte zu den Verbrennungsöfen transportiert wurden.
Am 14. Oktober 1943 fand im Vernichtungslager eine Revolte und Massenflucht von hauptsächlich Kriegsgefangenen jüdischer Herkunft aus Weißrussland statt. Vallaster wurde unter einem Vorwand von der Lorenbahn weggelockt; angeblich sollte er in der Schusterwerkstatt neue Stiefel anprobieren. Dort wurde er dann von revoltierenden Häftlingen mit einer Axt erschlagen.
Von der SS wurden nahezu alle verbliebenen Häftlinge ermordet und das Lager wurde in Folge der Massenflucht bis Ende 1943 aufgegeben. Vallaster wurde auf dem Soldatenfriedhof in Chełm mit militärischen Ehren beerdigt.
Nachkriegszeit
Lange Zeit blieb es öffentlich unbekannt, dass Vallaster ein Kriegsverbrecher war. In seinem Geburtsort Silbertal wurde er auf dem örtlichen Kriegerdenkmal als Gefallener des 2. Weltkrieges geehrt (Namenseintrag unter der Überschrift: Die Gemeinde Silbertal den Opfern aller Kriege). Dies entsprach dem mehrheitlichen Nachkriegsbedürfnis, „Österreich nur als erstes Opfer des Weltkrieges zu sehen“.
Gefallene aus Gortipohl
Dienstrang | Name | Vorname | Geburtsdatum | Todesdatum | Todesort |
Ld.Sch. | BARGEHR | Johann Josef | 21.10.1875 | 30.03.1917 | Wien |
Kais.Sch. | BLAAS | Alwin | 20.02.1897 | 31.05.1916 | Wels |
Zugf. | GAVANESCH | Anton | 02.02.1887 | 28.08.1914 | Galizien |
Untj. | GAVANESCH | Georg | 04.05.1892 | 16.11.1914 | Polen |
Kais.Sch. | LORENZIN | Anton | 13.06.1885 | 14.05.1917 | Italien |
Jäg. | MARLIN | Emil | 06.03.1887 | 31.10.1914 | Galizien |
Ld.Sch. | WACHTER | Johann Josef | 29.11.1868 | 22.12.1916 | Gortipohl |
Kais.Sch. | WACHTER | Ludwig | 12.05.1883 | 04.11.1917 | Italien |
2. Weltkrieg:
Dienstrang | Name | Vorname | Geburtsdatum | Todesdatum | Todesort |
Unt.Off | BADER | Johann | 16.06.1923 | 18.04.1945 | Deutschland |
Utfz. | BERGAUER | Josef | 16.01.1907 | 07.06.1944 | Italien |
Sold. | BERGAUER | Rudolf | 23.06.1926 | 14.03.1945 | Schlesien |
Sold. | BÜSCH | Alwin | 25.10.1926 | 16.04.1945 |
|
Unt.Off. | KASPER | Franz | 08.12.1901 | 31.08.1944 | Rumänien |
Ob.Gefr. | KASPER | Johann | 03.04.1907 | 28.04.1945 | Jugoslawien |
Utfz. | KASPER | Otmar | 03.11.1914 | 27.01.1945 | Frankreich |
Gefr. | MANGARD | Erich | 20.01.1918 | 27.04.1945 | Rußland |
Gefr. | MANGARD | Ernst | 17.06.1921 | 22.02.1942 | Rußland |
Gefr. | MARLIN | Erwin | 01.04.1926 | 13.07.1952 | Gortipohl |
Pa.Gren. | MARLIN | Rudolf | 25.05.1924 | 15.04.1944 | Rumänien |
Kan. | NETZER | Ernst | 28.01.1925 | 12.08.1944 | Frankreich |
Gefr. | NUßBAUMER | Franz | 19.01.1911 | 03.1945 | Sulkon |
Ob.Gefr. | PLATZER | Karl | 20.08.1907 | 24.10.1944 | Ungarn |
Utfz. | SCHÄFER | Ferdinand | 14.05.1923 | 19.12.1944 | Rußland |
Utfz. | STOCKER | Bernhard | 10.12.1912 | 20.02.1946 | Gortipohl |
Gefr. | TSCHOFEN | Andreas | 14.10.1901 | 12.10.1943 | Rußland |
Sold. | WACHTER | Anton | 18.10.1926 | 15.04.1945 | Slowakei |
Gefr. | WACHTER | Ignaz | 05.04.1923 | 24.09.1944 | Frankreich |
Sold. | WACHTER | Otto | 23.11.1923 | 03.11.1943 | Rußland |
Sold. | WITTWER | Bernhard | 08.04.1912 | 16.02.1946 | Ungarn |
Datum der Abschrift: 10.07.2005