Am
Beginn der Passionszeit stellte im Montafon der „Schmerzhafte Samstag“,
der Tag vor dem Palmsonntag, einen ersten Höhepunkt dar. An diesem Tag
fand in der größten Wallfahrtskirche des Tales, in Tschagguns, das
bedeutendste Wallfahrtsfest des Jahres statt.
Am Palmsonntag
folgte die Palmenweihe, bei der große Sträuße aus Weißtannen- und
Buchenästen, Palmkätzchen und Haselruten zur Weihe in der Kirche
vorbereitet werden. Auf die Haselstecken wurden mitunter kleine rote
Winteräpfel gespießt, oder aus Zweigen wurd ein Kreuz geformt. Auch
Wacholder, Buchsbaum oder Stechpalme kamen in den Strauß. Nach dem
Palmsonntag wurden die geweihten Palmen unter das Dach der Häuser
gesteckt, um Blitz und Feuer abzuwehren. Ein Zweiglein kam als Haussegen
hinter das Kruzifix in der Stubenecke, das Kreuzlein des Straußes gegen
das Verhexen in den Stall. Schließlich wurden einzelne Zweige bei
Gewittergefahr im Herd verbrannt.
Für die männliche Dorfjugend
beginnt dann in der Karwoche am Gründonnerstag die große Zeit. Wenn am
Abend des Gründonnerstages die Kirchenglocken für drei Tage verstummen,
kommt der große Auftritt der „Rätschner“. Der Volkskundler Richard Beitl
berichtete dabei folgendes vom Tun der Schrunser Schulbuben vor dem
Ersten Weltkrieg:
„Am Tag nach Palmsonntag beriefen einige, die
Zufall, Reichtum der Eltern, Ehrgeiz, Alter oder irgendeine Tüchtigkeit
zu Führern in der Schule bestimmt hatte, alle Besitzer von Rätschen
oder Kartafeln auf die Gemeindebünte. Die Rätschen waren schwere
Holztafeln, auf denen mehrere Hämmer, durch eine Drehwalze angespannt
und gehoben, den scharfen, prasselnden Lärm eines Maschinengewehres
erzeugten. Die Aufstellung der Rätschner hatte ihre festen Regeln.
Zuerst kamen die schwächlichen Zweihämmer und zuletzt die von allen
geachteten Achthämmer, die schwer in der Schulter hingen. An die Spitze,
ans Ende und in die Mitte traten die Bevorzugten, die sich für dieses
Jahr die große, mittlere und kleinere und das Totenglöggli gesichert
hatten, alles handfeste, abgegriffene Holzbretter, in denen ein großer
Klöppel hin und her schwang. Das Totenglöggli ging am Ende des Zuges,
und wenn einer aus dem Dorf in den Kartagen starb, mußte es talaus,
talein, bergauf und bergab auf allen Wegen geläutet werden, wofür der
Glockenträger zusätzlich ein Silberstück bekam.
Wenn am Mittwoch die
Mette nahe war, versammelten sich alle Rätschner auf dem Platz und
zogen dann im Gleichtakt der Beine und Hämmer durchs Dorf. Das prasselte
und knatterte dann um die Hausecken: rrr – rrr – rrrr – rrr – rrr –
rrrr -. Mit den ersten Kirchgängern trafen auch die Buben am
Seitenportal ein, schwangen die Rätschen an die alte Mauer und traten in
die erleuchtete Kirche. Genauso wurde am Morgen und Abend ausgerückt.
Nur das ‚Läuten‘ ganz in der Frühe besorgten die großen Holzglocken.
[…]“
Mehr zu diesem Thema im Jahresbericht 2011 der Montafoner Museen: http://www.stand-montafon.at/montafoner-museen/shop/jahresberichte
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