29. August 2007

Mittelalter im Montafon - Vorträge

Im Herbst finden im Montafoner Heimatmuseum zahlreiche interessante Vorträge und Buchpräsentationen zum Thema "Mittelalter im Montafon" statt:

Donnerstag, 13. September 07, 19.30 Uhr Montafoner Heimatmuseum Schruns Mittelalterliche Archäologie im Montafon (Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Rüdiger Krause)
Professor Rüdiger Krause leitet von 20. August bis 15. September die heurige Kampagne der archäologischen Ausgrabungen in Bartholomäberg (Bodaweg, Goritschang) und in Gargellen (Schafberg). Die Forschungsergebnisse beschränken sich längst nicht mehr auf die ur- und frühgeschichtliche Zeit, sondern sie fördern auch immer mehr mittelalterliche Neuigkeiten zu Tage. Rüdiger Krause, inzwischen Inhaber eines archäologischen Lehrstuhles in Frankfurt, wird in diesem Referat über die neuesten Entwicklungen berichten.

Mittwoch, 26. September 07, 19.30 Uhr
Montafoner Heimatmuseum Schruns

Das Märzengerichtsprotokoll (Buchpräsentation mit Dr. Nicole Ohneberg)
Die im Vorarlberger Landesarchiv in Bregenz aufbewahrten Protokolle des Montafoner Märzengerichts, die im Jahr 1490 einsetzen, sind eine über Vorarlberg hinaus singuläre Quelle von hohem rechts-, sozial- und wirtschaftsgeschichtlichem Wert. Erfreulicherweise hat sich die Historikerin Nicole Ohneberg der Mühe unterzogen, eine sorgfältige Edition der Gerichtsprotokolle zu erstellen, sie mit einem wissenschaftlichen Apparat auszustatten und den nötigen Registern sachgerecht zu erschließen. Sie macht damit ein umfangreiches Textkorpus, das der Rechtsnorm die Rechtspraxis eindrücklich gegenüberstellt, auf Dauer zugänglich.


Mittwoch, 3. Oktober 2007, 19.30 Uhr
Montafoner Heimatmuseum Schruns

Mittelalterliche Geschichte des Montafons (Vortrag mit Univ.-Prof. Dr. Alois Niederstätter) Alois Niederstätter, Landesarchivar und Professor für Mittelaltergeschichte, hat sich im Rahmen des zweiten Bandes zur Montafoner Geschichte (die Publikation erfolgt demnächst) mit der Periode des Mittelalters in unserer Talschaft auseinandergesetzt und wird an diesem Abend Auszüge daraus referieren.


Freitag, 12. Oktober 2007, 19.30 Uhr
Montafoner Heimatmuseum Schruns
Mittelalterliche Botanik im Montafon (Vortrag von Univ.-Prof. Dr. Klaus Oeggl)
Klaus Oeggl, Professor für Paläobotanik und Sprecher des Sonderforschungsbereichs zur Erforschung der Bergbaugeschichte in Tirol und angrenzenden Gebieten, hat sich im Rahmen des zweiten Bandes zur Montafoner Geschichte mit paläobotanischen Phänomenen in unserer Talschaft auseinandergesetzt und wird an diesem Abend Auszüge daraus referieren.


Dienstag, 16. Oktober 2007, 19.30 Uhr

Montafoner Heimatmuseum Schruns

Spätmittelalterliche Geschichte des Montafons (Vortrag von Univ.-Prof. DDr. Karl Heinz Burmeister)
Karl Heinz Burmeister, früherer Landesarchivar und Professor für Mittelaltergeschichte, hat sich im Rahmen des zweiten Bandes zur Montafoner Geschichte mit der Periode des Spätmittelalters in unserer Talschaft auseinandergesetzt und wird an diesem Abend Auszüge daraus referieren.



Dienstag, 23. Oktober 2007, 19.30 Uhr
Montafoner Heimatmuseum Schruns
Mittelalterliche Kunstgeschichte des Montafons (Vortrag von Dr. Andreas Rudigier)

Andreas Rudigier hat sich im Rahmen des zweiten Bandes zur Montafoner Geschichte mit der Kunstgeschichte des Andreas Rudigier hat sich im Rahmen des zweiten Bandes zur Montafoner Geschichte mit der Kunstgeschichte des Mittelalters in unserer Talschaft auseinandergesetzt und wird an diesem Abend Auszüge daraus referieren.

"Montafon" im Vorarlberger Landesarchiv II

Vogteiamt Bludenz - Handschriften

Die Handschriften des Vogteiamtsarchives Bludenz reichen vom 16. bis ins 19. Jahrhundert. Das Montafon betreffen in erster Linie die "Frevelbücher Bludenz und Montafon", die fast durchgehend von 1544 bis 1776 (= Einrichtung eines eigenen Landgerichts in Schruns) vorhanden sind.
Außerdem kommt das Montafon auch in den Amtsrechnungs- und -zinsbüchern des Vogteiamtes vor.

28. August 2007

Oral-History Montafon

Im Zuge des Projekts Montafoner Geschichte werden seit 2004 systematisch Interviews mit ZeitzeugInnen aus dem gesamten Montafon geführt.

Folgende Beiträge entstanden aus derartigen lebensgeschichtlichen Interviews:

  • Edith Hessenberger, Michael Kasper: Arbeitsplatz Wald. Zeitzeugen berichten über ihre Erfahrungen mit Holz- und Forstarbeit, Holztransport und Jagd. In: Hubert Malin, Bernhard Maier, Monika Dönz-Breuß (Hg.): Der Montafoner Standeswald. Beiträge zur Geschichte und Gegenwart eines kommunalen Forstbetriebs. (= Montafoner Schriftenreihe 18). Schruns 2007. S. 129-150.
Der Interview-Leitfaden für die Zeitzeugeninterviews ist absichtlich kurz und übersichtlich gestaltet, damit er leicht und unkompliziert bei den Gesprächen verwendet werden kann.

Via Valtellina

Die Via Valtellina ist ein grenzüberschreitendes Projekt, welches die historische Route von Schruns nach Tirano (Veltlin) und umgekehrt in Erinnerung rufen und für einen „sanften Tourismus“ zugänglich machen möchte.


Die ViaValtellina verläuft von Tirano, der Hauptstadt des norditalienischen Veltlins, durch das Val Poschiavo (Buschlav) über den Berninapass in Richtung Davos und dann weiter über das Schlappiner Joch ins Montafon, wo Schruns als Umschlagplatz gewissermaßen die Funktion des Zielortes der ViaValtellina einnimmt. Die Route spielte bis in die Zeit nach der Mitte des 19. Jahrhunderts eine wichtige Rolle im grenzüberschreitenden Handelsverkehr. Großunternehmer, die zum Beispiel in Davos beheimatet waren, sorgten für den Transport der Waren. Alte Wegverläufe und daran befindliche Reste früherer Gaststätten erinnern an die einst stark begangenen Pfade. Das Aufkommen und der Ausbau des Eisenbahnverkehrs im Allgemeinen und die politische Situation des Habsburgerreiches infolge des Verlustes der Lombardei im Speziellen stellten den Fernhandel über die Jöcher ein. Die Bedeutung dieser Routen sollte in der Folge nur mehr lokal gegeben sein.

27. August 2007

"Montafon" im Vorarlberger Landesarchiv I

Landgericht Montafon - Handschriften

Die Handschriften umfassen den Zeitraum von 1776-1821. Der Schwerpunkt liegt in der bayrischen Zeit 1806-1814. Inhaltlich handelt es sich einerseits um Verhörprotokolle, andererseits um Verfachbücher. Außerdem gibt es noch einzelne andere Handschriften (Waisentabelle).

Die 197 Schachteln mit Akten aus dem Landgericht Montafon sind noch nicht mit einem digitalen Repertorium erschlossen.

22. August 2007

Bludenzer Geschichtsblätter 24-26 (1995): Montafon

1995 erschien ein Sammelband zum Thema "Montafon in Geschichte und Gegenwart" in der Reihe der Bludenzer Geschichtsblätter:
Das Inhaltsverzeichnis ist online als pdf-Datei zugänglich:
Seite 1
Seite 2
Seite 3
Seite 4

Montafon - Ztschr. 3/2007

Heuer erschien die Zeitschrift "Berge" zur Region Montafon (erneut - zuletzt in den 80ern). Hier das Inhaltsverzeichnis:


Von Hütte zu Hütte

Im Reich der Steinernen Zyklopen

Grenzen zu überschreiten macht Spaß. Zwischen dem österreichischen Montafon und dem Schweizer Prättigau ist es sogar offiziell erlaubt. So wird die Bergwanderung rund um die Felskulissen des Rätikon zu einem "Grenzgang" des unbeschränkten Genusses.


Abstecher: Silbertal

Der Flötenspieler von Kristberg

Bescheiden duckt sich "St. Agatha" mit ihren winzigen Türmchen in die Bergwiese. Mit Flötentönen und Geschichten gelingt es Adolf Zudrell, den schlichten Schätzen des Kirchleins besonderen Wert zu verleihen.


Illwerke

Wasser, Kraft und große Werke

Wasserenergie und Tourismus gehen im Montafon Hand in Hand. Seit mehr als 80 Jahren stellen die Vorarlberger Illwerke Staumauern und Kraftwerke in die Berglandschaft. Sie bauen Straßen, Wege und Seilbahnen und ziehen damit Ströme von Touristen an.


Silvretta

Am Ende der Eiszeit

Gletscher, Grate, Gipfel: Das hochalpine Dreierlei der Silvretta bleibt bestehen, doch es verändert sich. Weniger Eis, mehr Fels - so lautet der Kurzbefund. Er eröffnet Bergsteigern immer noch die besten Optionen für eine erlebnisreiche Tourenwoche.


Abstecher: Zimba

Bergsteiger unter sich

Ein Berg wie ein Denkmal: frei hingestellt in die Bergwelt, hoch, steil, unverwechselbar. Unnahbar ist sie dagegen nicht, die Zimba. Wer das "Montafoner Matterhorn" besteigen will, sollte allerdings kein Anfänger sein.


Landwirtschaft

Ein Stinker mit Geschichte

Riechen kann man ihn schon, lange bevor man ihn in den Mund bekommt, den Montafoner Sura Kees. Die Herstellung dieses kräftigen Sauerkäses hat in Vorarlberg seit dem Mittelalter Tradition. Ihre Wurzeln sind mit den Maisäßen verbunden, der Dreistufenwirtschaft, die die Walser einführten.


Pfarrer Joe

Und die Seele trägt das Sonntagskleid

Statt in der Kirche auf Betende zu warten, geht Hochwürden als Skilehrer auf die Piste. Die Elixiere der Heilpflanze nutzt er, um wohlschmeckende Medizin zu bereiten. Und im Info-Heft des Tourismusverbandes wird der Gaschurner Pfarrer Joe Egle unter der Rubrik "Schnapsverkostung" geführt.


Abstecher: Wormser Hohenweg

Streckenrekord in aller Stille

Er ist weit, sehr weit: Hoch über dem Montafon leitet der Wormser Weg Bergwanderer durch eine Landschaft von einsamer Größe.


Interview

Rückwärts schauen, vorwärts denken

Andreas Rudigier hat einen schönen Job, aber keine leichte Aufgabe. "Am Anfang", sagt der gebürtige Montafoner, "kam ich mir manchmal vor wie der einsame Rufer in der Wüste." Rudigier ist Geschäftsführer der Montafoner Museen, des Heimatschutzvereins und des Archivs. Nichts läge dem promovierten Kunstgeschichtler ferner als brave Brauchtumspflege.


Bergwald

Eine Erfahrung fürs Leben

Wald schafft Einkommen. Und er schützt die Menschen vor Naturgefahren. Dass er selber auch Schutz benötigt, haben die Montafoner schon vor langem erkannt.


Geschichte

Vorfahren mit "Migrationshintergrund"

Im Montafon arbeiten heute viele Ausländer - zum Unmut mancher Taleinwohner. Dabei sind viele von ihnen selbst Migrantenkinder. Seit dem Mittelalter, vor allem aber im 19. Jahrhundert zogen jedes Jahr Hunderte von Maurern, Gipsern, Ährenleserinnen, Krauthoblern oder Schwabenkindern in die Ferne, um ihr Glück und Geld zu machen.


Archäologie

Leute wie wir?

Die Talseite, wo heute der Ort Bartholomäberg liegt, lockte mit ihrer Aussicht und den langen Sonnenstunden schon die Menschen der Frühzeit an. Wissenschaftler machten hier im Friaga-Wald einen sensationellen Fund.

GW-Unterricht-Beitrag: Das obere Montafon

Der Artikel von Wolfgang Sitte aus der Zeitschrift GW-Unterricht 74/1999 behandelt die Geschichte und Geographie des Montafons (besonders St. Gallenkirch und Gaschurn)und gibt auch didaktiscche Hinweise zur Behandlung der Region im Unterricht. Er schließt mit folgender Feststellung: "Last but not least bietet sich das Montafon, und hier besonders die „Innerfratte", ideal für eine Projektwoche an. Fächerübergreifend und konkret vor Ort könnte dabei beispielsweise untersucht und bewertet werden, wie der Tourismus die Lebenswelt und die Lebensweise der Menschen in den letzten 100 Jahren verändert und welcher Wertewandel sich dabei vollzogen hat. Gleichzeitig würden die Schüler und Schülerinnen einen besonders schönen und interessanten Teil Österreichs kennen lernen." - Vielleicht eine gute Idee den Tourismus in der Zwischensaison anzukurbeln, denn zahlreiche andere Regionen profitieren bereits von Schulprojektwochen und haben diese zukunftsweisende Sparte für sich entdeckt.

21. August 2007

Montafon Archiv

Das Montafon Archiv wurde 2002 neu eröffnet und beinhaltet folgende Bestände:
  • Historische Buchbestände
  • Teile der Bibliothek
  • Vereinspublikationen
  • Zeitschriften-Archiv
  • Urkundensammlung
  • Plakatsammlung
  • Museums- und Heimatschutzvereins-Archiv
  • Kartei des Museumsinventars
  • Montafoner Familienbuch (Ludwig Vallaster, Emil Scheibenstock)
  • Sammlung der Entwürfe und Skizzen der Montafoner Zeichenschule
  • Künstlerfamilie-Bertle-Archiv


Nachlässe:

  • Otto-Borger-Archiv
  • Arnold-Durig-Archiv
  • Anton Fritz-Archiv
  • Alfred-Gaßner-Archiv
  • Bruno-Hueber-Archiv
  • Johann-Wiederin-Archiv
  • Josef-Zurkirchen-Archiv
Das letztgenannte Josef-Zurkirchen-Archiv ist sehr umfangreich und durch einen Archivplan erschlossen.

20. August 2007

Geologie des Montafons

Historiker sollten im 21. Jh. auch die Ergebnisse naturwissenschaftlicher Forschungen berücksichtigen. Pollenprofile aus Mooren, dendrochronologische Analysen alter Bausubstanz, meteorologische Rekonstruktionen von klimatischen Veränderungen und die geologischen Verhältnisse bilden wichtige Grundlagen für die Erforschung der Geschichte bzw. die Rahmenbedingungen historischer Ereignisse. Besonders positiv ist es, wenn gute wissenschaftliche Aufsätze online publiziert werden: Geologie Montafon


Montafon im Österreichischen Staatsarchiv

Wenn man im AIS (Archivinformationssystem) des österreichischen Staatsarchivs (Östa) "Montafon" als Suchwort eingibt, erhält man genau einen Treffer: "Maximilian ernennt Stefan Kölerle zum Verweser des Bergrichteramtes in Montafon. (Signatur: AT-OeStA/HHStA RK Maximiliana 15-182.)
Es gibt aber natürlich durchaus mehrere Bestände, die das Montafon betreffende Akten enthalten. Leider ist das Östa personell stark unterbesetzt und das zu verwaltende Archivgut immens umfangreich, sodass es kaum zu detaillierten Erfassungen der Bestände kommt.

3. August 2007

Bergbau in Gortipohl

Bild: Peter Netzer, Gortipohl

Lokalitäten, die auf einen ehemaligen Bergbau im Bereich der Alpe Netza (Gortipohl) hinweisen. Es finden sich dort Stolleneingänge, Abraumhalden sowie Grundmauern ehemaliger Gebäude.
Abgesehen von den (wissenschaftlich irrelevanten) Erwähnungen in den Heimatbüchern und im Bergbaubuch von E. Scheibenstock gibt es keine Veröffentlichung zu den Stollen oberhalb der Alpe Netza.
Auch in im Archiv des Heimatmuseums, im Vorarlberger Landesarchiv, sowie im ehem. Stadtarchiv Bludenz sind mir nie Quellen zur Bergbaugeschichte und den Stollen in Gortipohl untergekommen. Allerdings habe ich auch nie gezielt danach gesucht...
Meiner Vermutung nach ist der Abbau also nicht in größerem Umfang betrieben worden. Zumindest nicht in historischer Zeit. Da ich kein Archäologe bin, möchte ich mir kein Urteil über das Alter der Stollen erlauben, aber bei einem umfangreicheren Abbau in historischer Zeit wären bestimmt entsprechende Quellen vorhanden.
Bitte zu bedenken, dass dies nur Theorien sind, ich habe noch keine Forschungen zum Thema unternommen und mir sind solche auch nicht bekannt.
Bezüglich der Flurnamenmforschung finden sich im Flurnamenbuch von W. Vogt (Montafon) einige interessante Hinweise. So die Flurnamen am Luterseeberg (Knappalöcher), im Maderertäli (Knappagruaba) und am Grappes (Erzgruaba). Außerdem gibt es noch das (nicht eingezeichnete) Erzbödli unterhalb des Maisäß Oberer Netza. Indizien für einen Bergbau im Spätmittelalter/Frühneuzeit, aber nicht mehr...

Siedlungsarchäologie und Bergbauforschung

Im Forum Archaeologiae (farch.net) wurde 2006 von Rüdiger Krause ein interessanter Beitrag zu den Forschungen zur Besiedlung und damit in Zusammenhang stehend mit dem Bergbau im Montafon veröffentlicht. Der online-Text bietet auch zahlreiche Abbildungen. http://homepage.univie.ac.at/elisabeth.trinkl/forum/forum0306/38mont.htm

2. August 2007

Interview mit dem Sohn von Josef Vallaster

Vorarlberger Nachrichten; 23. Juni 2007, S. 12

INTERVIEW: Klaus Vallaster, Sohn des Silbertaler NS-Massenmörders Josef Vallaster

Klaus Vallaster, 65, ist der Sohn des Silbertaler NS-Massenmörders Josef Vallaster.

VN: Wann und wie haben Sie von der NS-Vergangenheit Ihres Vaters erfahren?
Klaus Vallaster: In den Sechzigerjahren hat mich meine Mutter aufgeklärt. Ich war stutzig geworden. Man hatte mir immer nur erzählt, mein Vater sei in Sobibor ums Leben gekommen. Dann habe ich im Lexikon erfahren, dass Sobibor ein Vernichtungslager war.

VN: Wie gehen Sie mit der mörderischen Vergangenheit Ihres Vaters um?
Klaus Vallaster: Das ist nicht einfach. Ich habe ja in der DDR gelebt. Dort habe ich das nicht an die große Glocke hängen wollen. Deshalb habe ich im Lebenslauf geschrieben, mein Vater sei im Krieg umgekommen.

VN: Haben Sie Hilfe in Anspruch genommen?
Klaus Vallaster: Überhaupt nicht. Ich bin psychisch relativ stabil und habe bisher keine Hilfe gebraucht.

VN: Inwiefern war am NS-Massenmord an Zivilisten neben Ihrem Vater auch Ihre Mutter beteiligt, die ebenfalls im österreichischen Behinderten-Vergasungszentrum Hartheim in Oberösterreich tätig war?
Klaus Vallaster: Sie kam als Krankenpflegerin aus Brandenburg im Mai 1940 dorthin. Sie hat erzählt, dass mit ihrer Beteiligung Kranke dort hingebracht und entkleidet wurden.

VN: Dann wurden die Kranken und Behinderten vermeintlich zum Duschen in einen Raum geführt und dort vergast.
Klaus Vallaster: Ja. Ich war sehr erstaunt über den Kepplinger-Bericht.

VN: Die Historikerin Brigitte Kepplinger berichtet, Ihr Vater habe die Leichen verbrannt und zuweilen sogar den Gashahn geöffnet.
Klaus Vallaster: Meine Mutter hatte mir erzählt, er habe als Kraftfahrer Kranke abholen müssen, auch aus der Nähe von Innsbruck.

VN: Hall war auch eine Zwischenstation für Patienten aus der Valduna, die dann in Hartheim vergast wurden. Wo Leben ausgelöscht wurde, entstand neues Leben: Sie wurden in Hartheim gezeugt.
Klaus Vallaster: Ja, meine Eltern haben sich in Hartheim kennengelernt und dort geheiratet. Trauzeuge war auch Franz Stangl.

VN: Der Oberösterreicher war Verwaltungsleiter in Hartheim und danach Nachfolger des Bregenzer NS-Arztes Irmfried Eberl als Kommandant des Vernichtungslagers Treblinka.
Klaus Vallaster: Ja, ich habe das Buch von Gitta Sereny über Franz Stangl gelesen. Der zweite Trauzeuge war Christian Wirth.

VN: Wirth war Büroleiter und wurde danach Inspekteur der drei polnischen Vernichtungslager.
Klaus Vallaster: Hartheim hatte ein eigenes Standesamt. Familienangehörige durften zur Hochzeit nicht kommen.

VN: Mit dem Standesamt wurden die Behindertenmorde vertuscht.
Klaus Vallaster: Ich war 2000 in Hartheim und möchte jetzt dort die Gedenkstätte sehen. Als meine Mutter 1941 mit mir schwanger war, verließ sie Hartheim und ging zurück nach Brandenburg. Dort wurde ich 1942 geboren.

VN: 1942 wurde Ihr Vater Aufseher in Sobibor.
Klaus Vallaster: Er war dort einer der maßgebenden Leute in der Vernichtungsmaschinerie. Er hatte eine fürchterliche Aufgabe. Ihm unterstand die Vergasung. 250.000 Juden wurden in Sobibor vergast.

VN: Wie werden Sie damit fertig?
Klaus Vallaster: Ich kann das nicht rückgängig machen und ich kann keine Wiedergutmachung betreiben.

VN: Aber Sie sind doch um Ausgleich bemüht?
Klaus Vallaster: Ich habe einen Betrag gespendet für die Gedenkallee in Sobibor, wo ich 1979 erstmals war. Ich bemühe mich mit meinen bescheidenen Mitteln, mit dafür zu sorgen, dass so etwas nie mehr passiert. Ich bin dieser NS-Ideologie nicht verhaftet. Ich will damit nichts zu tun haben. Aber man muss sich im Klaren darüber sein, wie das alles damals hat entstehen können. Das war ja eine Riesenbewegung.

VN: Hassen Sie für seine Verbrechen Ihren Vater, der 1943, als Sie eineinhalb Jahre alt waren, beim Häftlingsaufstand in Sobibor erschlagen wurde?
Klaus Vallaster: Nein, ich hasse ihn nicht. Er ist für mich einfach mein Vater, den ich nie kennengelernt habe. Ich hätte an ihm verzweifeln können. Aber so bin ich nicht gestrickt. Meine Mutter, die 1995 gestorben ist, und meine Verwandten in Silbertal sprachen immer nur in höchsten Tönen von ihm. Demnach war er, ein Landwirt und Senn, fleißig und freundlich.

VN: Sie waren schon mehrmals zu Besuch in Silbertal.
Klaus Vallaster: Ja, erstmals 1959 und zuletzt 2003. Drei Halbgeschwister meines Vaters leben noch. Meine beiden Tanten sind schon lange tot. Als mein Vater in die NSDAP eintrat, ging seine Schwester ins Kloster, nannte sich Adolfine und war in Mäder und Tschagguns eine angesehene Volksschullehrerin. Im September 2006 hatten wir - ich, meine Frau und meine beiden Söhne - hier in Schöneiche bei Berlin zuletzt Besuch aus Silbertal.

VN: Soll der Name Ihres Vaters vom Opfergedenkstein für die gefallenen Soldaten in Silbertal entfernt werden?
Klaus Vallaster: Ich hätte kein Problem damit. Aber er ist mit seinem frühen Tod schon bestraft worden für seine Taten.

VN: Wie war es möglich, dass Ihr Vater 60 Jahre lang in Vorarlberg ein Unbekannter sein konnte?
Klaus Vallaster: Das ist wohl sehr verdrängt worden, so wie anderswo die NS-Vergangenheit auch. Die Aufarbeitung läuft nicht nur in Vorarlberg jetzt erst richtig an.

VN: Was haben Sie beruflich gemacht?
Klaus Vallaster: Ich habe Gartenbau studiert, war Diplomgärtner und bin jetzt seit 1. Mai Rentner.

Josef Vallaster - NS-Massenmörder

Vorarlberger Nachrichten, 14. Juni 2007, S. 8

Der unbekannte Massenmörder

Schwarzach (VN) Einer der größten Verbrecher in der Geschichte Vorarlbergs ist hierzulande als solcher nahezu unbekannt. Josef Vallaster aus Silbertal war im Dritten Reich beteiligt am Massenmord an Juden und Behinderten.

Der Täter aus Vorarlberg war im polnischen Vernichtungslager Sobibor mitverantwortlich dafür, dass dort 250.000 Juden vergast wurden. Zuvor hatte der Montafoner mitgewirkt am Vergasungstod von 18.000 Behinderten in Hartheim in Oberösterreich.

Dennoch ist er in seiner Vorarlberger Heimat ein Unbekannter. Oder vielleicht gerade deshalb.

Denn auch Vorarlberg sieht sich, wie ganz Österreich, vorzugsweise in der NS-Opferrolle. Eigene Mittäterschaft wird nach Möglichkeit verdrängt und verschwiegen. Es tut zu weh, anzuerkennen, wie weh man anderen getan hat.

Vorarlberger NS-Täter

Wohl auch deshalb hat noch kein Vorarlberger Historiker über Josef Vallaster geschrieben. Über ihn gibt es noch "überhaupt keinen Aufsatz in Vorarlberg", sagt der mit NS-Aufarbeitung beschäftigte Dornbirner Historiker Werner Bundschuh.

In Vorarlberg bestehe "praktisch keine Täterforschung außer zu Vonbun und Eberl", weil das "noch unangenehmer" sei als die Beschäftigung mit den Opfern der NS-Diktatur. Josef Vonbun war im Krieg Direktor der Valduna, aus der mehr als 500 Kranke deportiert wurden. Davon wurden mehr als 200 in Hartheim vergast.

Ein anderer Arzt, der Bregenzer Irmfried Eberl, war Direktor von Behinderten-Mordanstalten in Deutschland und als erster Kommandant des polnischen Vernichtungslagers Treblinka mitverantwortlich für die Ermordung von mehr als einer Viertelmillion Juden.

Arbeit als Landwirt

Wie Eberl 1910 geboren, verlor Josef Vallaster schon mit sechs Jahren seinen Vater, der 1916 im Ersten Weltkrieg in russischer Gefangenschaft starb. Der Bruder zweier Schwestern, von denen eine Nonne wurde, absolvierte die Volksschule und arbeitete in seinem Heimatdorf Silbertal als Landwirt zusammen mit seinem Stiefvater.

Vergaste verbrannt

Er trat 1933 der NSDAP-Ortsgruppe Schruns und dem SA-Sturm Montafon bei und war im Austrofaschismus, als die NSDAP verboten wurde, an Aktionen beteiligt - wie etwa einer am Kirchenturm angebrachten Hakenkreuzfahne.

Als Illegaler floh Vallaster 1934 nach Deutschland, wo er sich der paramilitärischen österreichischen Legion anschloss. Dort war er etwa als Autobahn-Arbeiter tätig.

Von Beginn weg mit dabei war der Vorarlberger ab 1940 im Schloss Hartheim in Oberösterreich beim Massenmord an Behinderten und Kranken. Vallaster war in Österreichs größter Behinderten-Tötungsanstalt als Oberbrenner vor allem mit dem Verbrennen der vergasten Menschen beschäftigt und fallweise sogar damit, das Gas in die Kammer einströmen zu lassen.

In Hartheim war auch Vallasters deutsche Frau tätig, eine Krankenpflegerin, die ihm 1942 einen Sohn gebar.

Im Vernichtungslager

Im Vernichtungslager Sobibor im Südosten Polens beaufsichtigte der Montafoner ab April 1942 im Lager III das Vergasen, Verbrennen und Vergraben von rund einer Viertelmillion Juden.

Der SS-Scharführer zählte zu jenen aus der NS-Todesschwadron, die den Motor im Maschinenraum mit dem tödlichen Gas in Gang setzten.

Sepp Vallaster fuhr im Lager eine kleine Diesellokomotive und brachte so Alte und Gebrechliche in einem Kippwagen in die Todeszone.

Beim Aufstand der Todeskandidaten wurde Vallaster, der selbst von SS-Komplizen als grausam bezeichnet wurde, am 14. Oktober 1943 mit einer Axt erschlagen.

Seine Heimatgemeinde Silbertal erinnert sich seiner nicht als Täter, sondern als Opfer. Sein Name findet sich neben der Kirche auf dem Gedenkstein mit der Inschrift: "Die Gemeinde Silbertal den Opfern aller Kriege."

Bilder

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NS-Täter Josef Vallaster aus Silbertal (1910-1943) (Foto: Netzer)

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Der Täter wird zum Opfer: In seiner Heimatgemeinde Silbertal im Montafon scheint der Name des NS-Täters Josef Vallaster auf dem Gedenkstein für die Opfer der Weltkriege auf. (Foto: VN/Hofmeister)