26. September 2007

Briefe gegen Hemingway


Heute ist das Montafon (wenig rühmlich) im Standard vertreten:

"Ernest Hemingway mochte das Montafon. Fans wollen ihm ein Denkmal errichten. Doch Gegner bezeichnen ihn als "Kriegsverbrecher"


Schruns - Schon im Oktober sollte das "Ernest Hemingway Memorial" auf dem Schrunser Marktplatz stehen. Günther J. Wolf, Hobby-Hemingway-Forscher und Journalist, wollte damit einen "Beitrag zur Förderung des Qualitätstourismus" leisten. Wollte daran erinnern, dass der Literatur-Nobelpreisträger in den 1920er-Jahren "zwei lange, schicksalhafte Winter" im Montafon verbracht und dort seinen ersten Welterfolg "Fiesta" geschrieben hat.

Schon der Ankündigung der Denkmalerrichtung folgte eine Serie von Leserbriefen. Hemingway sei ein Kriegsverbrecher, habe sich in Briefen gebrüstet, deutsche Soldaten ermordet zu haben, war zu lesen. Bürgermeister Erwin Bahl (ÖVP) reagierte prompt und erlegte sich und der Gemeinde eine Nachdenkpause auf. Bahl zum Standard: "Ob das Denkmal errichtet wird, ist noch offen, Wolf hat auch die Option, es auf einem privaten Grund zu errichten."

Zögern

Bahls Zögern könnte "vom ,rechten Eck' leicht als Zurückweichen interpretiert werden", kritisiert die Kultursprecherin der Grünen, Karin Fritz: "Ich hätte mir erwartet, dass der Schrunser Bürgermeister nicht zurückweicht."

Einer der Briefschreiber ist Horst Hefel, Pensionist aus Tschagguns und Ex-FPÖ-Gemeindevertreter. Hefel zum Standard: "Hemingway gibt selber zu, dass er 122 Deutsche umgebracht hat." Was Hefel besonders stört: "Im Nachbardorf Silbertal macht man eine Historikerkommission, weil auf dem Kriegerdenkmal ein Mann steht, dem man Kriegsverbrechen anhängt, bei Hemingway wird nicht geprüft."

Historikerkommission

Hefel meint mit der "Historikerkommission" die im Sommer eingerichtete Geschichtswerkstatt, die über die Vergangenheit des Silbertaler SS-Mannes Josef Vallaster forscht. Vallaster war in Hartheim und Sobibor als "Oberbrenner" an NS-Verbrechen beteiligt. Der Vergleich Vallaster/Hemingway wird in mehreren Leserbriefen gemacht.

Seine Informationen über Hemingway habe er aus dem Internet, sagt Hefel und verweist auf eine Wikipedia-Eintragung. Die lautet: "Hemingway brüstete sich nach dem Krieg mit seinen Tötungen von 122 deutschen Soldaten im zweiten Weltkrieg." Die Quelle vermuten die Grünen im geschichtsrevisionistischen Buch "Der große Wendig". "Wer dieses Werk googelt, stößt bald auf obskure rechtsextreme Veröffentlichungen", sagt Klub-Direktor Ekkehard Muther. Die Leserbriefe sind für ihn Beispiele von "rechtsextremem Recycling".

Die Grünen holten Expertenmeinungen zu den Vorwürfen gegen Hemingway ein. Hans-Peter Rodenberg vom Anglizistik-Institut an der Uni Hamburg: "Es gab aufgrund der Gerüchte eine offizielle Befragung durch die US Army, da Hemingway dann seinen Status als Kriegsberichterstatter verloren hätte. Er ist jedoch eindeutig freigesprochen worden." (Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe, 26.9.2007)"

Es ist wirklich unglaublich, dass die Thesen von Rechtsextremen und Revisionisten hier überhaupt als Argumente herangezogen werden. Und dann noch der Vergleich zwischen einem KZ-Schergen und Massenmörder und dem Kriegsberichterstatter bzw. Nobelpreisträger... - dass das ganze im FPÖ-Umfeld so ein Thema ist, sagt eigentlich schon genug über die Hintergedanken der Leserbriefschreiber aus (und über ihr braunes Auffanglager bei den Blauen).
Glücklicherweise versuchen zumindest die Grünen Wissenschaftlichkeit und nicht Polemik in diese Diskussion zu bringen.

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