30. Januar 2010

Lehrermangel auf der Skipiste

"Es war eine schöne Saison, aber den Job kann ich mir nicht leisten." Diesen Satz hört Paul Romagna, Leiter der Schneesportschule Golm, immer öfter. "Es wird immer schwieriger, gutes Personal zu bekommen", sagt der erfahrene Skilehrer. 70 Lehrerinnen und Lehrer hat Romagna im Pool, 35 davon sind Stammpersonal. Wie in Vorarlberg üblich, sind sie neue Selbstständige, müssen sich selbst versichern und sind einkommenssteuerpflichtig.

Verschärfend im Montafon: Skilehrer müssen auch noch 200 Euro für die Saisonkarte hinblättern. „Das entspricht einer Preiserhöhung von 70 Prozent, das ist vollkommen absurd", schimpft Romagna. "Muss einer noch ein Quartier zahlen oder hinaus ins Rheintal pendeln, bleibt ihm nichts." Im Vorjahr habe die Skischule noch die Kosten übernommen, "bei diesen Preisen geht das aber nicht mehr", sagt Romagna. "Jeder schaut nur mehr auf sich", sieht Erich Melmer, Obmann des Vorarlberger Skilehrerverbands, die „jahrelange gute Zusammenarbeit" mit den Seilbahngesellschaften schwinden. "Dieser Hickhack bringt doch nichts, aber das kapieren die Montafoner nicht." Im Klostertal, wo Melmer daheim ist, fahren die Skilehrer - wie auch am Arlberg - gratis.

Waren es früher Landwirte, Bergführer, Handwerker, die als Skilehrer arbeiteten, sind es heute junge Menschen, die sich zwischen Schulabschluss und Studium ein, zwei Saisonen auf der Piste geben. Melmer, Vertreter von aktuell 2300 Vorarlberger Skilehrern, räumt zwar ein, dass "von diesem Beruf nur noch wenige leben können", will vom Modell der selbstständigen Skilehrer aber nicht abgehen. "Jeder Skilehrer ist Gesellschafter seiner Skischule, dadurch schaut auch jeder, dass das Geschäft läuft."

Skilehrer nach Kollektivvertrag anzustellen wie in der Steiermark, in Salzburg, Teilen Tirols oder Kärnten lehnt Melmer ab: "Unser System der Skischul-Gesellschaften bewährt sich seit 70 Jahren." Würde er seine Skilehrer anstellen, müsste er die Skikurs-Preise um 25 Prozent erhöhen, die Gruppen vergrößern, sagt Paul Romagna. "Die Qualität wäre dann im Keller, die Gäste würden nicht mehr mitspielen."

Ein starres System verhindere zudem flexible Dienstleistungen. Heute wären Skilehrer auf Abruf gefragt. "Man ruft aus der Hotelrezeption an, und in einer Stunde ist der Skilehrer da", sagt Romagna, "am Montag Kurseinteilung, am Freitag Gästerennen, und die Woche ist gelaufen - das spielt es nicht mehr. Die Gäste buchen immer kurzfristiger." (Jutta Berger/DER STANDARD, Printausgabe, 30./31. Jänner 2010)


16. Januar 2010

Geschichte des Montafons

Riesenandrang im Sternensaal der Schrunser Pfarre St. Jodok bei der Präsentation des zweiten Bandes der Montafoner Geschichte. Herausgeber Robert Rollinger konnte neben einigen der 13 Autoren zahlreiche Interessierte wie die Bürgermeister Erwin Bahl, Herbert Bitschnau sowie Lothar Ladner, Martin Vallaster und Rudi Lerch und Landesrat Siegi Stemer sowie Standessekretär Johann Vallaster begrüßen. Unter der Regie des unermüdlichen Andreas Rudigier sorgte das Team vom Stand Montafon für ein tolles Ambiente, welches kulinarisch vom Verein bewusstmontafon und musikalisch von den Freiburger Spielleyten mit Musik aus dem Mittelalter untermalt wurde. Raphaela Rudigier führte charmant durch die Veranstaltung und Bernarda Gisinger machte mit ihren Leseproben aus dem interessanten Geschichts-Band Lust zum Lesen.


Spannend zu lesen
Mit dem zweiten Band der Reihe „Das Montafon in Geschichte und Gegenwart“ beginnt eine historische Gesamtschau des Tals und seiner näheren Umgebung, die von der Steinzeit bis zum Ende des Mittelalters reicht. Zahlreiche Wissenschaftler stellen darin ihre aktuellen Forschungsresultate vor. Allerdings nicht hochwissenschaftlich, sondern für jeden Interessierten spannend zu lesen. Insgesamt sind in dem Band 13 Beiträge versammelt, die entweder das historische Geschehen in chronologischer Abfolge aufzeigen oder thematisch angelegte Einzelaspekte einer vertiefenden Betrachtung unterziehen. Allen Beiträgen gemeinsam ist das Bemühen, das Geschehen in der heute als Montafon bezeichneten Talschaft jeweils vor dem Hintergrund überregionaler Entwicklungen zu betrachten.

Zeitreise
Vier Beiträge setzen sich mit den Verhältnissen in prähistorischer und römischer Zeit auseinander. Neueste archäologische Forschungsergebnisse werden in eine Gesamtschau eingebettet, die in dieser Form bis vor wenigen Jahren noch kaum denkbar gewesen wäre. Dabei wird die ältere Siedlungsgeschichte des Tals auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Drei Beiträge öffnen den Blick für die nachfolgenden Epochen des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Die Geschichte von Herrschaft und Politik wird ebenso behandelt, wie das Augenmerk auf Siedlungsvorgänge, Organisationsformen, Wirtschaft, Kirche und Geistlichkeit sowie geistesgeschichtliche Veränderungen und Innovationen gelenkt wird.

Lesebuch und Nachschlagewerk
Schließlich sind mehrere Beiträge thematischen Einzelthemen gewidmet: Gerichtsbarkeit, Spuren mittelalterlicher Architektur, die Burgenarchäologie des Tals (Diebschlössle und Valcastiel), eine kleine mittelalterliche Kunstgeschichte sowie die neuesten archäologischen Untersuchungen im Refektorium des Klosters St. Peter. Kurzzusammenfassungen am Beginn aller Beiträge bieten der Leserin und dem Leser eine rasche Orientierung. Ein umfangreiches Register erschließt die Beiträge. Die prachtvolle Ausstattung garantiert Lesevergnügen. Der Band erfüllt somit mehrere Funktionen. Er ist nicht nur ein wissenschaftlich fundiertes Nachschlagewerk auf dem neuesten Stand der Forschung, sondern auch ein anregendes und unterhaltsames Lesebuch für alle an der Geschichte des Tals Interessierten und nicht zuletzt ein hervorragendes Weihnachtsgeschenk. Nicht nur für Montafoner.

Ein Kardinal kehrt heim

Christoph Schönborn erinnerte sich im Heimatmuseum Schruns an seine Zeit im Montafon

Ein Sohn kehrt heim. Bevor Kardinal Christoph Schönborn auszog, um als einfacher Bauer im Weinberg des Herrn zu dienen, genoss er seine Jugend im Montafon und in Bludenz. Jetzt war er wieder zu Hause. Im Gespräch mit TV-Journalist Adi Fischer sprach der Kardinal im Montafoner Heimatmuseum Schruns über das Thema „Heimat“. Ausführlich. Amüsant. Ernst. Nachdenklich. Rückblickend. Visionär. Religiös.


Erinnerungen
Der Kardinal erinnerte sich beispielsweise daran, wie er als Kind einst im Heuhaufen der Marents (Nachbarn) spielte, oder unter Bertram Jäger in der Bludenzer Heilig-Kreuz-Kirche ministrierte. Für ihn bedeute Heimat schlicht und einfach Schruns. „Ich erinnere mich noch genau an jenem Karfreitag 1951, an dem wir auf unserer Flucht in Schruns angekommen sind. Ich habe alles vor Augen, den Duft von damals in der Nase. Wir waren acht Personen und hatten eine Wohnung in der Flurstraße. Zwei Zimmer, zwei Kammern und eine Küche. Aber es kam mir riesig vor. Und dann sagte meine Mutter diesen Satz: Jetzt haben wir endlich eine eigene Wohnung.“

Spannendes Leben
Adi Fischer genoss das Gespräch mit Schönborn sichtlich und das lockere Gespräch streifte den bevorstehenden Wiener Wahlkampf genauso („Es wird eine Schlammschlacht werden!“), wie die Minarette-Debatte oder den Schönborn Beitrag in der New York Times mit dem er ganz bewusst in Kauf nahm, angegriffen zu werden. „Fehlinterpretationen muss man in Kauf nehmen, wenn man etwas pointiert formuliert“, meinte er kurz dazu.
Dass das Leben von Kardinal Schönborn ganz schön spannend ist, zeigen allein ein paar Stichworte: Flüchtlingskind. Aus einer starken Familie. Mit mehreren Bischöfen und zwei Kardinälen. Jugend im Montafon verbracht. In der Schweiz gelebt, Erzbischof von Wien. Vatikan-Hoffnung mit Papst-Qualitäten. Aber wussten Sie auch, dass der Erzbischof privat mit dem Anti-Baby-Pillen-Erfinder Carl Djerassi befreundet ist. „Passt irgendwie gar nicht zur Kirche. Aber wir haben uns kennen gelernt und kommen gut miteinander klar.“

Schönborn-Fokus
Mit dem gelungenen Gesprächsabend ist der Schönborn-Focus im Heimatmuseum aber noch nicht zu Ende. Am 4. Februar wird der Film „Die Brüder Schönborn. Zwei Künstler und ein Kardinal“ von Claus Singer (Bayerisches Fernsehen) im 19.30 Uhr gezeigt. Darin wird auch der in Schruns geborenen Michael Schönborn (Schauspieler) portraitiert. Philipp Schönborn führt dann am 4. März um 19.30 Uhr durch seine Ausstellung, die am 10. April um 11 Uhr mit einer Wanderung am Innerberg unter der Führung des Künstlers endet. Bis dahin ist die Ausstellung dienstags und samstags 15 bis 18 Uhr im Schrunser Dorfzentrum geöffnet.