12. November 2009

Das Jahr 1809 in der Region

Freitag, 20. November 2009, 16-20 Uhr
Kloster St. Peter, Bludenz (Dominikussaal)

Das Jahr 1809 in der Region: Vorarlberg, Tirol, Liechtenstein und Schweiz. Ein Symposium des Arbeitskreises für interregionale Geschichte

In sieben Referaten werden Historikerinnen und Historiker aus Tirol, Vorarlberg, Liechtenstein und der Ostschweiz Gemeinsamkeiten und Unterschiede in ihren jeweiligen Regionen als Folge der Ereignisse um das Jahr 1809 erörtern. Trotz geografischer Nachbarschaft verliefen die Entwicklungen in den obigen Regionen recht unterschiedlich: In Tirol fand unter der Führung von Andreas Hofer eine Revolte gegen die rechtmäßige bayerische Regierung statt. Das ebenfalls unter bayerischer Herrschaft stehende Vorarlberg schloss sich dieser Erhebung jedoch nur halbherzig an, wobei vor allem der Stand Bregenzerwald lange eine neutrale und vorsichtige Haltung einnahm. Im Gegensatz dazu kamen die kampfbereiten Aufständischen, die wiederum die österreichische Herrschaft und ihre verlorenen kommunalen Selbstverwaltungsrechte sowie die Befreiung von Wehrpflicht und dem neuen Steuerwesen anstrebten, zumeist aus dem Oberland.
Es überrascht auch nicht, dass die Unruhen auch auf Liechtenstein übergriffen, das erst 1806 seine Souveränität von Napoleons Gnaden erhalten hatte. Der Bevölkerung dort ging es vor allem um die Wiedererlangung der traditionellen Rechte, denen die Modernisierungsbestrebungen des Fürsten widersprachen. Ein militärisches Eingreifen wagte die Bevölkerung jedoch nicht. In der benachbarten, von Napoleon abhängigen Helvetischen Republik waren 1803 die aufgeklärten und zentralistischen Reformen gescheitert. Die alten aristokratischen Familien und die Kantone übernahmen wieder die Macht. Obwohl in Graubünden einzelne katholische Eliten mit den Tiroler Aufständischen sympathisierten, verhielt sich die Schweiz ruhig, abwartend und neutral, was sich auch auf Vorarlberg beruhigend auswirkte.


Zum Tagungsort: Das Bludenzer Kloster St. Peter Der erste quellenmäßig gesicherte Beweis der Existenz des Klosters St. Peter in Bludenz stammt aus dem Jahr 1286. In einer Urkunde vom 26. Juli überträgt der Bischof von Chur den geistlichen Frauen im Drusental eine Ordnung, die ihr Zusammenleben regelte. Damit ist St. Peter der älteste, mit wenigen Unterbrechungen noch heute bestehende Frauenkonvent Vorarlbergs. Bezugnehmend auf den Tagungsort und seine Thematik ereignete sich im August des Jahres 1796 ein blutiger Zwischenfall, als sich Kreishauptmann Ignaz Anton Indermauer vor den auf Bregenz vorrückenden Franzosen gegen Tirol abzusetzen versuchte. Dies erweckte in Teilen der Bevölkerung den Eindruck des Verrats und er wurde zusammen mit seinen Begleitern innerhalb der Klostermauern misshandelt und ermordet. Im ausgehenden 20. Jahrhundert wurde das Kloster von völlig anderen Gefahren bedroht als Jahrhunderte zuvor: der Personalschwund und die Überalterung der verbliebenen Schwestern führten beinahe zu seinem Ende. So wie die Bludenzer Schwestern in früheren Zeiten das Kloster Cazis in Graubünden neu zu beleben vermochten, war es nun umgekehrt der Fall, dass Cazis zweimal (1985 und 2001) mit einer Personalaushilfe St. Peter zu Hilfe kam und einen Neuanfang ermöglichte.

Die Vorträge im Überblick

Hannes Liener: Moderation

Ellinor Forster: Propagandaschlacht in Tirol. Die Einflüsse der „Kriegsberichterstattung“ auf die Ereignisse 1809
Die Ereignisse des Jahres 1809 waren in großem Ausmaß durch die Flugblätter und Zeitungsartikel geprägt, die jeweils über den vermeintlich aktuellen Stand der Kriegsgeschehnisse Auskunft gaben. Die unterschiedlichen Motive der Schreiber führten zu widersprüchlichen Informationen und machen so manche scheinbar paradoxen Reaktionen der Bevölkerung erklärbar.

Gerhard Wanner: Vorarlbergs halbherziger Widerstand gegen Bayern 1809
Der Vortrag beschäftigt sich kritisch mit den Ursachen des Aufstandes gegen das aufgeklärte Bayern, den gegensätzlichen Einstellungen der Bevölkerung dazu, mit der umstrittenen Führerpersönlichkeit Anton Schneider und mit den Unterschieden zum revolutionären Tirol. Fernab von martialischer Kriegsbegeisterung, Personen- und Heldenkult und „vaterländischer“ Geschichtsverherrlichung gibt der Vortragende einen kritischen Im Gegensatz zum revolutionären Tirol lehnten aufgeklärte und pragmatisch denkende Vorarlberger das militärische Eingreifen gegen Bayern und Frankreich ab. Auch der bürgerliche politische und militärische Führer, Rechtsanwalt Dr. Anton Schneider, mahnte zur Vorsicht und rettete dadurch sein Leben, ganz im Gegensatz zum katholisch-konservativen „Fundamentalisten“ Andreas Hofer.

Fabian Frommelt: 1809 – Aufstand in Liechtenstein?
Im Juni 1809, auf dem Höhepunkt des Aufstands der Tiroler und Vorarlberger gegen die bayerische Herrschaft, kam es in Liechtenstein zu scharfer Kritik an der fürstlichen Obrigkeit, zu unbewilligten Versammlungen, Resolutionen und Forderungen, schließlich zur Drohung, sich den Aufständischen in Vorarlberg anzuschließen. Hintergrund war ein seit dem Zusammenbruch des Alten Reichs (1806) anhaltender obrigkeitlicher Reformschub, der besonders wegen der Beseitigung der überkommenen Mitwirkungsrechte der Untertanen an der Landesverwaltung und einer geplanten Bodenreform auf Widerstand stieß. Das – in der Literatur ebenfalls als „Aufstand“ bezeichnete – Vorgehen der liechtensteinischen Aufrührer war anhaltend, aber gewaltlos.

Georg Jäger: Am Rand der Schweiz. Der Kanton Graubünden 1809
1803 wurde Graubünden definitiv zu einem Kanton der schweizerischen Eidgenossenschaft. Nachdem die Bündner wenige Jahre zuvor ihre italienischen Untertanenlande verloren hatten, sahen sie nun auch die Tradition ihrer Eigenstaatlichkeit beendet. Eine wirksame administrative Integration in den schweizerischen Bundesstaat fand aber vorderhand kaum statt. Die alles überstrahlende – oder überschattende – Vormacht war vielmehr diejenige des „Mediators“ Napoleon. In der Mediationszeit, in dem auf seine Gründung folgenden Jahrzehnt, erfuhr der Kanton Graubünden verschiedene Modernisierungsmaßnahmen. Mit dem Tiroler Aufstand von 1809, der ja unter klerikalem Einfluss stand, sympathisierte in Graubünden besonders die katholische Führungsgruppe. Schüler des Priesterseminars St. Luzi in Chur ließen sich sogar zu einer tollkühnen Aktion hinreißen: Für Andreas Hofer schmuggelten sie Schießpulver und Munition nach Tirol!

Heribert Küng: St. Gallen und Thurgau
Die Vorarlberger Freiheitsbewegung 1809 traf die Ostschweiz inmitten von Staatsumbrüchen (1798, 1803, 1815 ) – und die Schweiz war ein Satellit Frankeichs, das heißt ohne eigenständige Außenpolitik. Dementsprechend ambivalent fielen die Reaktionen der Kantone St. Gallen, Schaffhausen und Thurgau zu den Ereignissen in der Nachbarschaft aus: Symphathien in der Bevölkerung und kritische Kommentare in den Medien, dazu eine schwankende Haltung des ersten wissenschaftlichen Historikers der Schweiz. Als Überraschung muss der hohe Anteil von Vorarlbergern in den vier Schweizer Regimentern bei Napoleon I. gesehen werden, von denen das erste durch den Bündner Obersten Andri Ragettli kommandiert wurde.

Lieselotte Hammerer, Andreas Hammerer: Bayerische Herrschaft im Bregenzerwald
Die bayerische Herrschaft wurde im Bregenzerwald zum Mythos der gehassten Fremdherrschaft, die die Schuld am Ende der alten Verfassung der „Wälderrepublik“ trug. Jedoch ist kein Protest gegen den Abriss des Rathauses auf der Bezegg im Jahre 1807 bekannt. Zum Symbol des Widerstands wurde dagegen der Krumbacher „Weiberaufstand“ im selben Jahr gegen die Rekrutenaushebungen nach dem 1806 eingeführten bayerischen Gesetz der allgemeinen Wehrpflicht. Eine Rolle im Vorarlberger Aufstand von 1809 spielte auch der Schützenmajor und Oberkommandant des Bregenzerwaldes Johann Peter Sutterlüti.

Michael Kasper: Der Kampf um Macht und Geld? Die Rolle der ländlichen Eliten bei der Erhebung 1809
Im Zusammenhang mit den vielfältigen Reformen an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wurde der Einfluss und die Macht der ländlichen Oberschicht stark beeinträchtigt. Am Beispiel des Montafons sollen die Situation und die unterschiedlichen Reaktionen der Eliten auf diese Wandlungsprozesse, die im Jahr 1809 besonders deutlich wurden, beleuchtet werden.

Programm Symposium Bludenz 1809-2009

Höhenbergsteigen in der Sowjetunion

Donnerstag, 19. November 2009, 19.30 Uhr
Tschagguns, Altes Gemeindeamt

Höhenbergsteigen in der Sowjetunion.
Franz Bahl erinnert sicht im Gespräch mit Edith Hessenberger an die Besteigung des Pik Korshenewskaja 1983

Im Sommer 1983 reisten Franz Bahl und Hans Rabanser heimlich in die damalige Sowjetunion, um den Pik Korshenewskaja (7105 m) zu besteigen. Das alpinistische Vorhaben wurde im heimatlichen Montafon nicht angekündigt, da die beiden zu sehr eine Blamage im Falle des Scheiterns befürchteten.
Die Besteigung des herrlichen Siebentausenders gelang jedoch – und heute zeigt Franz Bahl gerne die nunmehr historischen Aufnahmen: Mithilfe von Dias und Super8-Filmen erläutert Bahl die für damalige Verhältnisse exotische Reise ins heutige Kirgistan. Beeindruckende Bilder und Filmaufnahmen ermöglichen, die mehr als 25 Jahre zurückliegende alpinistische Reise.

2. November 2009

Textur des Erinnerns

Textur des Erinnerns

Präsentation des Gestaltungskonzeptes für einen Erinnerungsplatz in Silbertal
Freitag, 6. November 09 19.30 Uhr
Vereinshaus Silbertal

Eine Veranstaltung der Geschichtswerkstatt und der Gemeinde Silbertal, in Kooperation mit dem Heimatschutzverein Montafon.

Seit nunmehr zweieinhalb Jahren widmet sich die Geschichtswerkstatt Silbertal der eigenen Dorfgeschichte im Nationalsozialismus. Abschließender und bleiben-der Erinnerungsakzent ist eine neue Interpretation des Kriegsopferdenkmals. Der bisherige Stein wurde entfernt und parallel dazu ein Gestaltungsauftrag vergeben. Nun kann Silbertal das vorliegende Konzept im Rahmen einer öffentlichen Veran-staltung präsentieren: Am Freitag, 6. November, um 19.30 Uhr, im Vereinshaus.

Neue Ansätze und Ideen für eine öffentliche Form des Gedenkens werden in Silbertal bereits seit zwei Jahren diskutiert. Die Geschichtswerkstatt hat in Zusammenarbeit mit zahlreichen Experten eine neue Textebene für die zukünftige Denkmalgestaltung ausgearbeitet und fest-gelegt. Darauf aufbauend, hat ein beauftragtes Gestaltungsteam ein Konzept entwickelt, das nun reif für eine Realisierung ist.

Davor bietet eine öffentliche Präsentation Gelegenheit, das Konzept kennen zu lernen. Die Gartenarchitektin Elisabeth Gruber, Grafiker Reinhold Luger und die Künstlerin Sarah Schlatter werden ihr Konzept vorstellen und erläutern. Es ist ein Konzept, das in mehrfacher Hinsicht Alleinstellungsmerkmale aufweist. Der zukünftige Erinnerungsplatz in Silbertal wird neue Wege aufzeigen, wie auch zwei Generationen nach Krieg und Nationalsozialismus ein seriöses Erinnern und Gedenken möglich ist.

Grundlage des neuen Konzeptes ist kein mächtiges Monument, sondern das Prinzip der Bodennähe. Pflanzenwuchs und Steinplatten sollen örtliches Erinnern gleichsam in den Platz einschreiben. Nicht zuletzt ist eine Klarstellung der Rolle Josef Vallasters im National-sozialismus vorgesehen. Schließlich wird das Erinnerungsspektrum all jene Gruppen erfassen, die im Nationalsozialismus zu Opfern geworden sind - nicht zuletzt im eigenen Dorf.

St. Gallenkircher Flurnamen

Montag, 9. November 2009, 19.30 Uhr

St. Gallenkirch, Hotel Adler (bitte den neuen Veranstaltungsort beachten!)

St. Gallenkircher Flurnamen – Vortrag und Diskussion mit Univ.-Prof. Dr. Guntram Plangg


Der Name St. Gallenkirch scheint in seiner Bedeutung klar verständlich, was aber heißen Gortipohl, Galgenul oder Gargellen? Woher kommen Namen wie Garfrescha, Tramosa, Gweil, Batmunt, Zamang oder viele andere? Oder hätten sie gewusst, dass es auch in St. Gallenkirch ein Kaltenbrunnen gibt? Das ist die Übersetzung des bekannten Namens "Tanafreida". Auf diese und andere Fragen weiß der emeritierte Universitätsprofessor Guntram Plangg eine Antwort und möchte mit einem interessierten Publikum die Herkunft der wichtigsten Flurnamen aus dem großen Gemeindegebiet St. Gallenkirchs diskutieren. Wenn Sie also Fragen haben, dann sind sie an diesem Abend an der richtigen Stelle. Die Ergebnisse der in allen Montafoner Orten durchgeführten oder noch durchzuführenden Vorträge fließen in eine umfassende Publikation zu den Montafoner Orts- und Flurnamen ein.

Anreise mit dem Bus Schruns 19.05 Uhr, Ankunft in St. Gallenkirch um 19.20 Uhr, Partenen ab 18.17 Uhr, Ankunft in St. Gallenkirch um 18.38 Uhr, Rückreise mit dem Bus nicht möglich (nach Schruns sind Rückfahrgelegenheiten möglich, bitte beim Heimatmuseum anmelden)