6. September 2007

Maisäß-Inventar Montafon

Die Maisäße gelten als Erfindung der Walser, die im späten Mittelalter aus dem schweizerischen Wallis in einzelne höherliegende Täler Vorarlbergs und Westtirols eingewandert sind. Ob es sich tatsächlich so verhält, wissen wir nicht sicher, zumindest haben wir bislang keine älteren Belege. Die Siedlungstätigkeit in höheren Lagen, die damit einhergehende Rodungstätigkeit sowie der Stil der Walserhäuser sind zumindest Indizien für die genannte „Erfindung“. Die Walser führten nach dieser Erkenntnis die so genannte Dreistufenwirtschaft ein, die eine umfassende Nutzung der gesamten Vegetation des Lebensraumes im hochalpinen Gebiet ins Auge fasste. Die erste Stufe betrifft das Heimgut im Tal, dass vom Frühling bis in den Herbst bewirtschaftet werden konnte und Vorrat für den Winter schaffen sollte. Im Laufe des Frühjahrs zog der Mensch mit seinem Vieh der höhersteigenden Vegetation nach, sodass sie sich im Mai/Juni auf Höhen von etwa 1200 bis 1600 Metern befanden, wo die zweite Stufe der Maisäße entstehen konnte. Eine Interpretation des Namens als „Maiensitz“ verdeutlicht diese Entwicklung. In den Sommermonaten konnten die Höhen von 1600 bis 2000 Meter genutzt werden und damit war die dritte Stufe, die Alpen, entstanden. Im September kehrte man wieder auf die zweite Stufe zurück, wo inzwischen auch ein Vorrat für den Winter geschaffen worden war, ehe in der Folge der Rückzug in die Täler erfolgte.

Diese Form der Bewirtschaftung funktionierte jahrhundertelang und war lediglich eingeschränkt durch den Umstand, dass viele Menschen in der warmen Jahreszeit außerhalb des Tales ihrem Broterwerb nachgehen mussten und somit vor allem die weibliche Bevölkerung zurückließen, die diese Dreistufenwirtschaft aufrechtzuerhalten hatte. Ein tiefgreifender Wandel erfolgte im 20. Jahrhundert: Zum einen sollte die Landwirtschaft durch neue Erwerbszweige, die sich in der Nutzung der Wasserkraft und im aufkommenden Fremdenverkehr boten, stetig und statistisch deutlich belegt an Bedeutung verlieren. Und auf der anderen Seite machte auch die Landwirtschaft selbst einen grundlegenden Wandel mit, welcher innerhalb kürzester Zeit einen gewaltigen Technisierungsschub verbunden mit Zeitersparnis und Verkürzung der Wege mit sich brachte. Weniger Landwirtschaft bedeutet, dass die landwirtschaftlichen Güter des Tales und jene der Alpen ausreichen und der Technisierungsschub sowie die Verkürzung der Wege meint, dass die noch gegebene Maisäßbewirtschaftung vom Tal aus durchgeführt werden kann.

Beide Fälle führen zum gleichen Ergebnis: Maisäße werden zunehmend nicht mehr gebraucht und somit nicht mehr bewirtschaftet. Sie fallen in der Folge zusammen und verschwinden im aufkommenden Wald. Oder: Die Lage in einer außergewöhnlichen Umgebung verbunden mit der nunmehr eingerichteten Zufahrt bedingt einen modernen Umbau, der dem neuen Zweck des Maisäß dienen: der Erholung.

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