2. August 2007

Josef Vallaster - NS-Massenmörder

Vorarlberger Nachrichten, 14. Juni 2007, S. 8

Der unbekannte Massenmörder

Schwarzach (VN) Einer der größten Verbrecher in der Geschichte Vorarlbergs ist hierzulande als solcher nahezu unbekannt. Josef Vallaster aus Silbertal war im Dritten Reich beteiligt am Massenmord an Juden und Behinderten.

Der Täter aus Vorarlberg war im polnischen Vernichtungslager Sobibor mitverantwortlich dafür, dass dort 250.000 Juden vergast wurden. Zuvor hatte der Montafoner mitgewirkt am Vergasungstod von 18.000 Behinderten in Hartheim in Oberösterreich.

Dennoch ist er in seiner Vorarlberger Heimat ein Unbekannter. Oder vielleicht gerade deshalb.

Denn auch Vorarlberg sieht sich, wie ganz Österreich, vorzugsweise in der NS-Opferrolle. Eigene Mittäterschaft wird nach Möglichkeit verdrängt und verschwiegen. Es tut zu weh, anzuerkennen, wie weh man anderen getan hat.

Vorarlberger NS-Täter

Wohl auch deshalb hat noch kein Vorarlberger Historiker über Josef Vallaster geschrieben. Über ihn gibt es noch "überhaupt keinen Aufsatz in Vorarlberg", sagt der mit NS-Aufarbeitung beschäftigte Dornbirner Historiker Werner Bundschuh.

In Vorarlberg bestehe "praktisch keine Täterforschung außer zu Vonbun und Eberl", weil das "noch unangenehmer" sei als die Beschäftigung mit den Opfern der NS-Diktatur. Josef Vonbun war im Krieg Direktor der Valduna, aus der mehr als 500 Kranke deportiert wurden. Davon wurden mehr als 200 in Hartheim vergast.

Ein anderer Arzt, der Bregenzer Irmfried Eberl, war Direktor von Behinderten-Mordanstalten in Deutschland und als erster Kommandant des polnischen Vernichtungslagers Treblinka mitverantwortlich für die Ermordung von mehr als einer Viertelmillion Juden.

Arbeit als Landwirt

Wie Eberl 1910 geboren, verlor Josef Vallaster schon mit sechs Jahren seinen Vater, der 1916 im Ersten Weltkrieg in russischer Gefangenschaft starb. Der Bruder zweier Schwestern, von denen eine Nonne wurde, absolvierte die Volksschule und arbeitete in seinem Heimatdorf Silbertal als Landwirt zusammen mit seinem Stiefvater.

Vergaste verbrannt

Er trat 1933 der NSDAP-Ortsgruppe Schruns und dem SA-Sturm Montafon bei und war im Austrofaschismus, als die NSDAP verboten wurde, an Aktionen beteiligt - wie etwa einer am Kirchenturm angebrachten Hakenkreuzfahne.

Als Illegaler floh Vallaster 1934 nach Deutschland, wo er sich der paramilitärischen österreichischen Legion anschloss. Dort war er etwa als Autobahn-Arbeiter tätig.

Von Beginn weg mit dabei war der Vorarlberger ab 1940 im Schloss Hartheim in Oberösterreich beim Massenmord an Behinderten und Kranken. Vallaster war in Österreichs größter Behinderten-Tötungsanstalt als Oberbrenner vor allem mit dem Verbrennen der vergasten Menschen beschäftigt und fallweise sogar damit, das Gas in die Kammer einströmen zu lassen.

In Hartheim war auch Vallasters deutsche Frau tätig, eine Krankenpflegerin, die ihm 1942 einen Sohn gebar.

Im Vernichtungslager

Im Vernichtungslager Sobibor im Südosten Polens beaufsichtigte der Montafoner ab April 1942 im Lager III das Vergasen, Verbrennen und Vergraben von rund einer Viertelmillion Juden.

Der SS-Scharführer zählte zu jenen aus der NS-Todesschwadron, die den Motor im Maschinenraum mit dem tödlichen Gas in Gang setzten.

Sepp Vallaster fuhr im Lager eine kleine Diesellokomotive und brachte so Alte und Gebrechliche in einem Kippwagen in die Todeszone.

Beim Aufstand der Todeskandidaten wurde Vallaster, der selbst von SS-Komplizen als grausam bezeichnet wurde, am 14. Oktober 1943 mit einer Axt erschlagen.

Seine Heimatgemeinde Silbertal erinnert sich seiner nicht als Täter, sondern als Opfer. Sein Name findet sich neben der Kirche auf dem Gedenkstein mit der Inschrift: "Die Gemeinde Silbertal den Opfern aller Kriege."

Bilder

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NS-Täter Josef Vallaster aus Silbertal (1910-1943) (Foto: Netzer)

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Der Täter wird zum Opfer: In seiner Heimatgemeinde Silbertal im Montafon scheint der Name des NS-Täters Josef Vallaster auf dem Gedenkstein für die Opfer der Weltkriege auf. (Foto: VN/Hofmeister)

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